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Brandenburgs Enquetekommission zur DDR-Aufarbeitung: Gutachten: Fritsch verletzte Neutralität

Parlamentarischer Beratungsdienst prüfte Aussage des Landtagspräsidenten zur Enquetekommission. Amtsverstoß bleibt aber unklar

Potsdam - Brandenburgs Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) hat mit Äußerungen über die Enquetekommission zur DDR-Aufarbeitung seine Neutralitätspflicht verletzt. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes des Landtags, das den PNN vorliegt. Ob Fritsch damit auch seine Amtspflichten verletzt hat, lässt das 20-seitige Gutachen im Auftrag der CDU-Fraktion allerdings offen. Diese Bewertung, ob Frisch „das von einem Parlamentspräsidenten an sich verlangte parteipolitische Mäßigungsgebot gewahrt hat“, sei vorrangig Sache des Landtags selbst, heißt es in dem Papier. Der Landtag könne eine Missbilligung aussprechen oder den Präsident – im Extremfall – abwählen.

Fritsch hatte sich Anfang Juli abfällig über die Arbeit der Enquetekommission geäußert. Anlass war die Vorstellung eines Buches über die Kommission, die in Zusammenarbeit mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung in den Räumen des Landtags stattfand. Fritsch hatte das Vorwort geschrieben und bei der Vorstellung als offizieller Gast über die Einsetzung des Gremiums auf Antrag der Oppositionfraktionen CDU, FDP und Grüne im Jahr 2010 gesagt: „Das ist Frustbewältigung vom feinsten.“ Zudem hatte er von einem „Ersatz für einen Psychotherapeuten“ gesprochen. Damit hatte Fritsch auf das Ausscheiden der CDU aus der Regierung mit der SPD 2009 sowie 15 Jahre Abwesenheit von FDP und Grünen im Landtag angespielt.

Fritsch selbst hatte das Geschehen in einem Brief danach anders dargestellt und erklärt, er habe sich gar „nicht in offizieller Funktion“ als Landtagspräsident, sondern als „Zuhörer im Publikum“ und zudem ganz anders geäußert: Ein Psychotherapeut hätte bei der Buchvorstellung erklären können, dass die Enttäuschung der CDU über das Ausscheiden aus der Koalition mit der SPD zu aktivem Handeln und damit zur Einsetzung der Enquetekommission geführt hätte.

Für den Parlamentarischen Beratungsdienst spielen diese Nuancen im Ergebnis aber keine Rolle. Fritsch habe sich sowohl nach den Darstellungen der CDU-Fraktion als auch nach der eigenen Darstellung „parteipolitisch nicht neutral verhalten“, sondern „sich deutlich einseitig zuungunsten“ der Fraktionen von CDU, FDP und Grünen geäußert. Sollten die von der CDU geschilderten Äußerungen zutreffen, sei dies „eine negative, abwertende Beurteilung der Initiatoren der Enquetekommission und damit der Mitglieder“ der Oppositionsfraktionen, „die zudem ausgesprochen polemisch gefasst ist“.

Zudem lässt das Gutachten Fritschs Stellungnahme nicht gelten, er habe bei der Buchvorstellung nicht als Landtagspräsident gesprochen. „Ein Bezug zum Präsidentenamt war erkennbar vorhanden“, heißt es im Gutachten. Fritsch sei eine Gastgeberrolle zugekommen, zudem habe er bereits das Vorworf zu dem Buch verfasst, stellt der Beratungsdienst fest. „Der Bezug zu seinem Präsidentenamt war also unmittelbar vorhanden.“ Fritschs Äußerungen seien in jedem Fall problematisch, weil sie sich mit der Enquetekommission auf eine Parlamentssache beziehen, an der er als Präsidemt unmittelbar mitzuwirken hat.

Dem besagtem Buch zur Enquetekommission bescheinigt der Beratungsdienst Polemik. In dem Buch wird der Kommission „Gesinnungsschnüffelei" vorgeworfen - und dass sie "in der Tradition der katholischen Inquisition“ stehe. Zudem erwecke sie „den Eindruck einer besonders rabiaten Agitprop-Truppe“. Fritsch schrieb im Vorwort: „Ja, man kann die Dinge auch so sehen.“

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