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Gemeinsam sind wir stark. Michael Müller (links) und Dietmar Woidke, die SPD-Regierungschefs von Berlin und Brandenburg, schwelgten bei der gemeinsamen Kabinettssitzung geradezu in Harmonie. Das mag seine Gründe haben.

©  Ralf Hirschberger/dpa

Brandenburg trifft Berlin: Woidke und Müller in Notgemeinschaft

Nach Flops um Tegel und Kreisreform stecken die SPD-Regierungschefs Dietmar Woidke und Michael Müller in Schwierigkeiten Nun tagten die Regierungen Berlins und Brandenburgs in Potsdam gemeinsam. Und plötzlich war etwas anders als früher.

Potsdam - Die Stimmung war offensichtlich bestens, vor allem bei den beiden Herren an der Spitze, wie gleich zum Auftakt der gemeinsamen Kabinettssitzung von Berlin und Brandenburg am Montagmorgen zu erleben war. „Ich will mit einem Gerücht aufräumen: Berlin ist in Brandenburg sehr beliebt“, scherzte da Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD). „Und zwar nicht nur die Berliner mit Marmeladenfüllung, die vor Ihnen stehen.“ Manche lernen’s nie, konterte Berlins Regierender Michael Müller (SPD) in gleicher Tonlage. „Das sind keine Berliner! Das sind Pfannkuchen!“ Die hatten die Brandenburger, obwohl sie an dieser Sitzung auf Einladung Berlins im Potsdamer Innenministerium nicht Gastgeber, sondern nur Hausherren waren, extra auftafeln lassen. Und im Berliner Tross wurde vorher schon der neueste BER-Witz, erfunden im Roten Rathaus, kolportiert: „Wann wird der BER eröffnet? Wenn die Pandas schwanger sind.“ Da fehlte eigentlich nur noch ein vorgezogenes Helau.

Ja, für Woidke und Müller war es nach dem Trübsal der letzten Wochen endlich einmal ein Gute-Laune-Termin, nachdem dem einen samt rot-rot-grünem Senat der Volksentscheid zu Tegel und dem anderen samt Regierung seine Kreisgebietsreform um die Ohren geflogen war. Gemeinsame Not schweißt offenbar auch in der Politik bisweilen zusammen. Beide SPD-Regierungschefs verstanden sich auch bei den ernsten Themen jedenfalls so gut wie lange nicht, als beide um 12 Uhr nach der gemeinsamen Sitzung und der anschließenden berlin-brandenburgischen Landesplanungskonferenz vor die Presse traten.

Müller bestätigt: Brandenburg will bei der Schließung von Tegel bleiben

Müller zeigte sich zufrieden, dass Brandenburg bei der Schließung von Tegel bleibt. „Es gibt keine veränderte Haltung der drei Gesellschafter“, sagte Müller. Dass Woidke an dieser Linie festhält, obwohl ein Tegel-Schwenk für brandenburgische BER-Anrainer weniger Fluglärm bedeuten könnte, begründete dieser so: „Wir sind gut beraten, alles zu unterlassen, was den gerichtlich wirksamen Planfeststellungsbeschluss für den BER infrage stellen könnte.“ Beide wiesen Forderungen der jeweiligen CDU-Opposition zurück, die gemeinsame Landesplanung beider Bundesländer aufzukündigen. Das sei mit ihm nicht zu machen, so Müller. „Wir wollen keinen Wildwuchs“, so Woidke. Der Entwurf für den neuen Landesentwicklungsplan der Hauptstadtregion wurde auf den Weg gebracht, mit einigen besonders für Brandenburg wichtigen Korrekturen gegenüber früheren Plänen: „Zusätzliche Verdopplung der Eigenentwicklung aller Gemeinden, ungeachtet der ohnehin unlimitierten Innenentwicklung, bei neuen Wohnbauflächen.“

Das heißt: Bisherige Restriktionen für Gemeinden, die nicht an den Eisenbahn-Trassen des sogenannten Siedlunsgssterns liegen, werden entschärft, auch dort neue Wohngebiete möglich. Um das Wachstum – gemeint ist vor allem das Berlins – „in alle Teile der Hauptstadtregion von der Lausitz bis zur Prignitz und Uckermark zu tragen“. Und Brandenburgs Liste der Mittelzentren wird länger, um Angermünde, Luckau, Blankenfelde-Mahlow und Hoppegarten. Beides war im ersten Entwurf, 2016 vorgelegt, nicht enthalten. Seitdem waren 1000 Stellungnahmen und Einzelanregungen eingegangen. Eine Forderung etwa des Städte- und Gemeindebundes, nämlich die 2009 vom damaligen Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) abgeschafften Grundzentren in Brandenburg wieder einzuführen, blieb unerfüllt. Geplant ist, dass der endgültige neue Masterplan für die Hauptstadtregion – nach weiteren Verfahren in beiden Regierungen und neuen Beteiligungen – im Sommer 2019 fertiggestellt und in Kraft gesetzt wird.

Woidke freut sich über Entgegenkommen aus Berlin bei einem strengeren BER-Nachtflugverbot

Und Woidke bedankte sich bei Müller, dass Berlin bei der Forderung nach einem strengeren BER-Nachflugverbot erstmals etwas Entgegenkommen zeigt. Hier hat er, wie Müller mit Tegel, ein Volksbegehren und einen einstimmigen Landtagsbeschluss im Nacken. Man habe die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft mit der Prüfung beauftragt, ob es weitere Einschränkungen geben könne, ohne die Wirtschaftlichkeit zu gefährden, so Müller. „Es ist Aufgabe der Profis, des Flughafens, das zu berechnen.“

Und war da nicht der Konflikt um die Braunkohle, worum es immer Krach gab? Und siehe da, jetzt hielt sich Müller – wie Woidke zu Tegel – auffallend zurück. Man mache keinen Kuhhandel, sagte er. Berlin sei für den Kohleausstieg, habe aber Verständnis, dass der Zeit brauche. Und mit einer „Protokollerklärung“, in der Senatorin Ramona Pop (Grüne) für Berlin das Ziel eines Kohleausstiegs vor 2030 bekräftigte, kann Brandenburg leben.

Aktuell sind für Woidke Berliner Protokollerklärungen das kleinste Problem. Vor der Sitzung hatte wegen der Krise um die Kreisreform der rot-rote Koalitionsausschuss getagt. In der eigenen Partei und Landtagsfraktion rumort es. Und die CDU will die Auflösung des Landtages beantragen, um vorgezogene Neuwahlen durchzusetzen. Wie er den Antrag sieht? „Ich sehe dem sehr gelassen entgegen“, antwortete Woidke. Müller lächelte.

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