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Brandenburg: Landes-CDU fordert schärferes Polizeigesetz

CDU scheitert im Landtag mit Antrag, das Brandenburger Polizeigesetz in Zeiten der Terrorangst nach bayerischem Vorbild zu verschärfen

Potsdam - Schleierfahndung, elektronische Fußfesseln für Gefährder, Bodycams für Polizisten, Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen, Aufzeichnungen von Veranstaltungen, Onlinedurchsuchungen, Gesichtserkennung: Was sich liest wie eine Auflistung aus dem geplanten, höchstumstrittenen bayrischen Polizeigesetz, ist Inhalt eines Antrags der Brandenburger CDU-Fraktion, der am Mittwoch im Landtag diskutiert – und mehrheitlich abgelehnt wurde.

Nach dem Terroranschlag 2016 auf dem Berliner Breitscheidplatz mit zwölf Toten habe Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) selbst im Gespräch mit einer Boulevardzeitung mehr Videoüberwachung und Fußfesseln für Gefährder gefordert, sagte der CDU-Innenpolitiker Björn Lakenmacher in der Debatte. Doch bislang habe Schröter kein reformiertes Polizeigesetz vorgelegt, das der erhöhten Bedrohungslage im Land gerecht werde. „Sie liefern einfach nicht. Sie sind ein Ankündigungsminister“, warf Lakenmacher Schröter vor. Die Polizei brauche zeitgemäße Instrumente und eine Ermächtigungsgrundlage, um Extremisten, Terroristen, organisierter Kriminalität und Cybercrime begegnen zu können. Eine landesweite Schleierfahndung etwa, also verdeckte, verdachtsunabhängige Personenkontrollen, müsse möglich gemacht werden.

Videoüberwachung in Brandenburg jetzt schon möglich

SPD-Innenminister Schröter, innerhalb seiner Partei eher ein Hardliner, kann sich mit der CSU-Politik der märkischen CDU nicht anfreunden. Die Menschen hätten ein Recht auf Sicherheit, so Schröder, „aber nicht um den Preis, dass Freiheitsrechte unbotmäßig beschnitten werden.“ Noch in diesem Jahr werde Brandenburg ein neues Polizeigesetz vorlegen, so Schröter. Der vom neuen Bundesinnenminister und früheren bayrischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) aufgebrachten Vision, das bayrische Polizeigesetz zur Blaupause für ein Mustergesetz für alle Bundesländer zu machen, erteile er aber eine klare Absage. Zudem sei Brandenburg gegen die neue Gefahr des Terrorismus gewappnet.

Spezialeinheiten seien mit der Maschinenpistole MP7, Schutzwesten und Helmen aufgerüstet worden. Die Möglichkeit der Videoüberwachung bestehe schon jetzt. Kommunen könnten über die Polizei beantragen, dass sie für sicherheitsrelevante Orte eine Überwachung wünschen. Bislang habe es nur einen Antrag gegeben – und der sei auch genehmigt worden, so Schröter. In Cottbus wird nach den Gewaltvorfällen zwischen Flüchtlingen und Deutschen der Platz vor der Stadthalle permanent gefilmt.

„Woher wollen Sie die ganzen Schleierfahnder denn nehmen?“

Die „von der CDU mitverschuldete Asylpolitik“ sei nicht folgenlos geblieben, warf die AfD der Union in der Debatte vor. Dem Risiko Terror müsse nun begegnet werden. Die anderen Fraktionen können sich mit der Hardcore-Sicherheitspolitik der CDU nicht anfreunden. „Für Willkür und Schikane werden Tür und Tor geöffnet“, warnte die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Ursula Nonnemacher. Die Polizei werde nach den Plänen zu einer „militärischen Geheimpolizei“. Die Vorhaben der Union, verdachtsunabhängige Personenkontrollen und Telefonüberwachung auszuweiten, führten nicht nur zu weniger Freiheit, sondern auch zu weniger Sicherheit, so Nonnemacher. „Woher wollen Sie die ganzen Schleierfahnder denn nehmen?“, fragte sie Richtung CDU-Fraktionsbank.

Der Wust an Daten, der durch umfangreichere Überwachung erhoben werden würde, sei durch die ohnehin unter Personalnot leidende Polizei gar nicht in annehmbarer Zeit auszuwerten. „Das ist doch Wahnsinn“, so Nonnemacher, „damit würde der Sicherheitsapparat lahmgelegt.“ Zudem hätten die NSU-Morde und der Anschlag des Attentäters Anis Amri in Berlin gezeigt, dass noch mehr Überwachung keine Sicherheit garantiere. Ausreichend Daten mit den entsprechenden Hinweisen seien in beiden Fällen vorhanden gewesen – aber unzureichend verarbeitet worden.

Der „Instrumentenkasten“ der Brandenburger Polizei sei gut gefüllt, meint auch der Innenpolitiker der Linksfraktion, Hans-Jürgen Scharfenberg. Eingriffe in Bürgerrechte müssten „angemessen“ sein. Der bayrische Gesetzentwurf, an dem sich die märkische CDU orientiere, sei ein „Angriff auf die Freiheitsrechte von uns allen“, sagte die SPD-Abgeordnete Inka Gossmann-Reetz. „Da wird mir schlecht.“ Marion Kaufmann

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