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Die Potsdamerin Katharina Swinka.

© Andreas Klaer

Bildung: Deutschlands oberste Klassensprecherin kommt aus Potsdam

Die 19-jährige Katharina Swinka aus Potsdam ist neue Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz.

Potsdam - Frostig war es vergangene Woche im Klassenzimmer. Katharina Swinka schrieb ihr Vorabi, Klausuren unter Abiturbedingungen, jeweils fünf Stunden lang. In Biologie und Englisch, ihren Leistungskursen. Die Masken konnten die Schüler der 13. Jahrgangsstufe der Potsdamer Lenné-Gesamtschule in Zentrum-Ost abnehmen. Damit das Gehirn mit ausreichend Sauerstoff versorgt wird. Dafür waren die Fenster zum Lüften offen. „Ich saß in der Zugluft“, erzählt Swinka. Eine Erkältung war die Folge. 
Das, sagt die 19-Jährige, wäre nicht passiert, wenn die Schule mit Luftfiltern ausgestattet wäre. Aber das ist nach Richtlinie des Landes nicht möglich, weil Geräte nur für Räume bezuschusst werden, in denen sich Fenster nicht öffnen lassen. Ein Fehler, wie so manche in der Corona-Zeit, findet Katharina Swinka. Auch im zweiten Pandemie-Winter, werde zu wenig auf Kinder und Jugendliche geschaut, die realen Bedingungen in den Schulen würden nicht genug in den Fokus genommen. Dafür, dass sich das ändert, tritt sie ein. Ein Jahr lang als Landesschülersprecherin Brandenburg – und nun als Interessenvertreterin für Schüler in ganz Deutschland: Die Potsdamerin ist neue Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz. Sie vertritt das Gremium gegenüber der Politik, der Öffentlichkeit und den Medien – neulich in einem ZDF-Beitrag über Luftfilter.

Aufgewachsen ist sie in Baden-Württemberg 

Alle Bundesländer außer Bremen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen haben Vertreter in der Schülerkonferenz. Wie schwierig es sein kann, die durch den Bildungsföderalismus bedingten Unterschiede auf einen Nenner zu bringen, weiß Swinka aus eigener Erfahrung. Aufgewachsen ist sie in der Nähe von Ulm, besuchte ein Gymnasium in Baden-Württemberg, ehe sie 2015 mit ihrer Mutter, die aus Ludwigsfelde stammt, nach Potsdam zog. Der Unterricht an einer Brandenburger Gesamtschule sei anfangs eine Umstellung gewesen. In den ersten beiden Jahren habe sie den Eindruck gehabt „Das habe ich doch schon alles durchgenommen“. Doch dann das Erwachen: „Ich musste sehr viel lernen, um am Ball zu bleiben“, sagt sie. Was sie stört, sind die Etiketten, die immer noch auf die unterschiedlichen Abschlüsse geklebt werden: Das bayerische Abitur sei das schwierigste. „Das heißt doch nicht, dass wir uns in Brandenburg nicht anstrengen müssen“, sagt sie. 

Schleswig-Holstein als Vorbild bei der Digitalisierung 

In ihrer neuen Funktion gehe es ihr auch darum, Unterschiede zwischen den Ländern nutzbar zu machen, sich etwas abzuschauen. Gerade in der Corona-Politik, die auch in der Bundesschülerkonferenz derzeit das beherrschende Thema ist. Schleswig-Holstein etwa mache es gut. Das Land nutze eine Cloud, die stabiler laufe als die Brandenburger, die im ersten Lockdown oft überlastet war. Überhaupt sei Schleswig-Holstein bei der Digitalisierung voraus, habe den Distanzunterricht besser gemanagt. „Bei uns kamen teils erst vor drei, vier Wochen Endgeräte für Schüler an“, kritisiert Swinka. In Kiel ist die CDU-Politikerin Karin Prien Bildungsministerin – als Nachfolgerin von Britta Ernst (SPD) übrigens, die seit September 2017 Brandenburgs Schulpolitik verantwortet.

Im Sommer trat sie in die SPD ein 

Swinka ist selbst SPD-Mitglied. Vergangenen Sommer ist sie eingetreten. Bei Twitter hat sie ein Foto angeheftet, das diesen Schritt dokumentiert. Fast alle in der Bundesschülerkonferenz hätten ein Parteibuch, SPD oder CDU. „Grünen-Mitglieder sind erstaunlicherweise nicht dabei“, sagt Swinka. Aber: Das Gremium agiert überparteilich. Dass so viele trotzdem Mitglieder in Parteien sind, erklärt sie sich anders: „Wer sich dort engagiert, ist politisch interessiert“, so die Abiturientin. „Schließlich ist das, was wir machen, auch Politik.“ Sitzungen bis spät in die Nacht, Debatten, wie im Bundestag. Eine Karriere in der Politik plant sie erstmal nicht. Ein Soziologie-Studium könnte sie sich nach dem Abitur gut vorstellen. 
Sehr d’accord, unabhängig vom gemeinsamen Parteibuch, ist Swinka mit Ernsts Kurs, Schulen offen zu halten. „Die Schule ist der soziale Ort für Jugendliche“, sagt sie. Die Schulschließungen seien für viele, auch für sie selbst, psychisch sehr belastend gewesen, betont Swinka, die alleine in Drewitz wohnt. „In dem Alter will man Freunde treffen, sich austauschen, das sind entscheidende Jahre.“ Und dabei gehe es nicht darum, wie von manch Älteren behauptet, dass „die Jugend immer nur Party machen will“. Großes Problem aus ihrer Sicht: Eltern, die ihren minderjährigen Kindern verbieten, sich impfen zu lassen. Das sei weit verbreitet.

Ernst: "Sie hat die Interessen der Schüler deutlich vertreten" 

Ihre Meinung war schon als Landesschülersprecherin gefragt. „Katharina Swinka ist eine beeindruckende Frau“, sagt Bildungsministerin Britta Ernst, die auch Vorsitzende der Kultusministerkonferenz ist. „Sie hat die Interessen der Schülerinnen und Schüler unüberhörbar und deutlich vertreten.“ Ernst sei für sie ansprechbar gewesen, sagt Swinka. Aber in einem Punkt ist sie so gar nicht einverstanden mit Ernsts Linie. Diese hält Luftfilter „nicht für den Hebel“ in der Pandemie. Lüften sei ohnehin besser. Das, findet Katharina Swinka, sei realitätsfremd. Sie habe in der Schule mittlerweile eine Decke deponiert, nehme sich heißen Tee mit zum Unterricht. In dem Punkt müsse die Ministerin mehr auf die Schüler hören: „Wir wissen genau, wovon wir reden.“

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