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Berlin: Proteste am Flüchtlingsheim in Hellersdorf: Unerträgliche Hetze

Von Wowereit bis Henkel: Es gibt einhellige Kritik an rechten Protestkundgebungen vor Flüchtlingsheim in Berlin-Hellersdorf. Dort stehen sich Rechte und Gegendemonstranten gegenüber.

Von
  • Sabine Beikler
  • Sandra Dassler

Berlin - Nach Protesten gegen ein Flüchtlingsheim in Berlin-Hellersdorf haben Politiker ausländerfeindliche Kundgebungen scharf verurteilt. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit sagte dieser Zeitung: „Es ist unerträglich, wie rechte Demagogen versuchen, Ängste zu schüren. Da müssen alle Demokraten dagegenhalten. Berlin ist eine weltoffene Stadt und auch gerade deshalb müssen wir dafür sorgen, dass kein Raum für Ausländerfeindlichkeit bleibt.“

Deutliche Worte gegen die rechten Protestaktionen fand auch der CDU-Innensenator und Berliner Parteichef Frank Henkel. „Das Klima in unserer Stadt darf nicht vergiftet werden“, sagte Henkel. Er appellierte mit Nachdruck an die Menschen im Umfeld des Flüchtlingsheims, „sich nicht von rechtsextremen Rattenfängern instrumentalisieren zu lassen“. Es sei ein Gebot der Menschlichkeit, Flüchtlingen, die aus Krisenregionen kämen und Schutz und Hilfe suchten, „unsere Unterstützung anzubieten“. Mögliche Ängste von Anwohnern ließen sich nicht durch staatliche Anordnung wegwischen. Da helfe nur viel Kommunikation. „Aber es ist völlig inakzeptabel, wenn Ängste durch die NPD und eine anonym agierende Initiative gegen schutzbedürftige Personen gerichtet sind“, sagte Henkel. „Es wäre unerträglich, wenn Flüchtlinge erneut flüchten müssten, weil ihnen an manchen Orten in unserer Stadt Hass entgegenschlägt, der von politischen Extremisten angeheizt und gesteuert wird.“

Am Montag waren zunächst 42 Flüchtlinge in die Einrichtung gezogen, darunter sieben Kinder. Wegen der rechten Proteste sind einige aus der Einrichtung geflohen. In den nächsten Monaten soll die Zahl der Heimbewohner auf 150, später womöglich 200 steigen. Sie kommen vor allem aus Afghanistan, Syrien und Serbien. Unter anderem hat die größtenteils anonym bleibende „Bürgerinitiative Marzahn-Hellersdorf“ gegen das Heim mobil gemacht.

„Es ist menschenverachtend, auf dem Rücken von Menschen, die großes Leid erfahren haben, rechte Politik zu machen und Leute aufzuhetzen. Ich appelliere an die Berliner, das zu ignorieren und daran zu denken, welch schwere Zeiten Berlin schon durchgemacht hat und wir für viele Flüchtlinge heute ein Ort des Friedens und der Hoffnung sind“, sagte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP). Man müsse öffentlich klarmachen, dass „wir als Berliner mit der rechten Hetze nichts zu tun haben wollen“.

Am Mittwoch will die rechtspopulistische Gruppierung „Pro Deutschland“ am Heim und an verschiedenen Orten in der Stadt auftreten, teils in Hochburgen der Linken. Die demokratischen Parteien Berlins riefen gemeinsam zu Gegendemonstrationen auf – so vor der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in der Moabiter Turmstraße demonstrieren, wie die Berliner Landesvorsitzende der Grünen, Bettina Jarasch, sagte.

Am Dienstagabend versammelten sich nach Polizeiangaben rund 40 NPD-Anhänger zu einer Kundgebung in der Umgebung des Heimes, auf der anderen Seite standen etwa 600 Gegendemonstranten. Erst am Montag hatten rund 60 Gegner des Heimes gegen die Ankunft der Flüchtlinge protestiert. Ihnen standen 360 Befürworter gegenüber. Drei Menschen wurden festgenommen – unter anderem hatte ein Mann den Hitlergruß gezeigt.

Der Flüchtlingsrat berichtete am Dienstag von mindestens sechs Menschen, die das Haus schon nach kurzer Zeit aus Furcht wieder verlassen hätten. „Sie fühlen sich bedroht“, sagte Sprecherin Martina Mauer. Berlins Sozialsenator Mario Czaja (CDU) kündigte an, dass in den nächsten Tagen weitere Flüchtlinge in die Notunterkunft im Ostteil der Stadt ziehen würden.

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