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Brandenburg: BER-Gutachten: Flughafen schon zur Eröffnung zu klein

Betreibergesellschaft will sich nicht zu den Folgekosten für den nötigen Ausbau äußern

Schönefeld - Erstmals belegt ein Gutachten für die Flughafengesellschaft, was diese bisher immer vehement dementiert hat: Der neue Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg (BER) ist in seiner aktuellen Größe viel zu klein. Schon mit der für Ende Oktober 2013 geplanten Eröffnung drohen Engpässe und schlimmstenfalls der Kollaps. Denn der Check-In-Bereich, die Kontrollschleusen und die Gepäckausgabe sind zu klein geplant. Das geht aus einem Gutachten des Aachener „Airport Research Center“ für die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft hervor, das dem Aufsichtsrat bislang nicht vorgelegt wurde. Im vergangenen November hatte Ex-Flughafenplaner Dieter Faulenbach da Costa in einer Studie für die brandenburgische CDU- Fraktion kritisiert, dass es zu wenige Abfertigungsschalter und Gepäckausgabebänder gebe.

Ein Sprecher der Flughafengesellschaft bestätigte am Freitag die Existenz der neuen Studie, wiegelte allerdings ab, wie in den vergangenen Monaten, seit die Eröffnung am 8. Mai geplatzt war. Die Studie bestätige für den Winterflugplan 2013/14 ausreichende Abfertigungsressourcen „unter der Prämisse einer aktiven betrieblichen Kontrolle und Steuerung“. Die Frage, ob die Kapazität im Jahr darauf ausreicht, wollte die Flughafengesellschaft ausdrücklich nicht beantworten. Ebenso die Frage, welche weiteren Kosten für nötige Um- und Ausbauten zu erwarten sind, um die Engpässe zu beheben.

Wie berichtet haben sich die Kosten für den BER auf 4,3 Milliarden Euro verdoppelt. Erst im Dezember genehmigte die EU eine Finanzspritze der drei Gesellschafter Bund, Berlin und Brandenburg in Höhe von 1,2 Milliarden Euro. Konzipiert ist der Flughafen für 27 Millionen Passagiere im Jahr, allerdings haben die beiden alten Standorte bereits im Jahr 2012 die Marke von 25 Millionen Passagieren gerissen. Dass es überhaupt Platzprobleme geben kann, ist nach PNN-Informationen auf Entscheidungen der Flughafengesellschaft selbst zurückzuführen, die mehrfach in die Pläne für das Terminal eingriff und Warnungen der Planer überging. Hier eine Übersicht über die Probleme:

CHECK-IN-SCHALTER

„Am Spitzentag stehen nicht genügend Schalter als Ausfall- und Dispositionsreserve zur Verfügung“, stellen die Gutachter fest. Rein rechnerisch würde die vorhandene Kapazität mit zehn Check-In-Inseln, die zusammen 118 Schalter haben, sowie 36 Sicherheitskontrolllinien reichen, um auch in Spitzenzeiten alle Passagiere abfertigen zu können. Allerdings sei dabei von Anfang an „eng“ gerechnet worden, sagte ein Planer. Alle Schalter seien dabei gleichwertig einbezogen worden. Die Flughafengesellschaft habe dann aber entschieden, acht Schalter für eine VIP-Abfertigung vorwiegend von Lufthansa-Passagieren zu reservieren. Begrenzt werde die Kapazität zudem, dass der Flughafen seinen Hauptkunden Air Berlin und Lufthansa Exklusivschalter überlässt, die nicht von anderen Gesellschaften genutzt werden dürfen. Fallen woanders Schalter aus, dürfen die Exklusivanlagen nicht für die Konkurrenz genutzt werden – auch wenn es freie Flächen dort gibt. Die Gutacher empfehlen, das Lufthansa und Air Berlin Exklusivschalter abgeben.

WARTESCHLANGEN

Die Kontrollanlagen sind nach offiziellen Angaben der Bundespolizei ausreichend. Intern warnte jedoch die Behörde bereits im Sommer, dass der gesamte Abfertigungsbereich zu klein ist. An einem normalen Ferientag mit Geschäftsfliegerbetrieb genüge eine kleinere Störung im Flugverkehr, um die Halle sperren zu müssen. Die Gutachter befürchten, dass sich Warteschlangen vor den Schaltern und den Kontrollanlagen überlagern können. Fachleute verweisen dagegen darauf, dass man hier steuernd eingreifen könne. Bildet sich an der Kontrolle eine Schlange, müsse an den Schaltern nur etwas langsamer gearbeitet werden. Allerdings sinkt dann auch die Zahl der abgefertigten Passagiere.

GEPÄCKBÄNDER

Acht Bänder für die Ausgabe des Gepäcks sind vorhanden. Laut Gutachten aber ist die für die Verkehrslast in der Wintersaison 2013 nur eingeschränkt ausreichend, weil es keine Reserven gibt. Die Gutachter warnen, dass bereits der Ausfall einer Anlage den Betrieb erheblich durcheinanderbringen könne. Ein Systemausfall sei nicht auszuschließen. Jeder Verzug bei der Gepäckabfertigung und an den Sicherheitskontrollen würde im Terminal zum Kollaps führen. Offiziell hieß es gestern von der Flughafengesellschaft, die Kapazitäten seien entsprechender Disposition ausreichend. Aber: „Direkt nach Eröffnung können im Bedarfsfall zusätzliche Gepäckausgabebänder realisiert werden.“ Tatsächlich ist der Einbau von je zwei weiteren Bändern in den beiden sogenannten Pavillons am Hauptterminal bereits vorbereitet. Aus Kostengründen habe die Flughafengesellschaft aber darauf verzichtet, sagte der Planer. Theoretisch könnten dort sogar drei Bänder installiert werden.

DER WEITERE AUSBAU

Durch den Bau zweier weiterer Terminals, Satelliten genannt, kann die Kapazität auf 45 Millionen Fluggäste erweitert werden. Sie würden weiter im Hauptterminal abgefertigt. Für zusätzliche Schalter und Gepäckanlagen ist eine Fläche freigehalten, eine weitere wird durch ein Parkhaus zwischengenutzt. Ein Teil der Passagiere würde nicht mehr durch den „Marktplatz“ mit seinen 150 Läden und Lokalen gelotst, sondern daran vorbeigeführt.

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