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Brandenburg: Aufstand im Bildungsministerium

Schwere Zeiten für Martina Münch: Unterschriftensammlung gegen Politik der Hausspitze – und eine neue Personalentscheidung

Potsdam - Brandenburgs Bildungsministerin Martina Münch (SPD) gerät wenige Monate vor der Landtagswahl erneut in schweres Fahrwasser. Und das gleichzeitig an mehreren Fronten. Am Mittwoch hatte die Ministerin, kaum dass sie aufgrund ihres Krisenmanagements jüngst den Haasenburg-Skandal überstand, im Landtag wieder einen schweren Stand. Die CDU-Opposition griff sie wegen des Unterrichtsausfalles scharf an, weil der inzwischen in Luckenwalde, aber auch anderswo bereits zu fehlenden Zeugnisnoten führt. Vorwürfe von der Opposition hagelte es wegen der  in der Sitzung von Rot-Rot beschlossenen Reform der Schulämter im Land, deren Zahl von sechs auf vier gestrafft und eine Landesjugendagentur in Potsdam gebildet wird.

Hinzu kommt nach PNN-Informationen nun ein Aufstand im eigenen Ministerium, ausgelöst durch eine von Münch betriebene hochumstrittene Personalrochade. Auslöser ist, dass der langjährige Abteilungsleiter Andreas Hilliger, zuständig für Jugend und Sport, jetzt völlig überraschend ins Kultusministerium versetzt wird. Und zwar schon zum 1. März, dort soll er die Grundsatzabteilung übernehmen. Deren bisheriger Amtsinhaber Hajo Cornell, bislang bekannt wegen seines Engagements für Soziokultur, soll Chef der wegen des Haasenburg-Skandals in die Kritik geratenen Jugendabteilung des Bildungsministeriums werden. Ministeriumssprecher Stephan Breiding sagte dazu auf Anfrage nur: „Zu Personalangelegenheiten äußern wir uns grundsätzlich nicht.“ Doch es gibt damit, nun bei SPD-Ressorts, Parallelen zu einer Abteilungsleiter-Rochade bei den Linken in der Regierung. Als vor wenigen Wochen eine Justizabteilungsleiterin ins Umweltministerium zwangsversetzt wurde, sie klagt dagegen, und ein vorheriger Umweltabteilungsleiter neuerdings für den Strafvollzug zuständig ist, waren die Richterverbände Sturm gelaufen.

Auch der auf Wunsch von Münch mit Wissenschaftsministerin Sabine Kunst vereinbarte Abteilungsleiter-Tausch sorgt für Unruhe und Spekulationen. Zwar heißt es im Umfeld beider Ministerinnen, es seien Personalien auf Augenhöhe, Ziel sei auch frischer Wind. Doch im Bildungsministerium glaubt daran kaum einer. Dort werden seit Anfang der Woche sogar Unterschriften gesammelt, die im Kern eine Misstrauenserklärung an das Führungsklima im Ministerium unter Münch und Staatssekretär Burkhard Jungkamp sind. Nachdem der Frust über die Zwangsintegration des Landesjugendamtes ins Ministerium, über Überbelastung und Personalabbau, lange unbesetzte Referatsleiterstellen, für die die schlechte Personalpolitik der Hausspitze verantwortlich gemacht werden, ohnehin schon groß war, brachte die Hilliger-Versetzung das Fass zum Überlaufen. Im Ministerium ist es ein offenes Geheimnis, dass Hilliger, ein ausgewiesener Experte, aber auch ein unbequemer Beamter, gegenüber Münch intern offen Kritik geübt hatte. Geäußert wird auch der Verdacht, dass Münch nachträglich einen Sündenbock für den Haasenburg-Skandal sucht. Und zwar auf andere Weise, nachdem die internen Untersuchungen zur Rolle von Ministerium und Landesjugendamt laut Münch keine Erkenntnisse über dienstrechtliche Verfehlungen erbracht hatten.

Auch auf offener Bühne, im Landtag, ging es hoch her. Vor allem in der Debatte vor dem Beschluss zur Schulämter-Reform. Münch ging ans Mikrofon und warf der Opposition vor, die Leistungen der Schulen im Land schlechtzureden, was FDP-Fraktionschef Andreas Büttner explodieren ließ. „Schuld sind nicht die Schulen. Schuld ist die schlechte Politik. Und Sie sind die schlechteste Bildungsministerin, die Brandenburg bisher hatte!“, erklärte Büttner. „Das Problem liegt in der Administration.“ Zwar parierte Münch den Angriff so: „Ich bin froh, dass keine Kinder und Jugendlichen im Raum waren. Ich halte es dem fragilen Zustand ihrer Partei zugute, dass sie sich so äußern.“

Doch in der Sache hagelte es einhellige Kritik der Opposition, dass die Schulämterreform gegen das einhellige Votum der Experten in einer Landtagsanhörung durchgezogen wurde. Die Grüne Marie-Luise von Halem warnte, dass diese Reform jeder fachlichen Begründung entbehre, und dass sie die nötige Gewinnung von tausend neuen Lehrern in diesem Jahr erschwere. In Wirklichkeit gehe es nämlich allein um Personalabbau.

Zwar verwies der SPD-Abgeordnete Thomas Günther darauf, dass die CDU im letzten Landtagswahlprogramm selbst eine Reform der Schulämter forderte. Und Linke-Bildungsexpertin Gerrit Große sagte: „Wenn wir Schule neu denken, dann brauchen wir auch eine neue Schulaufsicht. Und das ist erst der Anfang.“ Doch der CDU-Abgeordnete Gordon Hofmann hielt der Ministerin vor: „Es ist doch nicht ihr Ernst. Das Gesetz wird nichts bewirken. Es unnütz, voreilig, und schlecht gemacht.“ In der Landtagssitzung am heutigen Donnerstag geht es gleich wieder um Unterrichtsausfall. Schwere Zeiten für Martina Münch.

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