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Brandenburg: Aufgetaucht in der Oder

Fischer sorgen sich um heimische Arten – wegen der aus Südosteuropa stammenden Schwarzmaulgrundel

Von Sandra Dassler

Criewen - Sie wird nur 18 bis 20 Zentimeter groß, sieht ziemlich harmlos aus und macht Brandenburgs Fischern und Naturschützern ziemliche Sorgen. Nach den ersten Fängen im Frühjahr war man noch unsicher, aber jetzt steht fest: Die räuberische Schwarzmaulgrundel hat die Oder erreicht. Wobei räuberisch natürlich eine Wertung des Menschen ist, die Schwarzmaulgrundel arbeitet nur ihr genetisches Programm ab und das besteht darin, den Laich oder die Jungfische anderer Arten zu fressen und selbst – im Gegensatz zu den heimischen Fischen – mehrfach zu laichen. Am Rhein, wo die Grundel schon vor einigen Jahren aufgetaucht ist, hat sie so fast alle anderen Fischarten verdrängt, was vor allem Angler beklagen.

Grundeln sind bodenlebende Kleinfischarten, die ursprünglich aus dem Flussmündungsgebieten und Küstenregionen des Schwarzen und Kaspischen Meeres stammen, sagt Fischexperte Michael Tautenhahn. „Die Donau mündet ja bekanntlich ins Schwarze Meer und über den Rhein-Main-Donau-Kanal haben sie sich hierhergekämpft.“ Möglich sei, dass Fischlaich oder Jungfische im Ballastwasser großer Schiffe „mitgereist“ seien.

Tautenhahn ist als stellvertretender Leiter des Nationalparks Unteres Odertal für Gewässer zuständig. Vor Kurzem hat ein Berufsfischer dort eine Grundel aus der Oder geholt und sie im Aquarium des Nationalparks in Criewen bei Schwedt abgegeben. Dort will sie sich Lars Dettman in den nächsten Tagen anschauen. Der 45-Jährige ist Geschäftsführer beim Landesfischereiverband Berlin-Brandenburg, der rund hundert Mitglieder hat. Eines davon ist der Anglerverband mit 76 000 Mitgliedern, sagt Dettmann, der das Vordringen der Schwarzmaulgrundel mit Sorge sieht. „Wie der Name schon sagt, sitzt die Grundel dicht am Boden und in den Brandenburger und Berliner Flüssen mit ihren vielen Steinschüttungen an den Ufern kann sie sich wunderbar verstecken. Da kommen ihre natürlichen Feinde wie Hechte und Zander gar nicht hin“, sagt Dettmann: „Höchstens mal ein Aal, aber davon haben wir ja auch zu wenig.“

Siedelt sich die Grundel an, und Experten gehen davon aus, dass sie auch schon Spree und Havel erreicht hat, wird das noch dramatischer. „Wir setzen ja junge, sogenannte Glasaale aus“, sagt Dettmann, „die wären im wahrsten Sinne des Wortes ein gefundenes Fressen für die Grundeln.“ Im Rhein haben sich neben der Schwarzmaul- oder Schwarzmundgrundel die Marmor- oder Nasengrundel, die Kesslergrundel, Flussgrundel und Nackthalsgrundel angesiedelt. Angler sind frustriert, weil sie kaum Fische am Haken haben und mit den kleinen Grundeln nichts anzufangen wissen.

Das ist der Unterschied zu einem Eindringling, der vor rund 100 Jahren aus Asien eingeschleppt wurde – der Chinesischen Wollhandkrabbe. Die wird inzwischen von märkischen Fischern an Restaurants geliefert und man habe darüber nachgedacht, sagt Dettmann, die Tiere nach China zu exportieren, wo sie als teure Delikatesse gelten. „Wilde deutsche Krabben aus der unverschmutzten Elbe“ wurden sogar schon im Internet angeboten – 750 Gramm für 25 Euro. China soll laut Zeitungsberichten daraufhin die Einfuhr deutscher Krabben verboten haben. „Davon weiß ich nichts“, sagt Dettmann: „Aber der Transport lebender Krabben mit dem Flugzeug nach China widerspricht deutschen Tierschutzbestimmungen.“ Aber es gibt ja auch hierzulande Liebhaber. So bietet Sabine Schulze in der Fischerstube Warnau in Havelberg die Wollhandkrabben an. „Wir wurden von befreundeten Chinesen in das Geheimnis ihrer Zubereitung eingeweiht“ steht auf der Homepage. Grundeln stehen hingegen noch auf keiner Karte.

„Fremdlinge kommen immer mal wieder zu uns“, sagt Matthias Freude, der Leiter des Landesumweltamts: „Meist fügen sie sich gut in die heimische Fauna ein. Ich habe noch Hoffnung, dass sich die Schwarzmaulgrundel hier nicht so dramatisch ausbreitet. Im Gegensatz zum Rhein haben wir in der Oder beispielsweise im Winter Grundeis, das dürfte ihr zu schaffen machen.“ Sandra Dassler

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