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Brandenburg: Alt-Flughafen soll BER-Chaos abwenden

Der BER ist schon zu klein. Der Aufsichtsrat will Hartmut Mehdorn daher grünes Licht geben, auch Passagiere im alten Schönefeld-Terminal abzufertigen – aber nur für eine Übergangszeit. Und dann?

Schönefeld - Um ein Abfertigungschaos und Engpässe bei der für 2016 geplanten Eröffnung des neuen, aber schon zu kleinen Hauptstadtflughafens abzuwenden, kann Flughafenchef Hartmut Mehdorn zusätzlich das alte Schönefelder Terminal weiter nutzen. Allerdings nur vorübergehend für einige Jahre in der Inbetriebnahmephase, quasi als Starthilfe – und nicht dauerhaft, wie es Hartmut Mehdorn bislang wollte. Diese Linie hat der Projektausschuss des Aufsichtsrates am Mittwoch in einer dreieinhalbstündigen Sitzung auf dem abgeschirmten Flughafengelände in Schönefeld bekräftigt. Und das ist auch die Beschluss-Empfehlung an den Aufsichtsrat, der am Freitag regulär in großer Runde tagen wird – und sich ebenfalls mit den drohenden Kapazitätsengpässen am BER befassen wird.

Auf dieser Grundlage kann Mehdorn nun die nötigen Untersuchungen veranlassen. Das Geld dafür, fünf Millionen Euro, hat der Aufsichtsrat bereits auf der Sitzung Ende Juni bewilligt. Einig sind sich alle, dass das marode Terminal ertüchtigt werden muss. „Die Grundsanierung kann im laufenden Betrieb realisiert werden, wodurch es nur zu punktuellen Störungen des Betriebes kommt“, heißt es in einer Aufsichtsratsvorlage dazu. Und weiter: „Dieses Szenario löst das aktuelle Kapazitätsproblem und reduziert im Vergleich zu anderen Szenarien das Inbetriebnahmerisiko.“ Ein Vorzug bestehe auch darin, dass die weitere Ausbauplanung des BER und konkrete Entscheidungen „auf ca. ein Jahr nach der Inbetriebnahme verschoben werden können“.

Der neue Flughafen ist zwar noch nicht einmal fertig. Doch die Kapazitätsnot ist programmiert. „Bereits 2014 übersteigt die bestehende Nachfrage an den bestehenden Flughäfen Tegel und Schönefeld die maximale Abfertigungskapazität des BER“, heißt es in der Beschlussempfehlung des Projektausschusses für den Aufsichtsrat. Wie berichtet, erwartet die Hauptstadtregion nach einer neuen Studie der Firma Intraplan weiter ungebremstes Passagierwachstum im angepeilten BER-Eröffnungsjahr 2016 – gerechnet wird mit 31,4 Millionen Fluggästen. Andererseits hat Mehdorn intern gewarnt, dass am Anfang am BER nicht die versprochenen 27 Millionen Passagiere abgefertigt werden können. „Die Geschäftsführung kann nur für eine Startkapazität von 21 Mio. Passagieren die Verantwortung übernehmen“, heißt es in einer internen Vorlage Mehdorns.

Zwar gibt es im Aufsichtsgremium den Verdacht, dass Mehdorn das Problem aufbauscht, um zusätzliches Geld zu erhalten. Als Argument wird angeführt, dass auch in Tegel deutlich mehr Passagiere abgefertigt werden, als alle für möglich hielten. Doch dagegen spricht, dass Tegel ein Jahrzehnte eingespielter Flughafen ist und dass der Flughafenexperte Dieter Faulenbach da Costa bereits vor zwei Jahren in einer Analyse exakt zum gleichen Ergebnis kam und vor Engpässen warnte, weil es im Terminal zu wenige Check-in-Schalter gebe und die Gepäckanlage zu gering dimensioniert sei.

Vermutlich kann Mehdorn sich gut mit dem Kompromiss arrangieren, obwohl er den alten Schönefelder Flughafen – nach seinem sogenannten Double-Roof-Konzept – als zusätzliche Abfertigungshalle neben dem BER-Terminal dauerhaft in Betrieb lassen wollte. Der gesamte Entwurf des Wirtschaftsplans der Flughafengesellschaft für die nächsten Jahre basiert auf dieser Grundlage. Gegen einen dauerhaften Weiterbetrieb des alten Schönefelder Flughafens hat der Bund sein Veto eingelegt; er will neben dem Interflug-Terminal den neuen Regierungsflughafen bauen und gibt diesen Plan auch nicht auf.

Nun soll eine Übergangslösung für den Regierungsflughafen geplant werden, nämlich die Nutzung des früheren „Generalshotels“, in dem vor 1989 SED-Staatschef Erich Honecker internationale Gäste begrüßte. Im Bund gibt es dagegen aber noch Widerstände. Geprüft wird auch, dass die Flugbereitschaft länger in Tegel bleibt. Ein vom Aufsichtsrat gefordertes Konzept, wie nötige Erweiterungen mittel- und langfristig ohne Schönefeld-Alt gesichert werden können, hat Mehdorn bisher nicht vorgelegt.

Bei der regulären Arbeitssitzung des Aufsichtsrates am Freitag stehen größere Konflikte und weitreichende Entscheidungen nicht an. Mehdorn sagte nach der Sitzung des Projektausschusses lediglich: „Wir sind gut unterwegs.“ Er war bestens gelaunt, was nach Tagungen mit seinen Kontrolleuren nicht immer der Fall ist. Geleitet wird der Projektausschuss, der die Aufsichtsratssitzungen vorbereitet, von Rainer Bomba, dem Staatssekretär aus dem Bundesverkehrsministerium. Im Projektausschuss dabei war auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der im Dezember zurücktreten will. Wie ein Teilnehmer sagte, sei Wowereit „wie immer“ gewesen – im Detail vorbereitet, mit bohrenden Nachfragen, aber auch mit seinen „typischen zynischen Bemerkungen“.

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