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Brandenburg: Alles halb so schlimm?

Die Berliner Polizei hat einen Bericht zur Affäre um die Polizeiakademie in der Hauptstadt vorgelegt

Berlin - Die Polizeiführung hat erneut zu den Vorwürfen Stellung genommen, es gebe massive disziplinarische Probleme mit Polizeianwärtern aus türkischen und arabischen Familien. Teilweise sollen sogar Kontakte und verwandtschaftliche Verbindungen zu kriminellen Clans bestehen. In einem 80-seitigen „Sonderbericht zum Thema Polizeiakademie“, angefertigt im Auftrag von Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD), weist die Polizeiführung die Anschuldigungen größtenteils zurück.

Ausführlich wird auf den Erfahrungsbericht eines Ausbilders eingegangen. Dieser hatte das Verhalten von Polizeischülern mit Migrationshintergrund als „frech wie Sau“ beschrieben und ihnen unterstellt, sie seien der Polizei eigentlich feindlich gesinnt. Der stellvertretende Klassenlehrer, intern zu den Vorwürfen befragt, erklärte, er habe solches Verhalten in der Klasse nicht festgestellt. Auch die Schüler selbst wiesen die Darstellungen von sich. Sie hätten in der besagten Unterrichtsstunde allenfalls Konzentrationsprobleme gehabt, weil es nicht genügend Pausen gegeben habe. Der Ausbilder habe seinerseits wenig Interesse am Unterricht gezeigt und „oft zu seinem Handy gegriffen“. Einige Schüler fühlte sich von ihm „ausländerfeindlich behandelt und ausgegrenzt“.

Die Zahl der Disziplinarverfahren wegen Fehlverhaltens von Polizeianwärtern sei in den vergangenen Jahren – proportional zu den steigenden Schülerzahlen – nicht angestiegen. Der Anteil der Verfahren gegen Anwärter mit Migrationshintergrund sei nicht höher als der gegen Polizeischüler deutscher Herkunft. Generell werden die meisten Disziplinarverfahren gegen Anwärter geführt, 2016 und 2017 richteten sich sogar alle 65 Verfahren gegen Azubis oder Studenten der verschiedenen Polizeilaufbahnen.

Die in den Medien berichteten Fälle führten meist nicht zu Disziplinarverfahren oder Entlassungen. Dass ein Polizeianwärter bei einer Razzia in einer Bar angetroffen wurde, in der auch ein polizeibekannter „Anhänger einer rockerähnlichen Gruppierung“ verkehre, begründe nicht seine Entlassung, heißt es. Dass er den Kollegen seinen Polizeiausweis zeigte, was nicht zulässig ist, überschreite nicht die „Schwelle eines Dienstvergehens“. Ein weiterer Anwärter hatte bei einem Pornofilm mitgewirkt, war aber nicht entlassen worden, weil er „Einsichtsfähigkeit in sein Fehlverhalten“ gezeigt habe. Gerüchte, es sei im Januar 2017 zu einer Massenschlägerei in der Kantine der Polizeiakademie gekommen, zwischen türkischen und arabischen Schülern, hätten wochenlang „in Polizeikreisen kursiert“, sich aber als „im Wesentlichen“ als erfunden erwiesen.

Der FDP-Abgeordnete Marcel Luthe sagte auf Anfrage, es sei „nicht überraschend“, dass die Polizei die Vorwürfe nicht erhärten konnte. „Was soll die Polizeiführung auch anderes schreiben, wenn die Vorwürfe sich gegen die Personalpolitik der Führung richten?“ Luthe fordert einen Untersuchungsausschuss. Die wesentliche Erkenntnis des Berichts sei für ihn das „strukturelle Machotum an der Polizeiakademie“ durch die Einstellungspolitik der für Personal zuständigen Vizepräsidentin Margarete Koppers. „Während bei Nichtmigranten etwa jeder dritte Neuzugang weiblich ist, war es bei den Eingestellten mit Migrationshintergrund gerade mal jeder elfte. Daraus erklären sich teilweise die Berichte über sexuelle Diskriminierung durch Mitauszubildende."

An der Akademie läuft laut dem Bericht bereits seit Jahren ein Reformprozess für bessere Ausbildung. Derzeit wird darüber nachgedacht, die Akademie einer Schulinspektion zu unterziehen. Auch das Bewerbungsverfahren werde verändert. Im nächsten Jahr sollen alle Bewerber einen aktualisierten Online-Test machen. Darin sei auch ein neuer Deutschtest enthalten. Künftig soll die „persönliche Vorstellung“ stärker gewichtet werden. Dabei sollten psychologisch geschulte „Bewerter“ zum Einsatz kommen. Thomas Loy

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