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Jahrzehntelang im Biathlon aktiv, jetzt will Frank Ullrich in den Bundestag.

© imago/Gerhard König

Olympiasieger gegen Ex-Verfassungsschutzchef: Wie Frank Ullrich gegen Hans-Georg Maaßen gewinnen will

Olympiasieger, Weltmeister: Für die SPD will ein Sportheld in den Bundestag - durch Corona hat er eine klare Mission. Und einen großen Vorteil gegen Maaßen.

Frank Ullrich war gerade im Stadtrat von Suhl, ständig bimmelt das Telefon. Jetzt isst er erstmal eine Bratwurst und macht Demoskopie auf dem Marktplatz. Den Namen seines Gegners will er gar nicht groß in den Mund nehmen: Hans-Georg Maaßen.

Seit 1979 wohnt Ullrich in Suhl, jetzt ist der SPD-Direktkandidat hier in seiner Heimat, im südthüringischen Wahlkreis 196 für die Bundestagswahl. Der Mann ist berühmt weit über die Region hinaus. Er war 1980 in Lake Placid Biathlon-Olympiasieger für die DDR, neunmal Weltmeister, viermal Gesamtweltcupsieger, dann im geeinten Deutschland Biathlon- und später Skilanglauf-Bundestrainer. In seinem Geburtsort Trusetal ist eine Straße nach ihm benannt.

Doch so richtig wird auf den SPD-Kandidaten erst geschaut, seit die CDU den früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen im Wahlkreis gegen ihn aufgestellt hat.

Und was sagen die Leute, mit denen Ullrich auf dem Marktplatz ins Gespräch kommt, über seinen Kontrahenten, der wegen seiner Positionen zur Flüchtlingspolitik selbst in der eigenen Partei umstritten ist?

„Für viele ist das ein No-Go“, sagt Ullrich. Weil Maaßen aus Mönchengladbach stammt und hier bisher keine Wurzeln hat. Der bisherige CDU-Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann war über eine Korruptionsaffäre gestürzt. Unter anderem ging es um hohe Profite durch Schutzmaskengeschäfte. Da war Maaßen als CDU-Kandidat angesprochen worden. Er hat versprochen, sich hier nun eine Zweitwohnung zu nehmen.

„Ich hätte mir gewünscht, dass die CDU eine bodenständige Persönlichkeit ins Rennen schickt, die hier aus der Region kommt“, sagt Ullrich. „Aber genau das Gegenteil ist passiert und ich weiß nicht, ob sie sich damit einen sehr großen Gefallen getan hat.“ Ullrich stammt aus einem Arbeiterhaushalt. Schon der Opa, 1898 geboren und Überlebender zweier Weltkriege, war Sozialdemokrat. Aber erst 2021 ist Ullrich in die Partei eingetreten, nachdem er 2010 schon als Wahlmann von der SPD zur Wahl des Bundespräsidenten eingeladen worden war. 2019 bei der Landtagswahl in Thüringen trat er von der SPD unterstützt noch als Parteiloser an, er hängte 600 Plakate auf - und verlor nur knapp gegen den AfD-Kandidaten.

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"Ich bin hier groß geworden"

Ullrich hält nichts von Polarisierung. Er betont, wenn man politisch etwas lösen will, etwa im Stadtrat, dann müssen sich alle zusammensetzen. Auch in Suhl gebe es immer wieder Debatten um eine Erstaufnahmeeinrichtung von Flüchtlingen. Einheimische fühlen sich teilweise nicht mehr sicher. "Ich verstehe die Sorgen der Bevölkerung. Für mich gilt auch, wer zu uns kommt, hat sich an die Gesetze zu halten. Hier müssen schnellstmöglich alle Beteiligten an einen Tisch."

Ullrich kennt auch all die Sorgen über die Abwanderung und den demographischem Wandel. Suhl hat bundesweit eines der höchsten Durchschnittsalter der Bevölkerung. Er selbst ist 63, fährt noch jedes Jahr unzählige Kilometer mit dem Rad, und im Winter ist er natürlich zum Skilanglauf im Thüringer Wald. „Ich bin hier groß geworden, ich habe den Leuten hier unglaublich viel zu verdanken. Sie haben mich schon von klein auf schon mit unterstützt."

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Hans-Georg Maaßen nach seiner Wahl zum Bundestagskandidaten in Suhl.

© dpa

"Wir müssen alle fitter werden"

Über seinen Kontrahenten Maaßen will er jetzt nicht ständig reden. Er hat ein klares Ziel, es kommt etwas überraschend: „Wir müssen alle wieder fitter werden.“ Dann sprudelt es nur so aus ihm heraus. Ullrich will sein Lebensthema, den Sport, ganz nach oben auf seine politische Agenda setzen – und deshalb auch in den Bundestag.

Durch die Pandemie hätten auch die Vereine in Thüringen viele Mitglieder verloren. Vereinssport stärke aber auch das gesellschaftliche Miteinander, immer wieder sagt er "Teamgeist".

Kampf gegen die Corona-Pfunde

Seine Tochter ist Lehrerin, Ullrich weiß, wie sehr der Schulsport leidet. Dann sind da die Corona-Pfunde, nicht nur bei Kindern. Thüringen sei ein Sportland, das dürfe nicht verloren gehen. Sein großer Traum wären – vielleicht zusammen mit Bayern – Olympische Winterspiele. Oben auf dem Rennsteig liegt Oberhof, das Zentrum des Biathlonsports.

Sport für das Miteinander, für Körper und Geist

Aber Ullrich geht es vor allem auch um eine Offensive für den Breitensport, der so unter Corona gelitten hat. „Es geht um die Entwicklung vom Kindergarten über die Schulen bis zur weiteren Entwicklung von jungen Menschen“, so Ullrich. Mehr körperliche Fitness helfe beim Lernen, dem Dachdecker in seinem Beruf, genauso wie der Pflegerin. "Wer körperlich fit ist, ist auch in allen Bereichen unseres gesellschaftlichen Lebens deutlich leistungsfähiger." Doch nun steht ihm erst einmal selbst wieder ein harter Wettkampf bevor, ein politischer. Die Taktik ist klar: Ullrich wird voll auf auf den Heimvorteil gegen den West-Import Maaßen setzen.

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