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Adieu für dieses Jahr: Moderatorin Anke Engelke und Festivalchef Dieter Kosslick verabschiedeten die Gewinner in einen genussvollen Feier-Abend.

© REUTERS/Stefanie Loos

Abschlussmahl der Berlinale: Und Kosslick fand alle "unglaublich freundlich und nett"

Feiern, essen, trinken: Die Gewinner ließen beim exklusiven Dinner und einer Club-Party die Berlinale ausklingen.

In der Nacht der Bärengewinner werden so viele schöne Erinnerungen an Berlin geboren wie sonst selten. Kein Wunder, dass der Wunsch wiederzukommen vor allem unter Erstteilnehmern verbreitet ist. "Bislang kenne ich nur den Weg vom Hotel zum Festival", sagte einer von ihnen in der geräumigen Shuttle-Limousine, die ihn vom exklusiven Bären-Dinner im Spiegelzelt am Gropius-Bau zum Crackers fuhr. Allein hätte er den Eingang hinterm Grand Hotel wohl kaum gefunden, obwohl sich auch dort, wie vorm Zelt, noch lange nach Mitternacht Autogrammjäger postiert hatten.
Drinnen herrschte ein irgendwie festliches Gewoge und Gedränge, überzogen mit dem Geruch von Drinks und Parfüm auf dieser letzten großen Party, bevor sich das Delirium namens Berlinale wieder in Alltag auflöst. "Nicht meine Welt", sagte ein anderer Gewinner, guckte aber trotzdem amüsiert auf das Treiben.

Nie war ein Chef, der gute Laune und positive Schwingungen verbreitet, so wertvoll wie heute. Dieses Berlinal-Gefühl setzte sich bis zum letzten Mahl des Festivals in der Nacht zum Sonntag im Spiegelzelt am Gropiu-Bau durch. Für Dieter Kosslick war das auch ein Zeichen für eine Gegenbewegung in einer aufgewühlten Welt: "Alle waren so unglaublich freundlich und nett, kein böses Wort diesmal."
Was für ihn angesichts der Vielfalt der vertretenen Länder und Religionen bei diesem Ausklang bemerkenswert war. Spannungen hatte es in vergangenen Jahren durchaus mal gegeben, aber inzwischen scheint die Weltlage die Gemeinschaft der Kreativen stärker zusammenzuschweißen.

Die entspannte Atmosphäre zeigte sich bei Publikum, Teilnehmern und Veranstaltern

Die entspannte Berlinale zeigte sich auch an den Tischen in dem Zelt, das letzte Woche noch Schauplatz des Kulinarischen Kinos war. Kein hektisches Hollywood-Gewusel wie im vergangenen Jahr, stattdessen glückliche Gewinner, die es dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller nachmachten und ruhig an ihren Tischen sitzen blieben. Selfies mit den gerade gewonnenen Bären mussten natürlich sein. Die Preisträgerin, die sich mit einem kurzen, überwältigten "Thank you" begnügt hatte, trug nun eine Tasche mit dem Aufdruck "I love Berlin" umher. Durch ihren Auftritt hatte sie jede Menge Sympathien gewonnen.

Das Gegenteil, die ausufernde Danksagung, ist die größere Gefahr für eine Gala, die immer voller Unwägbarkeiten steckt. Erleichterung herrschte beim Berlinale-Team auch über die spontan improvisierte, aber dann geglückte Preisverleihung an Aki Kaurismäki, der kräftig vorgefeiert hatte und den Bären vorsichtshalber an seinem Platz entgegennahm. Schließlich soll niemand wegen einer menschlichen Schwäche an seiner Würde leiden.

Den allerletzten Applaus des Abends bekam von den Gewinnern selbst das Team um Florian Glauert, Küchenchef des Restaurants "Duke", der den Siegern das Menü bereitet hatte. Mit einer vegetarischen Gaisburger Marsch mit fermentierten Pilzen und Schwarzbrotklößen nahm er noch einmal das Thema "Eintopf" auf, diesmal als Vorspeise.

Als Alternative zu Topinambur, Grünkohl und Steckrübe mit Graupenrisotto und Rotkohl-Bete-Jus gab es für die nicht ganz so strengen Vegetarier auch Ostseelachs mit geräuchertem Quark. Sogar Kritik an der Fleischabstinenz blieb diesmal aus, was bestimmt nicht nur an den Schlachthofszenen im Sieger-Film lag, die viele unmittelbar zuvor gesehen hatten. Zufällig hatte gerade auch das Umweltministerium bekanntgegeben, dass es bei offiziellen Veranstaltungen künftig nur noch vegetarische Kost servieren will. Da war die Berlinale mal wieder Trendsetter.

Wie sie es auch bei den Dresscodes ist, denn da entspricht Berlin für manche fast schmerzhaft vorbildlich dem diesjährigen inoffiziellen Motto "Vielfalt". Zwischen Anke Engelkes endlosem Abendkleidschlitz und den angesagten schalbewehrten Männerhälsen ging vieles. Diese Vielfalt gehörte zum entspannten Festival in einer unentspannten Welt dazu, vor allem passt sie zu Berlin.

Das Publikum im Zentrum des Festivals

Das Wort "Publikumsfestival" war omnipräsent. Im Hinblick darauf hat sich das wegen seiner Optik von außen nicht unumstrittene Open House am Roten Teppich als glamouröse Pop-up-Kneipe bewährt, weil da jeder Besucher, der noch hineinpasste, warm und trocken Drinks nehmen und den Aufmarsch auf dem Roten Teppich hautnah verfolgen konnte. Um Showeffekte ging es bei der allerletzten Berlinale-Party dieses Jahres aber schon nicht mehr. Wer sich, ausgestattet mit dem begehrtesten Bändchen der Nacht in der Farbe leuchtendes Lila, zum Crackers fahren ließ, wollte nur noch feiern oder kulturelle Studien betreiben.

Dieter Kosslick, der nach seiner traditionellen Fastenauszeit demnächst dann auch mal wieder entspannt über den Markt schlendern kann, freute sich schon auf seinen allerletzten Einsatz: "Dieter goes Kiez", das ist für ihn beim Publikumstag am Sonntag ein Muss, weil er manchen der Besucher zum Beispiel aus Niederschönhausen auch noch einen Bären anstecken wollte: "Das sind doch die eigentlichen Stars."

Einer Handvoll Zuschauern ist ihr wohl letzter Berlinale-Besuch dieses Jahres nicht bekommen. Wie die Feuerwehr am Sonntagabend bestätigte, gab es nachmittags einen Einsatz im Friedrichstadt-Palast, wo der Siegerfilm „On Body and Soul“ gezeigt wurde. Er enthält zum Teil recht blutige Szenen. Möglicherweise deswegen erlitten einige Zuschauer Schwächeanfälle. Eine Person musste ins Krankenhaus gebracht werden.

Berlinale-Direktor Dieter Kosslick

© dpa/Gregor Fischer

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