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Fest im Sattel. Charlotte Jung und Isabell Sandow sind warm eingepackt, für Therapiepferd Ole sind das gerade Wohlfühltemperaturen.

© Silvia Passow

Tagesspiegel-Spendenaktion: Therapiepferd Ole aus Brandenburg braucht einen neuen Kollegen

Auf dem Jugendhof Brandenburg lernen Jugendliche wieder zu vertrauen. Therapiepferd Karlotta darf bald in Rente, zur Finanzierung ihrer Nachfolge bittet der Tagesspiegel um Spenden.

Von Silvia Passow

Ole Pünktchen ist der Star im Verein Jugendhof Brandenburg. Mit den schwarzen Tupfen auf dem weißen Fell erinnert das Pferd an den tierischen Begleiter von Pippi Langstrumpf. Doch zur sanftmütigen Karlotta fassen viele der Jugendlichen zuerst Vertrauen. Unzählige Gesichter haben sich im Laufe der Jahre in die rotbraune Mähne des Fjordpferdes gekuschelt. Karlotta ist jetzt Mitte zwanzig, Renteneintrittsalter für Pferde.

Leichte Tätigkeiten wie Kuscheln übernimmt sie noch immer gern, nur wird es langsam Zeit, an eine Nachfolge zu denken, sagt Sozialpädagogin Isabell Sandow. Seit rund zehn Jahren ist Sandow auf dem Jugendhof im Havelländischen Berge bei Nauen aktiv, hat eine Weiterbildung für Therapeutisches Reiten abgeschlossen. Das klingt nach viel Spaß auf dem Pferderücken, ist aber harte Arbeit. Auch, weil die Versorgung der Pferde dazuzählt.

Tiere gehören aus zweierlei Gründen zum Jugendhof. Auf dem Hof am Rande des Dorfes wird ökologischer Landbau betrieben, somit fällt Dünger für die Felder ab. Und die Kaninchen, Katzen, Schweine, Schafe, Ziegen und Pferde haben eine weitere Aufgabe: Sie sind tierische Therapeuten.

Vertrauen gewinnen

16 Jugendliche im Alter von 14 bis 27 Jahren leben derzeit in drei Wohngruppenhäusern auf dem Gelände des Vereins. Sie haben schwere Zeiten hinter sich, lebten unter schwierigen Bedingungen. Auf dem Jugendhof kommen sie nur dann unter, wenn sie es selbst auch wollen. „Viele entscheiden sich wegen der Tiere für uns“, sagt Geschäftsführerin Gudrun Klinner. Denn viele der Kinder haben das Vertrauen in die Menschen verloren, wurden zu oft enttäuscht, erklärt sie weiter. Mit Tieren haben viele gar keine oder wenigstens keine schlechten Erfahrungen machen müssen.

Pferde eignen sich für den Vertrauensaufbau besonders gut, erläutert Sozialpädagogin Sandow. „Das sind sehr soziale Tiere. Sie kommen gern auf Menschen zu, suchen den Kontakt.“ Auch die Jugendlichen gehen aktiv auf die Tiere zu. „Die Jugendlichen sind aufgeschlossen, wollen den Kontakt zum Tier“, sagt sie.

Ole und Isabell Sandow vom Jugendhof Berge sind ein eingespieltes Team.

© Silvia Passow

Wenn die Jugendlichen Kontakt zu den Pferden aufnehmen, ist Sandow dabei. Sie erklärt die Reaktionen des Pferdes – angelegte Ohren beispielsweise zeigen Unwohlsein oder schlechte Laune. Pferde spiegeln das Verhalten von Menschen, auch das kann in der weiteren Therapie sehr hilfreich sein, sagt Sandow. Beim gemeinsamen Pferdeführen mit den Jugendlichen kommen sie gut ins Gespräch. Das Pferd spüre, wenn den Menschen an seiner Seite etwas bewege. Kochen Emotionen hoch, bleibe es schon mal stehen, dann gebe es auch Gelegenheit zum Trost finden, erzählt Sandow.

Struktur für den Tagesablauf

Die Tiere wollen versorgt werden, und daran beteiligen sich die Jugendlichen. Diese lernen, Verantwortung für ein anderes Lebewesen zu übernehmen. Der Tag bekomme Struktur, ein ebenfalls wichtiger Faktor, damit die jungen Menschen wieder einen geregelten Alltag erlernen. „Wenn die Tiere sich freuen, wenn die Jugendlichen mit Futter kommen, ist das eine große Motivation“, erklärt Psychologin Charlotte Jung.

Zur Tierhaltung gehöre, auch Verlust zu ertragen. Bis vor kurzem lebten auf dem Grundstück Hühner und ein Hahn. Auch sie besaßen eine Doppelfunktion, sie können mehr als nur Eier legen. „Hühner sind ebenfalls sehr soziale Wesen“, erklärt Psychologin Marlen Mauk. Auch diese Tiere könnten einfühlsam mit Menschen in Kontakt kommen. Leider habe ein Fuchs das Geflügel gerissen, die Tiere seien seither nicht wieder ersetzt worden. Vorher müsste ein fuchssicherer Zaun angeschafft werden. Für diesen Zaun bittet der Jugendhof ebenso um Spenden an „Menschen helfen!“.

Alle Schäfchen beieinander. Auf dem Jugendhof Berge spielen Tiere bei der therapeutischen Arbeit eine große Rolle.

© Silvia Passow

Und Karlottas Nachfolger? Das Tier sollte ein ähnlich freundlich-aufgeschlossenes Gemüt haben, gut ausgebildet und zwischen fünf und sieben Jahre alt sein. Es gebe auch bereits ausgebildete Therapiepferde, sagt Geschäftsführerin Klinner. Ein solches anzuschaffen, sei allerdings eine Frage des Budgets. Keine Frage ist dagegen, dass es auch weiterhin tiergestützte Therapie in Berge geben wird. „Wir wollen diese Säule auch weiterhin nutzen. Die Jugendlichen können hier sehr gut andocken“, sagt Klinner.

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