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23.01.2015, Berlin, Deutschland - Waldsiedlung Krumme Lanke in Berlin-Zehlendorf. 00P150123D005CARO.JPG

© picture alliance / Caro

Zwölfjähriger Geschichtsforscher aus Berlin: „Warum findet man Erinnerung schlecht?“

Der Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten ist derzeit wegen Aiwanger in den Medien. Gespräch mit einem jungen Landessieger, der am Freitag im Roten Rathaus ausgezeichnet wurde.

Rund hundert Nachwuchshistoriker:innen wurden am Freitagvormittag im Roten Rathaus ausgezeichnet. Die Schüler sind auf Landesebene Sieger:innen des Geschichtswettbewerbs, den seit 50 Jahren der Bundespräsident ausrichtet. Zufällig handelt es sich um genau die Ausschreibung, gegen die sich einst ein antisemitisches Flugblatt aus dem Hause Aiwanger richtete.

Thema des Wettbewerbs in diesem Jahr: „Mehr als ein Dach über dem Kopf. Wohnen hat Geschichte“. 77 Beiträge von 237 Schüler:innen wurden in Berlin dazu eingereicht. Die Schüler:innen hätten Berlin „von der Steinzeit bis heute“ erforscht, lobte die ausrichtende Körber-Stiftung. Landesbeste Schule wurde das Herder-Gymnasium in Westend.

Einer der zwölf Landessieger ist Jonah Wenzel, zwölf Jahre alt, Siebtklässler am Gymnasium Steglitz. Er gewinnt 500 Euro, hat die Chance auf einen Bundespreis im November – und hat dem Tagesspiegel von seinen Recherchen erzählt.

Jonah, herzlichen Glückwunsch zu Deinem Erfolg beim Geschichtswettbewerb! Womit hast Du Dich auseinandergesetzt?
Bei meinem Projekt ging es um eine ehemalige SS-Kameradschaftssiedlung in der Nähe der Krummen Lanke, an der Argentinischen Allee. Die Siedlung wurde spezifisch für SS-Mitglieder gebaut. Als es in der heutigen Zeit darum ging, dort eine Erinnerungsstele aufzustellen, haben einige Bewohner dagegen protestiert. Da habe ich mich gefragt: Warum findet man so etwas schlecht? Wie kann man da überhaupt dagegen sein?

Jonah Wenzel in Roten Rathaus. Der Siebtklässler gewinnt 500 Euro und hat im November die Chance auf einen Bundespreis des Geschichtswettbewerbs.

© David Ausserhofer

Was hast Du herausgefunden?
Es hat sich letztendlich herausgestellt, dass weniger die Bewohner dagegen waren als vor allem die Parteien, die in dem Gebiet aktiv waren. Die dachten, dass das den wirtschaftlichen Wert der Siedlung senken könnte, und dass sie zu einem Treffpunkt für Neonazis werden könnte.

Wie bist Du bei der Recherche vorgegangen?
Ich habe mit ganz vielen Leute gesprochen, zum Beispiel mit dem Autor der Stele und der stellvertretenden Bürgermeisterin Frau Richter-Kotowski. Auch Bewohner der Siedlung, die selbst schon recherchiert hatten, haben mir geholfen, zum Beispiel mit alten Artikeln aus SS-Zeitschriften.

Wie bist du auf das Thema gekommen?
Ich hatte erst ein paar andere Ideen, aber dann ist meine Mutter zufällig auf diese Siedlung gestoßen. Sie liegt ganz in unserer Nähe. Und ich fand es direkt superspannend, weil ich vorher noch nie davon gehört hatte, dass die „rassische Elite“ – ich sag’ das jetzt mal so – der Nationalsozialisten eine eigene Siedlung gebaut bekommen hat.

Was hast Du gedacht, als Du das alte Flugblatt gegen den Wettbewerb gesehen hast?
Ich war komplett geschockt. Was da stand, war schrecklich.

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