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Teure Schienen. Zehn Jahre musste die BVG überhöhte Preise zahlen.

© IMAGO/Andreas Friedrichs

„Schienenfreunde“-Kartell: BVG erstreitet 4,4 Millionen Euro Schadensersatz

Jahrelang hat ein Kartell mehrerer Konzerne Weichen und Schienen zu überhöhten, abgesprochenen Preisen verkauft. Die BVG soll nun Schadensersatz bekommen.

Im Jahr 2011 waren die „Schienenfreunde“ aufgeflogen. Viele Jahre lang hatte das Kartell mehrerer großer Konzerne die Preise für Weichen und Schienen abgesprochen und Kunden nur zu überhöhten Preisen beliefert. Jetzt hat das Landgericht Berlin der Schadensersatzklage der BVG zur Hälfte stattgegeben: Das Gericht sprach der BVG 4,4 Millionen Euro zu, die Hälfte der geforderten Summe. Dies berichtet das juristische Onlinemagazin „Juve“.

Am stärksten betroffen war damals die Deutsche Bahn, der Schaden war intern auf eine Milliarde Euro geschätzt worden. Doch letztlich war jede Stadt mit Straßen- oder U-Bahnen von der illegalen Preiserhöhung betroffen, auch Berlin. Vor zehn Jahren, im Januar 2013, hatte die BVG angekündigt, eine Klage zu prüfen. Damals kaufte der Verkehrsbetrieb Schienen, Weichen und Ausrüstungen im Wert von mehr als 200 Millionen Euro pro Jahr ein.

Seitdem wurde vor mehreren Gerichten in mehreren Instanzen gestritten, weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht, die beklagte Firma wolle Berufung einlegen, schreibt „Juve“.

Der BGH entschied zugunsten der BVG

Seit Jahren wird gestritten, wie der Schadenersatz berechnet werden kann. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte bereits 2021 für die BVG entschieden: Das oberste Gericht bestätigte eine bestehende „Schadenspauschalierungsklausel“ von fünf Prozent in den Vertragsbedingungen der BVG, die bei Kartellabsprachen greifen soll. Die BVG verlangte Schadensersatz in dieser Höhe, „weil Hersteller und Händler von Schienen, Weichen und Schwellen spätestens seit 2001 bis zur Aufdeckung des Kartells im Mai 2011 Preis-, Quoten- und Kundenschutzabsprachen praktizierten“, wie es im BGH-Urteil hieß.

Dieses BGH-Urteil galt als bahnbrechend, denn es erlaubt eine Bestimmung der Höhe des Schadenersatzes ohne zeitraubende und teure Gutachten beider Seiten vor Gericht. Das Berliner Landgericht ermittelte die 4,4 Millionen auf Basis eines externen Gutachtens.

Allerdings kritisiert die beklagte Firma nun, dass das Landgericht nicht die Daten des verwendeten Gutachtens geprüft habe. Wie „Juve“ schreibt, habe es in den vergangenen Jahren viele Grundsatzurteile gegeben, „aber selten wurden Klägern konkrete Summen zugesprochen“.

Millionen-Bußgelder für Konzerne

Die Konzerne haben schon weit mehr als 200 Millionen Euro gezahlt – Bußgeld, nicht Schadensersatz. 2013 waren die „Schienenfreunde“ abschließend vom Kartellamt „bebußt“ worden, acht Firmen mussten 232,14 Millionen Euro zahlen, weil sie über zehn Jahre Aufträge unter sich aufgeteilt hatten. Das Kartell umfasste Schienen, Weichen und Schwellen. „Aufgrund des über Jahre praktizierten Kartells sowie der gewachsenen Kundenbeziehungen und -vorlieben war dabei oft allen Beteiligten von vornherein klar, wer den ausgeschriebenen Auftrag bekommen sollte“, so Behördenchef Andreas Mundt.

Thyssen-Krupp musste als Haupttäter 191 Millionen Euro zahlen. Die Höhe der Strafe richtete sich laut Kartellamt nach der Dauer der Tatbeteiligung und der „Bereitschaft zu einem einvernehmlichen Verfahrensabschluss“.

Das Verfahren war 2011 durch einen Kronzeugenantrag von Voestalpine ausgelöst worden. Zuvor war ein neuer Anbieter mit niedrigeren Preisen in den Markt gedrängt.

Der BGH hatte das Vorgehen im Urteil von 2021 so beschrieben: „Die Absprachen beruhten maßgeblich darauf, dass den einzelnen Unternehmen bestimmte ‚Altkunden‘ oder ‚Stammkunden‘ zugeordnet waren und diese Zuordnung von den Kartellteilnehmern grundsätzlich respektiert wurde. Hierzu verzichteten die anderen Kartellteilnehmer auf die Abgabe von Angeboten oder reichten diese erst nach Ablauf der Angebotsfrist oder zu überhöhten Preisen ein, sodass der Auftrag dem vorbestimmten Unternehmen zufallen konnte.“

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