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Demonstranten stehen mit Transparenten bei einer Kundgebung anlässlich der Sitzung des Untersuchungsausschusses "Neukölln" vor dem Berliner Abgeordnetenhaus.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

„Ich habe das Vertrauen in die Polizei verloren“: Opfer der rechtsextremen Anschlagsserie in Berlin-Neukölln kritisieren Sicherheitsbehörden

Im U-Ausschuss zur Anschlagsserie in Berlin-Neukölln werfen Betroffene Behörden Untätigkeit vor. Vor Allem die Polizei habe verfehlt.

Zum Start der Beweisaufnahme im Untersuchungsausschuss zur rechtsextremen Anschlagsserie in Neukölln haben mehrere Betroffene Kritik an den Sicherheitsbehörden geübt.

Diese hätten Anzeigen nicht aufgenommen, auf Sicherheitsgespräche verzichtet, Ermittlungen nicht mit Priorität betrieben und die Taten nicht als Komplex begriffen, erklärten zwei der drei Zeugen am Freitag übereinstimmend. Das Vertrauen in den Rechtsstaat sei zerstört, Misstrauen gegenüber den Sicherheitsbehörden geschürt worden, hieß es weiter.

Am deutlichsten formulierten Claudia von Gélieu und Heinz Ostermann, beide Betroffene der rechtsextremen Anschlagsserie, ihre Kritik. Von Gélieu, deren Auto im Februar 2017 angezündet worden war und die bereits im Vorfeld mehrfach mit rechtsextremen Anschlägen konfrontiert geworden war, warf den Behörden vor, die über Jahre andauernden Taten „bagatellisiert“ zu haben.

Sie wie andere Betroffene der Serie hätten begonnen, „die Sinnhaftigkeit im Austausch mit den Sicherheitsbehörden zu hinterfragen“, sagte von Gélieu. Sie und Ostermann, dem gleich zwei Autos angezündet worden waren, stellten die These auf, dass eine Warnung im Vorfeld der Taten unterblieben sein könnte, um die damals laufende Überwachung der Hauptverdächtigen nicht zu gefährden.

„Ich habe das Vertrauen in die Polizei verloren“, sagte von Gélieu dem Ausschuss und erklärte weiter: „Die negativen Erfahrungen mit den Sicherheitsbehörden machen mir genauso Angst wie die Angriffe der Nazis selbst.“

„Die Verfehlungen haben mein Vertrauen in den Rechtsstaat erschüttert.“

Ähnlich kritisch äußerte sich mit Ostermann der Inhaber einer ebenfalls attackierten Buchhandlung. „Die Verfehlungen haben mein Vertrauen in den Rechtsstaat erschüttert“, sagte Ostermann. Er warf den Behörden vor, die Taten zu lange nicht ausreichend ernst genommen und ihn und andere Betroffene nicht entschieden genug geschützt zu haben.

Unterdessen kritisierten mehrere Mitglieder des Ausschusses die aus ihrer Sicht „schleppenden“ Zulieferung von Akten durch Sicherheitsbehörden und Verfassungsschutz.

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Der Ausschussvorsitzende Florian Dörstelmann (SPD) gab zu bedenken, dass der parallel laufende Prozess gegen die beiden Hauptbeschuldigten der Anschlagsserie „sicher keine günstigen Auswirkungen auf uns hat“ und es sein kann, „dass wir dadurch bestimmte Dokumente nicht sofort bekommen“.

In der kommenden Sitzung des Ausschusses am 16. September soll unter anderem Ferat Kocak, Abgeordneter der Linksfraktion und Betroffener der Anschlagsserie, angehört werden.

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