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Gekürzte Kronen im Berliner Schlosspark Schönhausen 2023.

© TU Berlin

Mehr als die Hälfte der Bäume geschädigt: Klimastress setzt auch Berliner Parks zu

Die Dürrejahre seit 2018 fordern ihren Tribut: Eine Untersuchung zeigt, dass Parkanlagen stark unter dem Klimawandel leiden, und fordert einen besseren Schutz des Kulturgutes.

Der deutsche Wald leidet, und die Parks ebenso: Nur 40 Prozent der Bäume in Parkanlagen sind gesund, besagt eine Studie, die die Technische Universität Berlin (TU) am Freitag vorstellte. Der Schlosspark Schönhausen in Pankow schnitt unterdurchschnittlich ab: „Im Park Schönhausen sehen wir hohe Schädigungsraten“, sagt Studienleiter Norbert Kühn. Gesunde Bäume gebe es gar keine, die Hälfte der Bäume sei mittel bis schwer, die andere Hälfte sehr schwer geschädigt. „Hier besteht wirklich erheblicher Handlungsbedarf.“

Im Schillerpark im Wedding sind dagegen noch 61 Prozent der Bäume gesund. „Hier hat man sehr viel in den letzten Jahren getan, auch von der Berliner Gartendenkmalpflege“, sagt Kühn. Die beiden Parks sind die einzigen Berliner Anlagen in der Studie. Im Park Sanssouci in Potsdam – der einzige untersuchte Park in Brandenburg – fanden die Forschenden etwa ein Drittel gesunde Bäume vor und einzelne Gebiete mit Problemen. Trotz der „gut funktionierenden Stiftung“ als Träger seien Schäden hier nicht aufzuhalten, sagt Kühn.

In Sanssouci gebe es „exponierte Bereiche, die besonderer Strahlung ausgesetzt sind, oder wo Tonlinsen im Boden sind“, erklärt Michael Rohde, Gartendirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und ebenfalls Professor an der TU. Als Hauptursache nennen die Forscher jedoch den Klimawandel: Dürre und Hitze setzten den Bäumen zu.

Die Pflanzen, die sich vor Ort etablieren, haben eine viel bessere Chance, resilient gegenüber Klimafaktoren zu sein.

Michael Rohde, Gartendirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten

Mit den regionalen Niederschlagsdaten korrelieren die Schäden zwar nicht eins zu eins. Doch südeuropäische Baumarten schlügen sich besser als einheimische Gehölze. Die Parks, die den Herrschenden nicht nur zum Spazieren, sondern häufig als Sammlung botanischer Raritäten dienten, sind heute Zentren der Diversität: In deutschen Parks gibt es 543 Arten, dabei sind hierzulande nur 92 Gehölze heimisch.

Zukünftig müssten verstärkt Baumarten gepflanzt werden, die sowieso im Zuge des Klimawandels nach Mitteleuropa vordringen würden, so die Forscher. Sinnvoll sei, eigene Baumschulen anzulegen, die zuvor oft aus Kostengründen abgeschafft wurden. „Die Pflanzen, die sich vor Ort etablieren, haben eine viel bessere Chance, resilient gegenüber Klimafaktoren zu sein“, sagt Rohde.

Abgestorbene Bäume im Schlosspark Schwetzingen im Frühjahr 2022.
Abgestorbene Bäume im Schlosspark Schwetzingen im Frühjahr 2022.

© TU Berlin

Schäden in ganz Deutschland

Der „Parkschadensbericht“, der noch nicht öffentlich vorliegt und die Daten von 62 meist historischen Parkanlagen aus 11 Bundesländern auswertete, zeichnet ein alarmierendes Bild. Es sind Astbrüche, Entwurzelungen von Einzelbäumen, aber auch ein Absterben von ganzen Baumgruppen dokumentiert. Von den 157.000 analysierten Bäume zeigen 59 Prozent Schäden. Ein Zehntel der Bäume gilt gar als „stark beeinträchtigt oder tot“. Finanziert hatte die aktuelle Studie die Deutsche Bundesstiftung Umwelt.

Am Schadensbild zeige sich, wie ernst man den Klimawandel nehmen müsse, doch die Probleme seien deutschlandweit lokal sehr unterschiedlich, sagt Kühn. So gibt es im Jenischpark Hamburg kaum gesunde Gehölze, der Park Pillnitz in Dresden dagegen erscheint ausgesprochen gesund, etwa 95 Prozent der Bäume dort geht es blendend.

Wir konnten eindeutig eine Verschlechterung der Situation bei den Bäumen in den vergangenen Jahren feststellen.

Norbert Kühn, Professor an der TU Berlin

Als Grundlage für die Arbeit dienten digitale Katasterdaten, die gesetzlich vorgeschrieben und für die Verkehrssicherheit der Parks notwendig sind. Eine digitale Datenpflege überfordere manche Verwaltungen, heißt es. So wären nicht alle historisch bedeutsamen Parkanlagen einbezogen worden. Mithilfe von Satellitenbildern verglich das Team zudem den Zustand in acht Parks vor und nach den Hitzejahren 2018 bis 2020. „Wir konnten eindeutig eine Verschlechterung der Situation bei den Bäumen in den vergangenen Jahren feststellen“, sagt Kühn. 

Historische Parks betten häufig fürstliche Prunkbauten in eine künstliche Landschaft ein.
Historische Parks betten häufig fürstliche Prunkbauten in eine künstliche Landschaft ein.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Mehr Geld gegen den Verlust von Kulturgut gefordert

Neben den Klimaveränderungen gäbe es weitere Gründe für die drastisch erscheinenden Zahlen, erklärt Kühn. So würden Gärten und Parks in den letzten Jahren verstärkt genutzt, etwa für Veranstaltungen, und innerstädtisch gern besucht. Für kommunale Träger eine schwierige Situation: „Nicht immer sind die Kapazitäten vom Amt da, um den Schäden entgegenzuwirken.“

„Die Gärten brauchen Hilfe, wir müssen sie fit machen“, sagt Gartendirektor Rohde. „Wie keine andere Kunstgattung sind sie von den Klimaauswirkungen betroffen.“ Dazu brauche es mehr personelle und finanzielle Unterstützung. Erst im Sommer stritt sich die Stiftung um die Finanzierung der Potsdamer Parks.

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