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Mitarbeitern freier Träger war im Dezember die Hauptstadtzulage versprochen worden. Jetzt zieht die Finanzverwaltung zurück.

© dpa/Friso Gentsch

„Massiver Vertrauensbruch“: Berliner Senat will nun doch keine Hauptstadtzulage für freie Träger zahlen

Auch Mitarbeitenden der freien Träger versprach der Senat einen Bonus von 150 Euro – nun sollen diese ausgenommen werden. Sogar innerhalb der Koalition gibt es daher „Gesprächsbedarf“.

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Diese Kehrtwende stößt auf Empörung: Noch im Dezember war Mitarbeitenden von freien Trägern die Hauptstadtzulage versprochen worden – nun sollen sie den Bonus doch nicht bekommen. Das geht aus einem Schreiben der Finanzverwaltung vom Freitag hervor, das dem Tagesspiegel vorliegt. Zuerst berichtete der RBB.

Staatssekretärin Tanja Mildenberger (parteilos, für CDU) informiert darin alle Bezirksbürgermeister und sämtliche Senatsverwaltungen über die Tarifeinigung vom 9. Dezember 2023. Demnach soll die bisher außertariflich gezahlte Hauptstadtzulage in Höhe von 150 Euro im Monat künftig Teil des Tarifvertrags werden.

Dies gelte für alle Landesbeschäftigten, schreibt Mildenberger. Jedoch seien „andere Zielgruppen, insbesondere das Personal der zuwendungsempfangenden und entgeltfinanzierten Träger“ von der Hauptstadtzulage explizit ausgenommen – also auch Mitarbeitende der Freien Träger. Diese sind etwa in vielen sozialen Bereichen wie Kitas oder Wohlfahrtsverbänden engagiert. Das Land Berlin hatte die Hauptstadtzulage im November 2020 eingeführt. Sie soll die Attraktivität des Landes Berlin als Arbeitgeber steigern, der in Konkurrenz zu vielen Bundesbehörden steht.

Mildenbergers Schreiben führte sogar im Senat zu Verwunderung. „Die Entscheidung der Senatsfinanzverwaltung am Freitag hat uns irritiert“, sagte Sozialstaatssekretär Aziz Bozkurz (SPD) am Sonntag dem Tagesspiegel. „Wir haben Gesprächsbedarf und wollen im Senat die Hintergründe für diese Entscheidung erfahren“, sagte er weiter. „Die Träger brauchen hier schnell Klarheit.“

Diakonie-Vorständin spricht von Vertrauensbruch

Andrea Asch, Vorständin der Diakonie Berlin-Brandenburg, reagierte mit großem Unmut auf die Neuigkeit. „Wir sind entsetzt“, sagte sie dem Tagesspiegel. „Die Ungleichbehandlung, die wir seit Jahren erleben, wird durch eine bewusste Entscheidung fortgesetzt.“ Es passe nicht zusammen, dass immer auf die Wichtigkeit der freien Träger, auch für den sozialen Zusammenhalt, verwiesen werde, dann aber solch eine Entscheidung getroffen werde.

Die Träger seien aktuell schon stark verunsichert und belastet, weil die Senatsverwaltungen die pauschalen Minderausgaben einsparen müssen, was auch Konsequenzen für die finanziellen Zuwendungen an die Träger hat. „In dieser Verunsicherung hätten wir uns gewünscht, dass mit der Auszahlung der Hauptstadtzulage eine kleine Erleichterung geschaffen wird. Das wäre eine gute Möglichkeit gewesen, uns zu zeigen: Wir meinen es ernst.“

Stattdessen gehe mit der Entscheidung nun die Botschaft einher, dass einem die Träger und ihre Mitarbeiter weniger wichtig seien, klagte Asch. Man fühle sich „getäuscht“. Damit gehe nun auch ein „Vertrauensverlust“ einher.

Lars Békési vom Verband der kleinen und mittelgroßen Kitaträger bezeichnet den Rückzieher im Gespräch mit dem Tagesspiegel als „mehr als frustrierend“. Finanzsenator Stefan Evers (CDU) spare an der falschen Stelle – der frühkindlichen Bildung. Er habe zudem ein Versprechen gebrochen. Enttäuscht sei er auch von Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU), die sich „offenbar nicht durchsetzen konnte“. Diese neuen Entwicklungen widersprächen der „bisher aufgebauten guten Zusammenarbeit“.

Im Dezember stand die Zusage

Erst am 27. Dezember hatte Sozialstaatssekretär Bozkurt in einer Antwort auf eine Parlamentsanfrage mitgeteilt, Mitarbeiter der freien Träger könnten in Zukunft genau wie die Landesbeschäftigten die Hauptstadtzulage über 150 Euro im Monat erhalten. Das bestätigte damals auf Anfrage die Finanzverwaltung. Der Tagesspiegel hatte die Auskunft daraufhin am 3. Januar öffentlich gemacht.

„Der Rückzieher bei der Berlinzulage für Beschäftigte der sozialen Träger ist ein massiver Vertrauensbruch“, sagte Stefan Ziller, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, dem Tagesspiegel. „Die Unsicherheit angesichts des Haushaltschaos mit kurzen Zuwendungsbescheiden ist schlimm genug. Jetzt auch noch das Anfang Januar gegebene Wort zu brechen, wird der Aufgabe einer Regierung in Berlin nicht gerecht.“

Diese Ungleichbehandlung signalisiere eine fehlende Wertschätzung, kritisierte Ziller. „Die Beschäftigten der freien Träger leisten einen unschätzbaren Beitrag zur Aufrechterhaltung unserer sozialen Infrastruktur in Berlin.“

Ähnlich äußerte sich der haushaltspolitische Sprecher der Linksfraktion, Steffen Zillich. „Die Entscheidung reiht sich in eine Politik ein, die Verunsicherung schafft“, sagte er. Man müsse genau das Gegenteil machen und sich mit den Trägern zusammensetzen und darüber beraten, „wie man auch in schwierigen Zeiten einen gemeinsamen Weg gehen kann“. Stattdessen sei die Absage ein Signal an die Träger, dass sie sich auf Zusagen nicht verlassen können. „Das ist eine Blaupause dafür, wie man es nicht machen sollte“, sagte Zillich.

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