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Polizeikräfte einer mobilen Einheit, die im Görlitzer Park patrouilliert, in der Hoffnung, den Drogenhandel im und um den Park einzudämmen.

© IMAGO/F. Anthea Schaap

Kokain und Crack in Berlin auf dem Vormarsch: Mehr als die Hälfte der Drogen-Polizeieinsätze wegen Cannabis

Etwas mehr als die Hälfte der drogenbedingten Polizeieinsätze ging 2023 auf den Besitz oder den Handel von Marihuana zurück.

Geht es bei einem Einsatz der Berliner Polizei um Drogen, dann spielt sehr wahrscheinlich Cannabis eine Rolle. Allein im vergangenen Jahr zählte die Polizei fast 9000 Verdachtsfälle, in deren Nachgang entweder der Besitz oder der Handel mit Cannabis angezeigt wurden. Das geht aus einer parlamentarischen Anfrage der Linke-Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg und Niklas Schenker hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. Zuerst hatte der RBB berichtet.

Statistisch geht damit mehr als die Hälfte aller durch Drogendelikte ausgelösten Polizeieinsätze auf Cannabis zurück – auch wenn die Anzahl mutmaßlicher Straftaten im Zusammenhang mit Handel und Schmuggel von Cannabis im Vergleich zu 2022 leicht gesunken ist. Dafür stieg die Summe der Einsätze im Zusammenhang mit den zuletzt deutlich stärker konsumierten Drogen Kokain und Crack. Sie machten im vergangenen Jahr gut 20 Prozent aller Einsätze im Zusammenhang mit Drogenkriminalität aus.

Dass der Kokain-Konsum zuletzt massiv angestiegen ist und sich inzwischen quer durch alle sozialen Schichten zieht, bestätigte Astrid Leicht, Vorsitzende des Drogenhilfevereins Fixpunkt, am Sonntag. „Wir haben Kokain in Massen in der Stadt, die Produktion und Verfügbarkeit ist einfach zu groß“, sagte Leicht bei einer von der Kreuzberger SPD veranstalteten Podiumsdiskussion zu Drogensucht und Obdachlosigkeit.

Die ‚Ohlauer365’ wird in eine ganzjährige Notunterkunft überführt.

Cansel Kiziltepe (SPD), Sozialsenatorin 

Leicht bezeichnete Kokain als „Gesellschaftsdroge“ und erklärte, die in regelmäßigen Abständen im Berliner Abwasser gemessenen Kokainrückstände sprächen eine deutliche Sprache. Eine Studie der Landessuchtbeauftragten zum in Teilen der Stadt zum Alltag gehörenden Crack-Konsum werde aktuell vorbereitet, hieß es auf dem Podium weiter.

Unterdessen hat Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) die Eröffnung der Obdachlosenunterkunft „Ohlauer 365“ garantiert. Der Haushaltstitel für das Projekt war zuletzt gesperrt worden – das eigentlich dafür eingestellte Geld durfte also zunächst nicht ausgegeben werden.

„Es stimmt nicht, dass die Mittel nicht freigegeben werden“, sagte Kiziltepe am Sonntag und ergänzte mit Blick auf einen Vor-Ort-Besuch des Senats aus dem Januar: „Das Projekt wird es geben, wie wir es vor Ort besprochen haben.“ Von einem Befreiungsschlag sprach Kiziltepe auf dem erwähnten Podium und stellte abschließend klar: „Die ‚Ohlauer365’ wird in eine ganzjährige Notunterkunft überführt.“

Die von Cansel Kiziltepe (SPD) geführte Sozialverwaltung hatte das Projekt „Ohlauer 365“ im Haushalt zunächst gesperrt.
Die von Cansel Kiziltepe (SPD) geführte Sozialverwaltung hatte das Projekt „Ohlauer 365“ im Haushalt zunächst gesperrt.

© dpa/Sebastian Gollnow

Kiziltepe, deren Verwaltung den entsprechenden Haushaltstitel mit Verweis auf Einsparvorgaben gesperrt hatte, begründete das Vorgehen mit der derzeit noch laufenden Prüfung eines Konzepts für die Einrichtung. „Die Prüfung des Konzeptes ist noch nicht abgeschlossen, aber die politische Entscheidung und der Wille sind da“, erklärte Kiziltepe auf Nachfrage der SPD-Abgeordneten Sevim Aydin.

Tagesspiegel-Informationen zufolge war das Konzept für den Betrieb der Einrichtung bereits im April 2023 vom zuständigen Träger, den Johannitern, erstellt und übermittelt worden. Warum die Prüfung Kiziltepes Angaben zufolge noch nicht abgeschlossen ist und die schriftliche Sperrung der Mittel mit Einsparvorgaben begründet wurde, blieb auch am Sonntag unklar.

Kiziltepe distanziert sich vom Zaun um den Görlitzer Park

Die Aufregung rund um das drohende Aus für die laut Plan ganzjährig geöffnete Notübernachtungsstätte für suchtkranke Obdachlose war deshalb groß, weil die Eröffnung eine der wichtigsten sozialen Maßnahmen des Anfang September abgehaltenen Sicherheitsgipfels war. Der vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) favorisierte Zaun um den Görlitzer Park kommt, während eine der wichtigsten sozialen Maßnahmen eingespart wird, lautete verkürzt die Kritik von Grünen und Linken. Auch in der SPD-Fraktion war der Unmut groß.

Diesen Bedenken schob Kiziltepe nun einen Riegel vor – und distanzierte sich zugleich von den Zaunbau-Plänen des Koalitionspartners. „Ich bin nicht der Überzeugung, dass soziale Probleme allein durch ordnungspolitische Maßnahmen in den Griff zu kriegen sind“, erklärte Kiziltepe. An dem Gipfel, auf dem der Zaunbau mit Unterstützung von Innensenatorin Iris Spranger (SPD) verabschiedet wurde, war Kiziltepe nicht beteiligt.

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