zum Hauptinhalt

Berlin: Fußballfrei an Schulen? Im Prinzip nein, aber...

Von Suzan Gülfirat Und Annette Kögel Die Berliner sind im Fußballfieber, und das gilt auch für die Schüler. Wenn morgen Deutschland und am Mittwoch die Türkei im Halbfinale spielen, wollen einige Schulleiter beide Augen zudrücken und früher Schluss machen.

Von Suzan Gülfirat

Und Annette Kögel

Die Berliner sind im Fußballfieber, und das gilt auch für die Schüler. Wenn morgen Deutschland und am Mittwoch die Türkei im Halbfinale spielen, wollen einige Schulleiter beide Augen zudrücken und früher Schluss machen. Offizielles Fußball-Schulfrei wird es aber nicht geben, hieß es aus dem Hause von Schulsenator Klaus Böger (SPD).

Die Deutschen spielen am morgigen Tag um 13. 30 Uhr, die Türken am Mittwoch um dieselbe Zeit. Auch viele junge Leute zieht es vor die Bildschirme – und, wie zuletzt die Türken, jubelnd auf die Autodächer. Viele Pädagogen zeigen sich verständnisvoll. „Mir soll jemand erklären, warum man nicht ein paar Tage vor den Ferien großzügiger sein soll“, sagt Karla Werkentin, Leiterin der Heinz-Brandt-Hauptschule, Weißensee. Jugendliche dürfen ausnahmsweise früher gehen, um den Anpfiff nicht zu verpassen. Frau Werkentin kennt ihre Pappenheimer: „Man muss fair sein, die Schüler würden sonst unentschuldigt fehlen.“ Ob in Berlin derzeit die „Schwänzer-Rate“ höher ist, war am Sonntag nicht zu erfahren. Ein Kollege habe seine Klasse mit hauptsächlich türkischen Schülern beim Spiel gegen Japan um 8.30 Uhr wohlwissend erst um 11 Uhr zum Unterricht bestellt. Am Dienstag um die gleiche Zeit haben Schüler des Steglitzer Willi-Graf-Gymnasiums ihren großen Auftritt. Nicht auf dem Rasen, sondern auf der Bühne. Das Stück geht bis 13 Uhr – der Applaus könnte spärlicher ausfallen als sonst.

Zustimmung findet die großzügige Umgangsweise mit dem Fußballfrei nicht an allen Schulen. Zwar stehen die Ferien vor der Tür, aber auch die Vergabe der Zeugnisse. Zensuren werden besprochen, Beurteilungen diskutiert, Klausuren geschrieben. Das ist wichtiger als Doppelpass und Freistoß, findet Jobst Werner, Leiter des Paulsen-Gymnasiums in Steglitz. „Wenn es einen Fernseher in der Schule gäbe, hätten die Schüler das Spiel schon sehen dürfen.“ Aber das Bezirksamt hat auch an seiner Schule TV-Geräte abgeschafft, um Gebühren zu sparen.

Fußball auf dem Stundenplan? Die Schulverwaltung zeigt sich tolerant. „Der Senator wird sicherlich nicht verordnen, Fußball zu gucken“, sagt Sprecherin Rita Hermanns. Solch eine Empfehlung halte sie für grundsätzlich falsch – aber die Schulen könnten vor Ort entscheiden. Vereinzelt wird bei der Unterrichtszeit zwar ein Auge zugedrückt, dafür gibt es aber mehr Hausarbeiten auf.

Ein Herz für die WM – und für Schüler hat auch Klaus–Dietrich Fiuczynski. „Aber natürlich können sie früher gehen. Wenn jemand einen tragbaren Fernseher mitbringt, habe ich auch nichts dagegen“, sagt der Leiter des Rückert-Gymnasiums in Schöneberg. Kein Wunder: Fiuczynski leitete lange eine Schule in Brasilien – und als Brasilien 1994 Italien vom Platz fegte, waren vorher die Schulen „längst dichtgemacht worden“.

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false