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Eines der Zimmer des achten Berliner Frauenhauses ist mit Möbeln und einem Spielbereich für Mutter und Kind eingerichtet.

© dpa/Soeren Stache

Für den Schutz vor häuslicher Gewalt: Neues Frauenhaus und Clearingstelle in Berlin eröffnet

Für Betroffene von häuslicher Gewalt gibt es in Berlin nun 40 weitere Plätze in einem Frauenhaus. Außerdem wurde eine neue Clearingstelle mit 15 Plätzen eingeweiht.

Berlin hat ein neues, achtes Frauenhaus – und erstmalig in Berlin eine Clearingstelle, an die Betroffene von häuslicher Gewalt und ihre Unterstützer:innen sich wenden können.

Am frühen Mittwochnachmittag wurden die jeweils von der AWO Berlin und der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen (BIG) betriebenen Projekte offiziell eröffnet; das neue Frauenhaus ist schon seit Ende August bewohnt. Ein Prestigeprojekt: Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne), Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) und Elke Büdenbender, Ehefrau des Bundespräsidenten, sprachen Grußworte.

40 Plätze bietet das Heidemarie-Fischer-Haus für Frauen, andersgeschlechtliche Personen und ihre Kinder, in 21 einladend eingerichteten Zimmern mit jeweils eigener Miniküche und Badezimmer. Die Clearingstelle hält 15 Plätze für kurzzeitige Aufenthalte vor.

Wo in Berlin sich die Einrichtungen befinden, muss geheim bleiben. Die neue Clearingstelle ist nur telefonisch über die BIG-Hotline erreichbar. Zu groß ist die Gefahr für die Menschen, die dort Zuflucht suchen – statistisch gesehen ist der Moment der Trennung vom gewalttätigen Partner der gefährlichste für Leib und Leben der Betroffenen.

Ein „Frauen*-Haus“ nannte Bundesministerin Paus die Einrichtung in ihrer Rede am Mittwoch – 60 Prozent der Finanzierung kommt aus ihrem Haus. Ganz bewusst steht die Unterkunft auch intergeschlechtlichen, nonbinären, trans oder Personen ohne Geschlecht zur Verfügung, denn auch diese Gruppen haben ein erhöhtes Risiko, zu Betroffenen von Partnerschaftsgewalt zu werden.

Um „Schutzkonflikte“ zu vermeiden – wenn etwa traumatisierte Frauen Angst vor männlich gelesenen Personen haben – ermögliche das neue Haus einen hohen Grad an Anonymität, lobte Paus. Durch die separaten Nasszellen und Küchen könnten Bewohner:innen, die das so wünschen, sich auch nur in ihren Zimmern aufhalten.

Doppelbelegungen, wie sie in manchen Frauenhäusern noch üblich sind, gebe es in der Einrichtung nicht, erklärte Karin Hautmann, Leiterin des Referats Anti-Gewalt in der Berliner Sozialverwaltung. Für Menschen mit mehr als drei Kindern gibt es in einigen Zimmern die Möglichkeit, durch Verbindungstüren größere Familienräume zu schaffen. Zwei der Einzelzimmer sind bisher rollstuhlgerecht, es sollen noch mehr werden.

Die Einrichtung der Clearingstelle ist Teil eines Maßnahmenpakets zur Verhinderung von Femiziden, das der vorige Berliner Senat vor gut einem Jahr beschlossen hatte. Femizide sind Tötungen von Frauen spezifisch durch ihre Partner, Ex-Partner oder andere Fälle, in denen Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet werden.

Die Clearingstelle wird von der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen (BIG) betrieben und ist für Kurzaufenthalte von maximal 14 Tagen gedacht. Sie soll sowohl erste Anlaufstelle zur Vermittlung in ein Frauenhaus sein als auch Zwischenstation für Frauen, die in ein Frauenhaus wollen, für die es aber noch keinen freien Platz gibt. Viel wichtiger allerdings: Sie ist auch als niedrigschwelliges Angebot gedacht für Frauen, die noch nicht sicher sind, ob sie in eine solche Einrichtung ziehen möchten.

Die Clearingstelle kann ausschließlich über eine Telefonhotline kontaktiert werden. Werden Frauen oder intergeschlechtliche, nonbinäre, trans oder Personen ohne Geschlecht dort angenommen, werden zunächst ihre konkrete Situation geklärt und ihre individuellen Handlungsmöglichkeiten besprochen. Außerdem bekommen sie bei Bedarf sofort Schutzmaßnahmen und medizinische Versorgung. Will die Person in ein Frauenhaus oder eine Zufluchtswohnung und es gibt freie Plätze, sollen sie direkt weitervermittelt werden.

Das Angebot ist kostenlos und steht Menschen jeder Nationalität offen, ungeachtet auch des Aufenthaltsstatus in Deutschland. Man muss allerdings volljährig sein; Söhne können bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres mit aufgenommen werden.

Laut Angaben der Senatsverwaltung für Soziales gibt es nun 477 Schutzplätze in Frauenhäusern inklusive denen im neuen Frauenhaus und der Clearingstelle sowie 30 Plätze in Frauen-Schutz-Wohnungen. Von verschiedenen freien Trägern werden außerdem Zufluchtswohnungen betrieben – das sind Gemeinschaftswohnungen, die sich als Alternative zu Frauenhäusern etabliert haben. Diese Strukturen bieten derzeit Platz für etwa 83 Frauen mit etwa 85 Kindern.

Weiterhin gibt es sogenannte Zweite-Stufe-Wohnungen, in denen Frauen nach einem Frauenhausaufenthalt unterkommen können. Dort werden sie weiterhin sozialarbeiterisch unterstützt, müssen die Mietkosten aber selbst tragen. Hier gibt es zur Zeit Plätze für etwa 51 Frauen und 51 Kinder.

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