zum Hauptinhalt
Lückenhaft ist die Finanzierung der Freien Schulen, beklagen die Träger.

© Philipp von Ditfurth/dpa

Vorwurf der finanziellen Benachteiligung: Freie Schulen ziehen gegen das Land Berlin vor Gericht

Wer eine nichtöffentliche Schule betreibt, bekommt vom Land nur einen Teil der Personalkosten erstattet. Aber auch dieser Anteil sinkt. Nun klagen die Schulen.

88 Freie Schulen haben das Land Berlin verklagt. Der Vorwurf lautet, dass die Senatsverwaltung für Bildung ihnen weniger Zuschüsse gezahlt habe, als ihnen zustehe. Die Evangelische Sekundarschule Neukölln soll die Musterklage führen.

In der Sache geht es darum, dass sich die Zuschüsse der Freien Schulen von den Personalausgaben der öffentlichen Schulen ableiten. Zuschüsse für ihre Gebäudeunterhaltung, Lehrmittel sowie Reinigung und Baukosten erhalten sie nicht.

Aber auch die Personalausgaben, die etwa zwei Drittel der Gesamtkosten ausmachen, werden nicht vollständig ersetzt, sondern nur zu 93 Prozent – und inzwischen auch das nicht, denn bei den öffentlichen Schulen kamen inzwischen Hunderte Stellen für Sozialarbeiter:innen, IT-Kräfte und Verwaltungsleiter:innen hinzu, ohne dass dies auf die Zuschüsse der Freien Schulen umgerechnet worden wären, die diese Ausgaben ebenfalls haben.

Somit fiel der Zuschuss auf weit unter die festgelegten 93 Prozent der „vergleichbaren Personalkosten“.

Torsten Wischnewski-Ruschin vom Paritätischen Wohlfahrtsverband (DPW) berichtete am Donnerstag, dass die AG der Freien Schulen diese weitere Schlechterstellung im Februar angemahnt hätten. Als dann im Sommer die Zuwendungsbescheide kamen, wurde ersichtlich, dass die genannten Berufsgruppen abermals nicht berücksichtigt worden waren. So kam es zu der Klage.

Die Bildungsverwaltung sieht sich im Recht: "Wir gehen davon aus, dass unsere Nichtberücksichtigung mit der Ersatzschulzuschuss-Verordnung im Einklang steht", teilte ein Sprecher mit. Nach Ansicht der Verwaltung müssen Personalkosten erst dann im Rahmen der Finanzierung der Freien Schulen berücksichtigt werden, "wenn auch alle öffentlichen Schulen entsprechendes Personal haben". Da eine flächendeckende Ausstattung geplant ist, werde es "perspektivisch auf jeden Fall auch für die Schulen in freier Trägerschaft berücksichtigt werden".

Prominent besetzte Diskussion am 19. September

Zur AG der Freien Schulen gehören neben dem DPW alle großen Träger, darunter die Evangelische Schulstiftung, das Erzbistum, der Waldorfschulverband und als Koordinator Andreas Wegener, der Vorsitzende des Berlin-Brandenburgischen Privatschulverbandes und langjähriger Geschäftsführer der Privaten Kantschulen. Gemeinsam präsentierten sie am Donnerstag das Programm des Tags der Freien Schulen. Der Tag findet am Sonntag den 19. September vor dem Deutschen Theater statt, dort gibt es von 13 bis 15 Uhr einen Bildungsmarkt und 15 bis 16.30 Uhr eine prominent besetzte Bildungsdebatte.

Zugesagt haben laut Privatschulverband die drei Spitzenkandidat:innen von Grünen, CDU und FDP, Bettina Jarasch, Kai Wegner und Sebastian Czaja, sowie für die SPD Fraktionschef Raed Saleh und für die Linke Bildungsexpertin Regina Kittler.

Weitere Infos unter: www.freie-schulen-berlin.de.

Das Fach Physik im Zentrum

In diesem Jahr steht das Fach Physik im Zentrum des Tags der Freien Schulen und mit ihm das Motto „Zurück in Zeit und Raum?“, das zugleich auf die Coronafolgen verweist sowie auf zwei weitere Probleme, die die Freien Schulen ansprachen.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Das Stichwort „Zeit“ bezieht sich auf die Wartefrist, innerhalb derer die Freien Träger kein Geld für das Personal von Neugründungen erhalten: Bislang gilt in Berlin eine der bundesweit ungünstigsten Regelungen, weil die Schulen bis zu fünf Jahre warten müssen. In dieser Zeit müssen sich die Träger mit Elternbeiträgen und Krediten über Wasser halten – eine Regelung, an der zuletzt eine kleine Schule in Treptow fast gescheitert wäre. SPD und Grüne wollten das im Rahmen einer grundlegenden Neuregelung der Privatschulfinanzierung ändern, was aber kürzlich scheiterte.

Beim Aspekt „Raum“ geht es darum, dass die Freien Schulen nach wie vor nicht am Schulbauprogramm beteiligt werden, mithin keinen Beitrag zur Bekämpfung des Schulraummangels leisten können, obwohl sie schon 2019 angeboten hatten, 3000 Plätze bis 2025 zu schaffen.

Im Deutschen Theater stellte die AG der Freien Schulen ihre Pläne und Forderungen zum Tag der Freien Schulen (19.9.) vor.

© Susanne Vieth-Entus

Das sind die Forderungen der Freien Schulen

Die Privatschulfinanzierung soll seit 15 Jahren reformiert werden - ein Vorsatz, der auch in den letzten Koalitionsvereinbarungen immer wieder auftauchte. Zuletzt versuchten die Regierungsfraktionen einige Probleme anzugehen wie die geringen Inklusionszuschüsse und die fehlende Unterstützung des Landes bei der Aufnahme sozial benachteiligter Kinder durch die freien Schulen. Da auch dieser Versuch vor zwei Wochen scheiterte, tauchen die entsprechenden Forderungen von 2020 abermals auf.

  • Zugang für einkommensschwache Familien verbessern, indem das Land für Schüler:innen mit einem Berlinpass an Schulen in freier Trägerschaft eine Ausgleichszahlung in Höhe von 100 Euro je Monat zahlt, um den entgangenen Elternbeitrag zu ersetzen.
  • Beteiligung des Landes an den Inklusionskosten, weil das Land Berlin den Schulen in freier Trägerschaft keine gesonderten Zuschüsse für Schüler:innen mit sonderpädagogischen Förderbedarfen erstattet
  • Die bestehenden Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungs- und Unterstützungszentren (SIBUZ) sollen so ausgestattet werden, dass der Zugang für die Schulen in freier Trägerschaft ohne Bearbeitungsverzug möglich wird. Andernfalls sollte ein SIBUZ in freier Trägerschaft eingerichtet und vom Land finanziert werden
  • Teilhabe der Schulen in freier Trägerschaft an allen Landes-Förderprogrammen für die Berliner Schulen: Bisher, so beklagt die AG, sind sie aus Zusatzprogramme wie etwa Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen, Profivereine in Schulen, Förderprogramme für Begabte, Antigewalttrainings, Demokratieförderung, die LernBrücke, die Sommerschule ausgeschlossen
  • Forderung nach gleichberechtigter Finanzierung der Lehr- und Lernmittel
  • Unterstützung von Schulplatzausbau und Sanierung von Schulgebäuden.
  • Rücknahme der 2002 erfolgten Kürzung der Zuschüsse von 97 auf 93 Prozent der vergleichbaren Personalkosten der öffentlichen Schulen
  • Wartefrist“ bis zur Bezuschussung von fünf auf zwei Jahre verkürzen und anschließend einen Teil der Kosten, die in dieser Zeit aufgelaufen sind, erstatten
  • Freier Zugang zu den öffentlichen Fort- und Weiterbildungen für Lehrkräfte der freien Schulen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false