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Serratia marcescens, der Keim, der in der Charité gefunden wurde, in eine Petri-Schale gezüchtet.

© dpa

Eltern berichten von ihren Eindrücken in der Charité: „Es gibt keine keimfreie Welt“

Die Charité steht im Zentrum eines Hygieneskandals. Ein Säugling von der Frühchen-Station ist bereits gestorben. Die Angst geht um unter den Eltern im Virchow-Klinikum der Charité im Wedding. Aber sie haben auch Gutes zu berichten.

Behutsam trägt Mustafa Safak seine Lara in einer Babyschale durch das Virchow-Klinikum der Charité in Wedding. Er lässt die weißen, stickigen Flure hinter sich und tritt hinaus in die frische Luft. „Natürlich haben wir uns Gedanken gemacht“, sagt Safak und blickt mit seiner Frau Ayfer an der aus weißem Blech und Glas geformten Fassade empor. Hier hat ein Säugling sein Leben verloren.

Wenige Minuten vor der eigenen Entbindung hätten die Safaks von dem Keimausbruch erfahren. „Von da an habe ich aufgepasst“, sagt die junge Mutter. Bei jedem Handgriff hätten sich Ärzte und Helfer desinfiziert.

Der Tod eines mit Keimen infizierten Babys hat zahlreiche werdende und gerade gewordene Eltern im Virchow-Klinikum beunruhigt. Sie werfen nun einen genaueren Blick auf die hygienischen Zustände in den Stationen. Doch schon auf den Fluren ist zu sehen, wie sich Krankheitsüberträger ihren Weg ins Haus bahnen: Fußabtreter sind platt getrampelt. Herbstlaub findet sich in allen Etagen. Menschen schnauben in ihr Taschentuch und drücken dann den Knopf im Aufzug.

„Deshalb ist Desinfektion in der Frühchenstation wichtig“, sagt eine junge Mutter. Vor fünf Monaten habe sie ihren Sohn in Wedding zur Welt gebracht, an diesem Montag ist sie zur Nachsorge gekommen. Sie habe nie beobachtet, dass Ärzte oder Helfer nachlässig waren. Selbst Besucher seien auf die Desinfektionsmittelspender aufmerksam gemacht worden.

„Man hört, dass die Schwestern immer den Spender vor der Tür benutzen“, erzählt auch Melanie Fleder. Die Mutter zieht vor der Tür des Hauses kurz an ihrer Zigarette. Zwei Monate habe sie im Klinikum auf die Geburt ihres Julian-Maximilian warten müssen. Sauber war es immer.

Auch Stefanie Kühnl hat einen guten Eindruck. Sie ist mit Sohn Vinzenz im Klinikum, er muss über eine Sonde ernährt werden. „Deshalb sind wir vorsichtig, was die Hygiene angeht.“ Einmal am Tag komme der Reinigungsdienst. „Es gibt aber keine keimfreie Welt“, sagt sie.

Das sehen auch Daniela und Martin Bussick so. Die Eltern von Zwillingen können nur Gutes von der Frühchenstation der Charité berichten. Sie haben ihre Söhne Emil und Amon allerdings in Mitte zur Welt gebracht, sind aber regelmäßig in Wedding zur Nachsorge. „Die Ärzte und Pfleger sind konzentriert, fokussiert und machen einen guten Job“, sagt der Familienvater.

Die Hygieneregeln seien streng. Nur Geschwisterkinder oder nahe Verwandte dürften zu Besuch kommen. „Man kann nicht jedes Risiko auf null fahren“, sagt Daniela Bussick. Den eigenen Kindern nur noch mit Mundschutz und Handschuhen zu begegnen, das wolle sie nicht. „Man möchte sie spüren und nah bei sich haben.“

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