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Löschroboter der Feuerwehr aus Vechta kamen bei Feuer in Grunewald zum Einsatz.

© picture alliance/dpa

Ein Jahr nach dem Brand in Grunewald: Warum braucht Berlin jetzt einen teuren Löschroboter?

Als es im August 2022 im Grunewald brannte, halfen andere Bundesländer mit Löschrobotern. Für eine halbe Million Euro will Berlin jetzt eigene. Es gibt wichtigeres, meint die Gewerkschaft.

Als es vor einem Jahr nach einer Explosion auf dem Sprengplatz der Polizei in Grunewald tagelang brannte, kamen auch Löschroboter aus Brandenburg und Niedersachsen zum Einsatz. Für die Berliner Feuerwehr war es zu gefährlich, Einsatzkräfte ins Dickicht zu schicken. 231.331,24 Euro sind dem Land Berlin dafür in Rechnung gestellt worden. Nun soll die Feuerwehr selbst Löschroboter bekommen. Von Kosten in Höhe von einer halben Million Euro ist die Rede, in der Mitteilung des Senats zum beschlossenen Doppelhaushalt hieß es „Spezialgerät wie Löschroboter 500.000 Euro.“

Der Brand im Grundwald war laut Feuerwehrführung der größte Einsatz seit dem Zweiten Weltkrieg, ein Ereignis, das äußerst selten vorkommt. Dennoch soll die Feuerwehr mit Robotern ausgestattet werden. Doch wozu eigentlich, wenn derlei Großbrände kaum vorkommen? Kann Berlin dann nicht einfach wieder Technik aus anderen Bundesländern anfordern?

Eine Sprecherin der Senatsinnenverwaltung spricht von „bestehenden Fähigkeitslücken der Berliner Feuerwehr“ etwa bei Bränden von Vegetation, Tiefgaragen- und Industriehallen. „Die Anforderung aus anderen Bundesländern ist im laufenden Tagesgeschäft nicht zielführend“, sagte sie. Die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft Berlin-Brandenburg (DFeuG) ist skeptisch und hält den Roboterkauf für eine Entscheidung aus Eitelkeit.

231.331,24 Euro
kostete der Einsatz der Löschroboter aus Brandenburg und Niedersachsen dem Land Berlin.

Laut Innenverwaltung soll ein neuer Roboter hochgefährliche Areale erkunden, die von Einsatzkräften wegen Explosions- oder Einsturzgefahr nicht betreten werden könnten. Auch könne der Roboter mit einem ferngesteuerten Wasser- und Schaumwerfer Feuer löschen, ein ferngesteuerter Roboterarm könne bei Sprengstoffen oder Gift zum Einsatz kommen.

Hilfe aus Niedersachsen: Löschroboter der Feuerwehr aus Vechta stehen in der Nähe der Brandstelle bereit.
Hilfe aus Niedersachsen: Löschroboter der Feuerwehr aus Vechta halten beim Brand in Grunewald.

© dpa/Christophe Gateau

Ferner könne der Roboter Gefahrstoffe messen und die Daten an die Einsatzleitung senden. Er könne auch in Tunneln oder Tiefgaragen zum Einsatz kommen und dort etwa Elektrofahrzeuge herausziehen. Der Roboter solle also nicht nur im Fall eines Brandes wie in Grunewald eingesetzt werden, hieß es.

Doch beim Brand in Grunewald hatte die Feuerwehr keine Probleme, die Technik zu bekommen. Die Löschroboter aus dem brandenburgischen Falkensee gleich hinter der Landesgrenze und von der Kreisfeuerwehr Vechta in Niedersachsen seien „aktiv der Berliner Feuerwehr angeboten“ worden. Die Feuerwehr musste nur noch formell das Amtshilfeersuchen aktivieren.

Die Polizei half beim Löschen in Grunewald.

© dpa/Fabian Sommer

Welche Folgekosten nach dem Kauf eines Löschroboters auf die Berliner Feuerwehr etwa für den Unterhalt zukommen, weiß die Behörde noch nicht. Das sei davon abhängig, welches Gerät beschafft wird, sagte die Sprecherin der Innenverwaltung. Die Anforderungen an ein Gerät müssten für das Vergabeverfahren noch festgelegt werden. Es sei davon auszugehen, dass in den ersten Jahren nach dem Kauf „allenfalls Wartungskosten anfallen“. Betreut werden soll der Roboter von den bereits vorhandenen Drohnenteams.

Eine halbe Million für eine Roboter – aber kein Geld für die Personallücke?

Wie viele reguläre Mitarbeiter mit den Kosten für die Roboter finanziert werden könnten, konnte die Innenverwaltung nicht sagen. „Dieser Vergleich ist derzeit nicht möglich, da noch nicht feststeht, was ein solches Gerät kosten wird“, erklärte sie. „Bei der Berechnung müsste außerdem die Entlastung der Einsatzkräfte miteinbezogen werden.“

Fest steht jedoch, dass der Landesrechnungshof 2022 einen Mangel von 1000 Mitarbeitern bei der Feuerwehr festgestellt hat. Doch im Entwurf des Senats für den Doppelhaushalt 2024/25 sind laut Innenverwaltung vorerst nur 66 neue Stellen vorgesehen. Dabei hatte die Feuerwehr einen Mehrbedarf von 700 Stellen beim Senat angemeldet.

Das alles wirkt wie typische Berliner Eitelkeit – sich Dinge zu kaufen, die man nicht braucht, vom Geld, was man nicht hat, um Leute zu beeindrucken, nur weil man Hauptstadt ist.

Manuel Barth, Sprecher der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft.

Die Innenverwaltung hält es dennoch gerechtfertigt, einen teuren Roboter anzuschaffen. Der können in „hochkomplexen oder gefährlichen Einsatzlagen“ die Gefahr für die Einsatzkräfte deutlich senken und sie entlasten. Angesichts der möglichen Fälle für den Einsatz eines Roboters sei ein „regelmäßiger Einsatz“ erwartbar, daher sei der Kauf verhältnismäßig. Komplexe Technik müsse auch für seltene Einsatzlagen bereitgehalten werden.

Roboter laut Innenverwaltung zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrages erforderlich

„Das Gebot der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit ist kein Ausschlussgrund für die Beschaffung von Spezialtechnik, die selten zum Einsatz kommt, allerdings zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrages erforderlich ist“, sagte die Sprecherin. Der Vorgabe der Sparsamkeit werde bei der Berechnung des Bedarfes und der Festlegung der Anzahl der Geräte Rechnung getragen. 

Die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft zeigt sich skeptisch. „Wer wünscht sich keinen Löschroboter? Mit Sicherheit handelt es sich um einen Teil der Zukunft in der Brandbekämpfung“, sagte deren Sprecher Manuel Barth.

Manuel Barth ist Landesvizechef der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft Berlin-Brandenburg, Personalrat und hat jahrelang in der Leitstelle Notrufe bearbeitet.

© Alexander Fröhlich

„Die Frage ist doch aber, ob die Berliner Feuerwehr sich das aktuell leisten kann oder soll – und ob es nicht wichtigere Dinge gäbe, die wegen fehlender Mittel nach hinten gestellt werden.“ Es mache ihn nachdenklich, wenn die Ausleihe der Löschroboter für den Brand in Grunewald eine viertel, der Neukauf aber eine halbe Million Euro koste.

„Aktuell kränkelt die Berliner Feuerwehr an vielen Stellen. Ob marode Immobilien, fehlende Rettungsdienstkleidung oder auch die völlig veraltete Atemschutzüberwachung, für die es keine Ersatzteile mehr gibt“, sagte Barth.

„Bei der Atemschutzüberwachung geht es um echten Mitarbeiterschutz. Die Basics müssen passen.“ Wegen fehlender Gelder werde der Atemschutz jetzt wieder mit Papier, Bleistift und einer Armbanduhr überwacht. Barth kommentiert: „Das alles wirkt wie typische Berliner Eitelkeit – sich Dinge zu kaufen, die man nicht braucht, vom Geld, was man nicht hat, um Leute zu beeindrucken, nur weil man Hauptstadt ist.“

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