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Berlin arbeitet daran, die Sauberkeit in den Schulen zu verbessern.

© dpa/Annette Riedl

„Eigentlich müsste man jeden Tag wischen“: Berlin plant neue Standards für saubere Schulen

Schmutzige Böden, stinkende Toiletten: An vielen Berliner Schulen hapert es mit der Sauberkeit. Neue Standards und Kontrollmöglichkeiten sollen für Besserung sorgen.

Von Anja Sokolow, dpa

Die Klassenräume an der Grundstufe der Zehlendorfer Anna-Essinger-Gemeinschaftsschule werden jeden Tag grob gefegt. Laut Plan sollen sie auch dreimal die Woche gewischt werden. Dennoch: Zwischen den Tischen bilden sich Schmutzrinnen, weil sie zum Putzen nicht beiseitegeschoben werden.

„Wo der Dreck sich sammelt, wird einfach gar nicht sauber gemacht. Die Reinigung ist absolut unzureichend“, sagt die Leiterin Franziska Strzelecki. „Eigentlich müsste man jeden Tag wischen.“ Doch die Putzfirma habe nicht die Zeit für eine gründliche Reinigung.

Mit ihrer Kritik steht die Grundstufenleiterin nicht allein da. Seit Jahren ist das Thema Schulreinigung ein Dauerbrenner in Berlin. „Dass Schulen ungenügend und zu schlechten Arbeitsbedingungen gereinigt werden, ist in praktisch allen zwölf Berliner Bezirken der Fall“, heißt es vom Bündnis „Schule in Not“.

„Es ist besser geworden durch die Tagesreinigung seit 2020. Aber der Knoten ist bis jetzt nicht geplatzt“, sagt die Linken-Abgeordnete Hendrikje Klein, die sich seit Jahren mit dem Thema beschäftigt. „Es gibt immer noch Schwierigkeiten, egal mit welchem Schulleiter ich spreche.“

Übernutzung und ungenügende Reinigung

Torsten Kühne (CDU), Staatssekretär für Schulbau und Schuldigitalisierung, nennt die Tagesreinigung einen „Meilenstein“: Damit habe Berlin einen entscheidenden Schritt nach vorn gemacht.

Bei der Tagesreinigung säubert das Personal die Schulen auch im laufenden Betrieb, Toiletten und andere stark genutzte Bereiche wie Treppenhäuser können häufiger gereinigt werden. Auch der psychologische Aspekt sei nicht zu vernachlässigen: „Plötzlich sehen die Kinder, dass da ein Mensch arbeitet, der meinen Dreck wegräumen muss“, so Kühne.

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Doch auch er sieht noch Probleme, wenn auch nicht mehr so dramatisch wie noch vor einigen Jahren. „Es sind mehr Kinder in den meisten Schulen als noch vor einigen Jahren“, sagt Kühne. „Diese gestiegene Nutzung, ja Übernutzung, macht sich beim Grad der Verschmutzung bemerkbar.“

Ein weiteres Thema: Schulgebäude in schlechtem baulichem Zustand. „Gerade im Sanitärbereich, da können Sie putzen, wie Sie wollen“, so Kühne. Aber auch ungenügende Leistungen der Reinigungsfirmen seien mitunter ein Problem. Auch hier fehlten wie in vielen Berufsfeldern Fachkräfte. Und schließlich sorgten auch Schüler selbst dafür, dass insbesondere Toiletten unbenutzbar seien.

Kühne und andere Vertreter aus Politik und Verwaltung arbeiten seit 2022 in der „Arbeitsgemeinschaft Schulreinigung“ daran, den gegenwärtigen Zustand zu erheben und einheitliche Standards für die Reinigung zu entwickeln. „Wir sind auf der Zielgeraden. Im ersten Halbjahr 2024 möchten wir erste Ergebnisse vorlegen“, sagt Kühne. „Wir werden allerdings keinem Bezirk vorschreiben können, dass die neuen Kriterien auch angewendet werden müssen, aber dafür soll eine Zielvereinbarung abgeschlossen werden“, räumt er ein.

Einheitliches Leistungsverzeichnis für ganz Berlin geplant

Die Initiatoren von „Schule in Not“ setzen sich seit Jahren dafür ein, dass die Schulreinigung wieder in kommunale Hände übergeben wird. Dadurch erhoffen sie sich eine Verbesserung.

Die Frage der Rekommunalisierung ist laut Kühne nicht Bestandteil der AG Schulreinigung. Zunächst gehe es darum, einheitliche Qualitätsstandards und ein Muster-Leistungsverzeichnis für die Schulreinigung in ganz Berlin zu entwickeln, denn derzeit sähen die Leistungskataloge und Ansprüche in jedem Bezirk anders aus. „Erst auf dieser Basis kann man eine seriöse Kostenschätzung für unterschiedliche Modelle erarbeiten“, so Kühne.

Den Ansatz, berlinweite Standards für die Ausschreibungen und damit Leistungen zu etablieren, habe es schon vor ein paar Jahren gegeben, sagt der Vorsitzende des Landeselternausschusses, Norman Heise. Dieser sei gescheitert, weil keine Einigung zustande kam. „Wenn es diesmal besser gemacht wird und mehr als ein "Minimal-Konsens" herauskommt, ist das aus unserer Sicht zu begrüßen“, so Heise.

Digitale Geräte für Hausmeister

Neben neuen Qualitätsstandards soll es laut Kühne künftig auch bessere Kontroll-Möglichkeiten geben. Die Hausmeister in den Schulen sollen digitale Endgeräte bekommen, um damit Mängel und Probleme gut festhalten zu können. „Nur, wenn man eine ordentliche Dokumentation hat, kann man auch an die Firmen herantreten“, so Kühne.

Momentan laufe außerdem eine repräsentative Online-Befragung an allen öffentlichen Berliner Schulen zur Zufriedenheit mit der Reinigungsqualität. 100 000 Schüler, Lehrer und Eltern können sich dort äußern. Diese Größenordnung sei neu, sagt Kühne.

Frisch gefegt.
Frisch gefegt.

© Kitty Kleist-Heinrich TSP

Und die Umfrage solle künftig regelmäßig wiederholt werden. „So wollen wir sehen: Verbessern wir uns? Verschlechtern wir uns? Wie sieht es regional aus?“. Schulleiterin Strzelecki begrüßt das: „Auf jeden Fall haben sie mal gefragt, auch die Kinder, das ist schon mal gut“.

Die Ausgaben für die Schulreinigung an den öffentlichen Schulen sind laut Kühne in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Waren es 2019 noch rund 60 Millionen Euro, lag die Summe 2023 bei knapp 83 Millionen Euro. Für die Tagesreinigung wurden elf Millionen Euro ausgegeben.

Laut Kühne steht den Bezirken das Geld dafür zwar auch weiterhin zur Verfügung, ist aber seit dem vergangenen Jahr nicht mehr zweckgebunden. Es bestehe also die „abstrakte Gefahr“, dass hier gespart werde.

Alle paar Wochen stauben die Eltern ab

An der Zehlendorfer Grundschule sind laut Leiterin Strzelecki zwei Stunden für die Tagesreinigung vorgesehen. Diese werde aber nicht vormittags durchgeführt, sondern nachmittags oder abends dazugerechnet, sodass mehr Zeit für eine gründliche Reinigung, besonders der Toiletten, bleibe. Für die Schüler sei die Schulreinigung wie ein „Zauber“, der immer dann geschehe, wenn sie abwesend seien.

Schüler und Eltern helfen allerdings auch selbst mit: Alle sechs Wochen kommen Eltern, um die Arbeitsmaterialien in den Klassenräumen zu entstauben. Das viele Material, das an der Montessori-Schule benötigt werde, könne von den Reinigungskräften nicht auch noch gesäubert werden, erklärt die Direktorin.

Bei Bedarf greifen die Erwachsenen dann auch zu Besen und Wischlappen, um die Klassenräume gründlich zu reinigen. Auch die größeren Schüler helfen beim sogenannten Innendienst und „Beauty Service“ regelmäßig, die Räume und Flure sauber zu halten.

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