Bodycams und Taser: Experten im Berliner Abgeordnetenhaus haben Zweifel
Der Einsatz von Tasern, die geplante Ausweitung von Bodycams und die Verlängerung des Präventivgewahrsams stoßen auf erhebliche Bedenken. Das schwarz-rote Sicherheitspaket bleibt umstritten und bedarf weiterer Präzisierungen.
Taser, Bodycam, Präventivgewahrsam – bei der Anhörung im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses zum Sicherheitspaket der schwarz-roten Koalition haben Experten am Montag massive Zweifel und Nachbesserungsbedarf an der Gesetzesnovelle angemeldet. Mit der ersten Novelle des Sicherheitsgesetzes wollen CDU und SPD zentrale Versprechen in der Innenpolitik noch in diesem Jahr umsetzen, eine weitere Novelle ist geplant.
Kritik an Tasern
Hartmut Aden, Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Recht, sprach von „weitreichenden Risiken und Nebenwirkungen“ im Gesetzentwurf. Zwar sei der Einsatz von Tasern „grundsätzlich sinnvoll“, es fehlten jedoch präzise Regeln, die Vorschläge seien „mit einigen Fragezeichen verbunden“. Bei dynamischen Einsätzen könnten Beamte nur schwer entscheiden, ob sie den Taser einsetzen dürfen.
Thomas Feltes, emeritierter Professor für Kriminologie und Polizeiwissenschaft aus Bochum, warnte davor, den Einsatz von Elektroschockern ausweiten und sie als „ungefährlichen Ersatz für die Schusswaffe“ zu verharmlosen. Gerade bei Einsätzen mit psychisch Kranken sei dies kontraproduktiv. In den vergangenen vier Jahren habe es in Deutschland infolge von Tasereinsätzen sieben Todesfälle gegeben. Nur bei der Hälfte der Einsätze wirke der Taser. Es müsse dafür Sorge getragen werden, dass Taser nur extrem restriktiv eingesetzt werden dürfen. „Der Taser kann töten.“
Einsatz von Bodycams
Schwarz-Rot will den Einsatz von Bodycams massiv ausweiten und auch Polizei und Rettern in Wohnungen erlauben – zum Schutz der Beamten vor Angriffen. Die Datenschutzbeauftragte Meike Kamp sagte, dass die geplanten Regelungen zur Nutzung der Videos für die Strafverfolgung verfassungswidrig seien. Denn dafür sehe das Grundgesetz wegen der Unverletzlichkeit der Wohnung einen Richterbeschluss vor.
Auch Aden mahnte, im Gesetzesvorschlag sei einiges „noch ein bisschen unausgegoren“. Ungeklärt sei etwa, warum auch die Ordnungsämter Bodycams bekommen sollen und ob dies wirklich das Gewaltpotenzial senkt. Aden wie auch Feltes regten an, dass Beamte jedes Mal Bürger darauf hinweisen sollten, dass sie den Einsatz der Bodycams verlangen können. Die Datenschutzbeauftragte sieht bei Bodycams für Feuerwehr und Rettungsdienst zudem Patientenrechte berührt.
Längerer Gewahrsam
Unter Rot-Grün-Rot war der Präventivgewahrsam von vier Tagen auf zwei verkürzt worden, faktisch sind es jedoch maximal 24 Stunden. Schwarz-Rot will das auf maximal sieben Tage bei Terrorgefahr und fünf Tage bei schweren Straftaten wie häuslicher Gewalt verlängern. Damit bliebe Berlin im Vergleich der Bundesländer immer noch am unteren Ende der Skala.
„Für mich ist das ein Gesetz, das ausschließlich auf die Klima-Kleber abzielt“, sagte Feltes. Aden erklärte, dass der Gesetzesvorschlag wegen des schweren Grundrechtseingriffes präzisiert werden müsse, er verwies auf „weitreichende soziale, auch berufliche Folgen“ eines Gewahrsams.
Von den vier Experten verteidigte einer die Koalitionspläne: der frühere Chefjustiziar der Polizei, der Rechtsanwalt Oliver Tölle. Die neuen Gesetzesregeln „halte ich dem Grunde nach für richtig, aber für nicht zureichend“. Erst einmal sei die Neuregelung allerdings ein „ganz beachtlicher Schritt“. Es sei wichtig, „dass wir uns in diesem Hexenkessel mal endlich davon verabschieden, immer die rote Laterne mit unserem Polizeigesetz in der Hand zu halten“.
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