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© No Ju-han/Netflix/Berlinale

Tag 5 bei der Berlinale: Blut, das an kahle Wände spritzt

In vielen Filmen fehlen die Möbel. Gut, dass unser Autor nicht nur Dauergast im Kino ist, sondern auch im Baumarkt.

Eine Kolumne von Robert Ide

Wie kann man so bekloppt sein, während der Berlinale sein Wohnzimmer zu renovieren? Naja, zu meiner Verteidigung muss ich sagen: Das war anders geplant. Ich hatte rechtzeitig im Baumarkt einen großen Eimer Farbe anmischen lassen – ein helles Blau, das ins Lila geht.

Damit ich am Ende nicht zu wenig habe (ist mir vorher im Schlafzimmer passiert), nahm ich noch einen kleinen vorgemischten Eimer von der gleichen Sorte dazu. Am Morgen der Berlinale-Eröffnung wusch ich die Pinsel aus und dachte: Jetzt kann der Handwerker mal raus ins Glamour-Leben! Die Farbe heißt: Stiller Moment. Sie bescherte mir das Gegenteil.

Freiheit in verschiedenen Farben

Erstaunlich, wie die Zimmer in Filmen eingerichtet sind. Es gibt fast immer eine Einbauküche mit glatt polierter Kochinsel. Die meisten Wohnungen haben weder Schränke noch Regale, beim Kino sparen sie wohl überall.

In der südkoreanischen Splatter-Komödie „Kill Boksoon“ spritzt das Blut permanent an kahle Wände. Samurai-Messer und abgetrennte Köpfe fallen auf Tische, auf denen keine Tasse steht.

In dem Film über eine alleinerziehende Auftragskillerin werden mindestens 50 Menschen gemeuchelt. Möbel gehen kaum kaputt.

„Drei Farben Blau“ mit Juliette Binoche ist eine Ikone des Autorenfilms: Er zeigt die Sehnsucht nach Freiheit in ganz unterschiedlichen Farbtönen.

Dummerweise sieht mein Wohnzimmer nach dem Trocknen der Farbe genauso aus: dunkles Blau vom großen Eimer, helles Blau vom kleinen Eimer und altes Blau an einer Stelle, die ich beim Überstreichen übersehen hatte.

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Kurz vor einer Filmpremiere haste ich zum Baumarkt, stelle den Farbverkäufer zur Rede: Sie haben doch gesagt, in den Eimern sei die gleiche Farbe. Er gibt mir zwei neue Eimer mit: „Das Beste ist: vorher mischen und alles nochmal machen.“ Mein Gesicht wird zornig-blau.

Welche Farbe hat die Berlinale? Viele hier tragen schwarz, warum auch immer das festlich sein soll. Die Filme immerhin sind so bunt wie die Welt. Die Guten – etwa das Nachwendedrama „Irgendwann werden wir uns alles erzählen“ – haben viele Töne und werfen einen bleibenden Schatten. So wie das Blau an meiner Wand. Ich lass das jetzt so.

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