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Das Gebäude in der Hasenheide 47 steht seit 2021 leer. Die letzten drei Mieter wollen in ihre Wohnungen zurück. Der Hinterhof ist vermüllt.

© Corinna von Bodisco

Wirtschaftsstrafgesetz gegen Leerstand?: Bezirk will rechtlich gegen „Problemimmobilien“ vorgehen

Gegen Leerstand durch verschleppte Baumaßnahmen scheinen Ämter machtlos. Jetzt will Friedrichshain-Kreuzberg das „Fristensurfen“ als Ordnungswidrigkeit ahnden und so Präzedenzfälle schaffen.

Nach einem Brand im Februar 2020 stehen in der Graefestraße 13 in Berlin-Kreuzberg viele Wohnungen leer. Nicht weit entfernt stehen auch in der Hasenheide 47 seit zwei Jahren etwa 25 Wohnungen leer. Dagegen will das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg nun rechtlich vorgehen – mit dem Wirtschaftsstrafgesetz. Dieses würde allerdings das erste Mal auf solche Fälle angewandt.

In beiden Fällen gebe es wenig oder keinen Fortschritt der notwendigen Baumaßnahmen, die den Mieter:innen eine Rückkehr ermöglichen würden. Das Bezirksamt spricht von einem Verdacht auf sogenanntes „Fristensurfen“. Das bedeutet, dass Absichten zu Baumaßnahmen immer wieder formell erklärt und fristgerecht vorgelegt, die Maßnahmen selbst aber nie durchgeführt werden.

„Leerstand wird so künstlich erhalten, um in einem absehbaren Zeitraum die Wohnungen renditenorientiert zu veräußern“, heißt es in einer Mitteilung der Grünen-Fraktion. Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) kündigte in der jüngsten Bezirksverordnetenversammlung an, zwei Verfahren gegen die Verdrängung aus sogenannten „Problemimmobilien“ von Mieter:innen zu prüfen.

Dafür soll zum ersten Mal Paragraf 6 des Wirtschaftsstrafgesetzes angewendet werden. Demnach könnte die Absicht, Mieter:innen durch bauliche Veränderung zu einer Kündigung oder Mitwirkung an der Aufhebung des Mietverhältnisses zu veranlassen, als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Eine Rechtssprechung gebe es dazu allerdings nicht.

Der Baustadtrat will mit diesem Vorstoß Präzedenzfälle schaffen, um Klarheit für Mieter:innen und die Verwaltung zu schaffen. „Wie die Erfolgsaussichten vor Gericht am Ende sind, wissen wir nicht. Dennoch wollen wir es probieren, um mit dem neuen Instrument Erfahrungen zu sammeln und um ein Signal zu setzen“, sagt er.

Für die zwei Verfahren soll die sogenannte AG Problemimmobilien einberufen werden, an der laut Schmidt das Rechtsamt und die Bereiche Bauaufsicht, Milieuschutz und Zweckentfremdung teilnehmen sollen.

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