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Überall ist der Krankenstand in Berlin gesunken, in der Pflege nicht: Dort fielen 2020 und 2021 mehr Beschäftigte aus als in den Vorjahren.

© REUTERS/Kai Pfaffenbach

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Krankenstand gesunken, nur in der Pflege nicht: Psychische Erkrankungen führen zu meisten Fehltagen in Berlin

In Berlin hat es weniger kranke Erwerbstätige gegeben als in den ersten zwei Jahren der Pandemie. Das Gesundheitswesen bildet eine Ausnahme, dort fehlten Beschäftigte häufiger.

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Während viele Erwerbstätige ihre Arbeit ins Homeoffice verlegen konnten, als die Pandemie ausgebrochen ist, waren die Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen voll im Einsatz gegen Corona. Dass sie sich dort einem besonderen Infektionsrisiko und einer hohen Arbeitsbelastung ausgesetzt haben, zeigt sich in der Statistik: In den Jahren 2020 und 2021 ist der Krankenstand dieser Berufsgruppen in Berlin und Brandenburg im Gegensatz zu anderen Branchen gestiegen.

Das ist ein Ergebnis des länderübergreifenden Gesundheitsberichts Berlin-Brandenburg für die Jahre 2019 bis 2021. Diesen haben die Wirtschaftsförderer Berlin Partner, die Länder Brandenburg und Berlin sowie die Techniker Krankenkasse am Mittwoch vorgestellt.

So war die Pandemie Ursache dafür, dass in den Gesundheitsberufen die Zahl der Berufskrankheiten aufgrund einer Infektion deutlich stieg. In der Krankenpflege etwa gab es 2019 in Berlin lediglich 22 Fälle, im Jahr darauf schon 680 und 2021 bereits mehr als 3500. In Brandenburg und anderen Berufen des Gesundheitswesens sieht es ähnlich aus.

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Milliarden Euro betrug der volkswirtschaftliche Schaden im Jahr 2021 durch Fehltage in Berlin und Brandenburg.

„Der Arbeitskräftemangel in der Pflege ist ein Thema, das alle Regierungen auf Bundes- und Landesebene sehr beschäftigt. Durch Corona ist eine Verschärfung der Situation entstanden“, sagte Dirk Rothenpieler, Abteilungsleiter in der Gesundheitsverwaltung. Michael Ranft, Staatssekretär im brandenburgischen Gesundheitsministerium, sagte, dass ihm die Entwicklung ebenfalls „große Unruhe“ bereite. „Diese Berufsgruppen arbeiteten besonders am Limit.“

Homeoffice ließ den Krankenstand sinken

In der Gesamtschau des Berichts zeigt sich, dass der Krankenstand in beiden Bundesländern insgesamt gesunken ist. 2021 lag dieser in Berlin bei 4,6 Prozent und in Brandenburg bei 6,3 Prozent. „Erstmalig, seitdem wir den Krankenstand analysieren, befindet sich Berlin unter dem Bundesdurchschnitt“, sagte Kai Uwe Bindseil, Abteilungsleiter Gesundheitswirtschaft bei Berlin Partner. In Brandenburg meldeten sich die Erwerbstätigen dagegen häufiger krank.

Im Durchschnitt fehlten die Beschäftigten in Berlin und Brandenburg 2019 rund 20,5 Tage, 2021 waren es etwa 19,4 Fehltage. Während die absoluten Krankheitstage sanken, verlängerte sich der Zeitraum der einzelnen Krankschreibungen in beiden Ländern.

Am häufigsten fehlten die Berliner Erwerbstätigen wegen psychischen Erkrankungen. Auch in Brandenburg haben diese zugenommen. Betrachtet man alle Berufsgruppen zusammen, war eine Coronainfektion eher selten die Ursache für eine Krankschreibung. Deutlich zurück gingen Fehlzeiten, die sich infolge von Atemwegsinfekten ergaben.

„Viele Menschen haben Maske getragen und deshalb weniger Erkältungen gehabt“, sagte Bindseil. Die Ergebnisse legen nahe, dass der generelle Rückgang der Fehlzeiten insbesondere auf die Erwerbstätigen zurückgeht, die ihre Arbeit ins Homeoffice verlegen konnten.

In Marzahn eher Rücken, in Kreuzberg eher Depression

Der soziale Status entschied auch darüber, wer überhaupt im Homeoffice arbeiten konnte. Die Krankheitslast verteilte sich innerhalb der Stadt daher ungleich: In den Außenbezirken meldeten sich die Erwerbstätigen häufiger krank als innerhalb des S-Bahn-Rings.

Der Krankenstand in Marzahn betrug im vorigen Jahr 5,8 Prozent, in Friedrichshain-Kreuzberg 3,3 Prozent. Tendenziell ergaben sich in den inneren Bezirken Fehltage eher aufgrund von psychischen Krankheiten, in den Außenbezirken waren es Erkrankungen des Muskelskelettsystems. Als Gründe vermutet Dirk Rothenpieler Einkommensunterschiede und soziale Ungleichheit sowie eine unterschiedliche Altersstruktur in den Randbezirken.

Der volkswirtschaftliche Schaden, der sich infolge der ausbleibenden Arbeitstätigkeit ergeben hatte, betrug in Berlin und Brandenburg 2021 rund fünf Milliarden Euro.

„Maßnahmen wirken erstmal anstrengend, aber sie sind eine Investition in die Zukunft“, sagte auch Susanne Hertzer. Sie appellierte an die Arbeitgeber: „Investieren sie bitte in die Gesundheit ihrer Versicherten.“ Als Beispiele führte Hertzer unter anderem eine moderne Arbeitszeitgestaltung und Homeoffice an und dass Arbeitgeber gesundheitsfördernde Arbeitsgeräte, wie ergodynamische Bürostühle bereitstellen sollten.

Genauso wichtig sei jedoch die Selbstfürsorge der Beschäftigten. Dazu gehöre auch, dass man sich nicht erkältet zur Arbeit schleppe, sagte Hertzer.

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