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Sorgt sich um die Zukunft der Branche: TV-Koch Alexander Herrmann („The Taste“)

© dpa/Jens Hartmann

Dunkle Wolken über der Gastro-Branche: Koch und Kellner verzweifelt gesucht

Ein Berliner Think-Tank schlägt vor dem Bundestag einen Maßnahmenkatalog vor, wie Deutschlands Gastronomiebetriebe durch schwere Zeiten kommen könnten.

Alexander Herrmann kann das Problem der deutschen Gastronomie knapp auf den Punkt bringen – eines der Probleme. „Von 2019 bis jetzt sind meine Personalkosten für zwei Restaurants und ein 40-Zimmer-Hotel um eine Million Euro jährlich gestiegen“, sagt der prominente TV-Koch. Und er kann froh sein, dass er für seinen oberfränkischen Betrieb überhaupt Personal findet.

Herrmann war eigens nach Berlin gekommen, um den ganzen Bundestag für die Lage seiner Branche zu sensibilisieren. Veranstalter der Open-Air-Veranstaltung vor dem Parlamentsgebäude am Donnerstag mittag war die „Denkfabrik Zukunft der Gastwelt“ (DZG), die sich um strategische Fragen von Gastronomie, Hotellerie und Zulieferern kümmert – ansässig ist sie in Berlin und wird geleitet unter anderen von Alexander Aisenbrey und dem ehemaligen FDP-Abgeordneten Marcel Klinge.

Trotz der drückenden Hitze kamen nach DZG-Angaben rund 350 Besucher, darunter 80 Abgeordnete, um die Argumente des Think-Tanks anzuhören und sich, eventuell, auch mit Alexander Herrmann für ein Selfie ablichten zu lassen. Der Küchenchef hatte sich als Zugpferd der Veranstaltung zur Verfügung gestellt und fasste die vielfältigen Probleme seiner Branche zusammen.

Am Horizont dräut zudem das Auslaufen der Mehrwertsteuerermäßigung für die Gastronomie zum Jahresende. Wird die Regelung nicht verlängert, sind statt 7 wieder 19 Prozent fällig, „und wenn das passiert“, sagt Herrmann, „dann kann die Hälfte der Betriebe sofort dicht machen“. Er kommt möglicherweise durch – aber welcher Gastronom hat schon so hohe Nebeneinnahmen aus dem Fernsehen?

„Für uns ist das die Frage des Jahrzehnts“

Die Edel-Lobbyisten der Denkfabrik formulieren das naturgemäß geschmeidiger. „Wie können unsere 240.000 Gastweltbetriebe Mitarbeiter stärker an sich binden und neue Menschen für unsere Industrie begeistern?“ nennt Aisenbrey als Zielstellung, „für uns ist das die Frage des Jahrzehnts“. Rund vier Millionen Menschen arbeiten in der Branche, die insgesamt der zweitgrößte Arbeitgeber im Land ist, aber wegen ihrer Zersplitterung längst nicht so offensiv auftreten kann wie große Industrieverbände.

„Wie können unsere 240.000 Gastweltbetriebe Mitarbeiter stärker an sich binden?“

Alexander Herrmann, TV-Koch

Hauptprobleme sind laut Aisenbrey das Sinken der Wochenarbeitszeit und die mit bundesweit 40 Prozent sehr hohe Teilzeitquote. Er hat deshalb einen Maßnahmenkatalog mit insgesamt 60 Vorschlägen und Ideen vorgelegt. So betont er, die dauerhafte Entfristung der Mehrwertsteuerregel könne die Betriebe in die Lage versetzen, einen Teil in Form von höheren Gehältern an die Mitarbeiter weiterzugeben.

Außerdem müsse das Thema Vier-Tage-Woche mit mehr Offenheit behandelt werden. Nach seinen Vorstellungen soll die Gastwelt auch die erste Industrie ohne Gender-Pay-Gap, also geringere Bezahlung von Frauen, werden. Zudem schlägt die DZG steuerliche Besserstellung von Mitarbeiterwohnungen, höhere Unterstützung von Ausbildungskosten und Steuerfreiheit für Zuschläge beispielsweise an Sonnabenden vor.

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