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Kleines Schloss Lanke bei Lankwitz nördlich von Berlin. Man kann Ferienwohnungen mieten. Handout 2022.

© Jan Kittler

Bettenburgen im Berliner Umland: Brandenburgs Schlösser öffnen sich für Touristen

Immer mehr Besitzer von Schlössern und Gutshäusern in Brandenburg richten Ferienwohnungen ein. So sichern sie sich auch Einnahmen für deren Erhaltung.

Von Sabine Hölper

Wer bei Philipp Virag eine Unterkunft bucht, kann im wahrsten Sinne des Wortes fürstlich übernachten. Denn seine vier Ferienwohnungen befinden sich in einem Schloss. Genauer: im Kleinen Schloss Lanke nahe Wandlitz, nördlich von Berlin. Im Großen Schloss, ein paar Schritte entfernt, wohnen er und sein Partner zeitweise.

120
Prozent mehr Buchungen in Schlössern, Burgen, ehemaligen Klöstern, Bauernhäusern und Mühlen registrierte Aibnb im ersten Halbjahr 2022 im Vergleich zu 2019

Urlaub in Schlössern und Herrenhäusern wird immer beliebter. Die Buchungsplattform Airbnb hat kürzlich eigens die Kategorie „Historisches“ eingeführt. Interessenten können seither weltweit nach besonderen Domizilen Ausschau halten.

Philipp Virag, Eigentümer und Betreiber von Schloss Lanke bei Wandlitz.
Philipp Virag, Eigentümer und Betreiber von Schloss Lanke bei Wandlitz.

© Jan Kittler/Promo

Laut Airbnb tun sie dies wie nie zuvor: „In Deutschland haben Buchungen in Schlössern, Burgen, ehemaligen Klöstern, Bauernhäusern und Mühlen im ersten Halbjahr 2022 im Vergleich zu 2019 um 120 Prozent zugelegt“, sagt Ellen Madeker von Airbnb. Die Eigentümer dieser denkmalgeschützten Objekte hätten dadurch zwischen Januar und Juni 2022 mehr als drei Millionen Euro eingenommen.

Eine Chance für verfallende Herrenhäuser

Das ist viel. Aber es ist noch Luft nach oben. Aus diesem Grund hat Airbnb im Herbst dem Verein Schlösser und Gärten in Deutschland e.V. eine Spende in Höhe von 1,5 Millionen Euro zukommen lassen. Damit soll „der Erhalt des kulturellen Erbes in Europa ausgebaut werden“, sagt Madeker. Jens Spanjer, Vorsitzender des Vereins mit Sitz im nordrheinwestfälischen Jüchen, hat die Zuwendung dankend angenommen. „Für Schlossherren ist die touristische Vermietung eine gute Einnahmequelle“, sagt er.

Mit dem Geld könnten sie die hohen und stets steigenden Kosten für die Instandhaltung und den laufenden Betrieb finanzieren. Der Verein erarbeitet jetzt ein Konzept und motiviert die Eigner, sich für die Förderung zu bewerben. Aber vielleicht erreicht das Geld sogar Menschen, die bisher noch kein historisches Gut besitzen. Es gibt etliche Schlösser, die verfallen. Es wäre wünschenswert, wenn sich jemand ihrer annähme und sie auf Vordermann brächte. Mit einer Finanzspritze und der Aussicht auf Vermietungs-Einnahmen könnte das gelingen.

Philipp Virag überlegt, sich für das Programm zu bewerben. „Die laufenden Kosten sind sehr hoch“, sagt er. Dauernd sei irgendetwas zu machen. Aktuell gestaltet er den Garten neu. Weil ein Bagger kaputt ging, die Stauden aber bereits angeliefert waren, hat er an einem Novemberabend, mit Stirnlampe ums Haupt, sie eingepflanzt.

Im rechten Flügel des Kleinen Schlosses hat es vom Dach bis zum Keller hineingeregnet.

Philipp Virag, Schlossbesitzer

Die grundsätzliche Sanierung haben er und sein Partner bereits vor Jahren mit Hilfe anderer Fördermittel und aus der eigenen Tasche gestemmt. Aber leicht war das nicht. „Im rechten Flügel des Kleinen Schlosses hat es vom Dach bis zum Keller hineingeregnet“, sagt er. Obwohl der gebürtige Wiener keine Zahlen nennt, fällt es nicht schwer, sich vorzustellen, was es bedeutet, aus einer solchen Bruchbude ein Kleinod zu schaffen.

Zumal die Schlossherren die Sanierung sehr edel gestaltet haben: In alle Appartements haben sie alte, aufgearbeitete Holzböden, Fließen und Heizkörper integriert – und dennoch moderne Elemente, wie beispielsweise schicke Bäder, eingebaut. „Das Denkmalamt hat uns gelobt“, sagt Virag.

Wohnraum einer Ferienwohnung im Kleinen Schloss Lanke bei Wandlitz.
Wohnraum einer Ferienwohnung im Kleinen Schloss Lanke bei Wandlitz.

© Jan Kittler

Seine Gäste aus der ganzen Welt, viele aus dem nahen Berlin, danken es mit besten Bewertungen und guten Buchungsanfragen. Ein Stück weit sei der Hype allerdings auch der Corona-Pandemie geschuldet, glaubt Virag. In den letzten Jahren hätten sich viele Touristen weg von Fernreisen und Hotels, hin zur näheren Umgebung und privaten Unterkünften umorientiert.

Die Corona-Pandemie dürfte den Trend beschleunigt haben

Auch zu Theresa Hayessen kommen viele Berliner. Dabei liegt ihr Gutshaus Rittergut Etzdorf in Sachsen-Anhalt und damit gut zwei Autostunden entfernt von der Hauptstadt. Hayessen besitzt eine riesige Hofanlage mit mehreren Scheunen und einem Herrenhaus. Noch immer betreibt die Familie ein bisschen Landwirtschaft. Doch „das zweite Standbein“, die Vermietung von vier Zimmern und zwei Ferienwohnungen, wurde nötig, um die hohen Kosten der großen Anlagen zu stemmen.

Zudem vermieten Hayessen und ihre Familie die Säle für Veranstaltungen und organisieren Märkte. Im Januar findet ein Wintermarkt mit Glühwein, Essen und Kinderprogramm statt. Anfang März wird es ein klassisches Konzert geben. So stimmungsvoll geht es das ganze Jahr über weiter. „Ohne diese extra Einnahmen kann man ein historisches Ensemble nicht erhalten“, sagt Hayessen. „Alleine ein Fenster zu sanieren kostet um die 2000 Euro“, sagt sie. Deshalb baut sie jetzt auch zwei weitere Zimmer im Herrenhaus als Übernachtungsgelegenheiten für Gäste aus.

Auch die Gutsbesitzerin will sich für das vom Schlösser und Gärten-Verein ausgelobte und durch Airbnb gesponserte Programm bewerben. Jeder Euro zählt im Kampf gegen den Verfall und für die Erhaltung der historischen Denkmäler.

Dabei ist das nicht der einzige Vorteil. Ein saniertes Schloss mit Leben drin reanimiert eine gesamte Region. So beobachtet es Hayessen seit Beginn ihres Engagements. Sie beherbergt auch Gäste aus Asien und Amerika, die in der Umgebung dann einkaufen und essen gehen. Zu den Festen kämen 3000 Leute aus dem Umland, vom Kind bis zum Greis, sagt sie.

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