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Wo endet die Vielfalt und wo beginnt die Segregation? Die Antwort der Berliner SPD auf diese Frage wurde jetzt vom Bundesverwaltungsgericht verworfen.

© dpa / dpa/Monika Skolimowska

Update

Berliner Kitaträger klagte erfolgreich: Bundesgericht kippt Obergrenze für Eltern-Zuzahlungen – Land muss 200.000 Euro nachzahlen

Die finanzielle Obergrenze für Kita-Beiträge ist unzulässig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Nun muss das Land Berlin einem Kita-Träger einbehaltene Gelder nachzahlen.

| Update:

Die in Berlin für zusätzliche Leistungen freier Träger von Kindertagesstätten geltende strikte Obergrenze für monatliche Zuzahlungen der Eltern ist nicht zulässig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Donnerstag entschieden. Zur Begründung hieß es, die Regelung sei mit dem Anspruch der Träger „auf gleichheitsgerechte Beteiligung am staatlichen System der Kita-Finanzierung unvereinbar“. 

Geklagt hatten die Kant-Kindergärten, ein Träger mit drei Kitas und etwa 360 Betreuungsplätzen. Ihr Konzept sieht eine bilinguale frühkindliche und vorschulische Bildung sowie einen höheren Personalschlüssel vor. Dies mache einen höheren Aufwand nötig als er in anderen Kindertagesstätten üblich sei. Diesen höheren Finanzbedarf hatten die Kitas durch Zuzahlungen der Eltern gedeckt.

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Jedoch ist seit 2018 in der Berliner Rahmenvereinbarung über die Finanzierung und Leistungssicherstellung der Tageseinrichtungen vorgesehen, dass freie Träger mit den Eltern nur noch Zuzahlungen von maximal 90 Euro pro Kind und Monat inklusive 30 Euro für Frühstück und Vesper vereinbaren dürfen. Nachdem die Kant-Kitas dieser Regelung nicht nachgekommen waren, kürzte die Jugendverwaltung die Betriebskostenerstattung. Dagegen richtete sich die Klage, die erst in der jetzt dritten Instanz Erfolg hatte.

Trägerpluralität und Autonomie als hohe Güter

Das Bundesverwaltungsgericht argumentiert mit dem Grundsatz der Trägerpluralität. Es dürfe bei der Ausgestaltung der Förderung grundsätzlich nicht nach Wertorientierungen oder Inhalten, Methoden und Arbeitsformen der freien Träger differenziert werden. Diese seien vielmehr wegen der ihnen gewährleisteten Autonomie befugt, in ihrem pädagogischen Leistungsangebot auch über das hinauszugehen, was Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder andere freie Träger für erforderlich halten.

Die Autonomie schließt nach Ansicht der Richter das Recht ein, „die hierfür notwendigen und nicht durch die öffentliche Förderung abgedeckten Mittel durch Zuzahlungen von Seiten der Eltern zu erheben, wenn in deren Wunsch- und Wahlrecht entsprechender Bedarf bestehe.“

200.000
Euro an einbehaltenen Geldern muss das Land an den Kläger zahlen.

Nach Ansicht des Gerichts verfolgte das Land zwar „einen legitimen Zweck“, als es die Obergrenzen auf 90 Euro deckelte. Denn es sei darum gegangen, „die ökonomischen Zugangsschwellen möglichst niedrig zu halten“. Zur Erreichung dieses Zwecks seien die Obergrenzen auch „geeignet und erforderlich“. Die Regelung erweise sich „allerdings als unangemessen“, weil sie das vom Bundesgesetzgeber mit einem hohen Rang versehene Rechtsgut der Trägerpluralität bei Überschreiten der Zuzahlungshöchstgrenze „ausnahmslos zurücktreten lässt“.

Die Obergrenze berücksichtigt nämlich nicht, „ob der jeweilige Träger zur Verwirklichung seiner gewählten pädagogischen Zielsetzung zwingend auf eigene Einnahmen angewiesen ist, die er durch Zuzahlungen decken will.“

Der Gerichtsbeschluss führt auch dazu, dass das Land die einbehaltenen Gelder in Höhe von 200.000 Euro an die Kant-Kitas nachzahlen muss.

Keine Kündigung, wenn Familien Zusatzbeiträge nicht mehr zahlen wollen

Die Obergrenze für Zuzahlungen von 90 Euro im Monat war gemeinsam mit Trägern der freien Jugendhilfe und Verbänden entwickelt worden. Ziel war es, allen Eltern und Kindern unabhängig von ihren finanziellen Möglichkeiten den gleichen Zugang zu allen Angeboten zu ermöglichen. Berlin hatte 2018 die Kita-Gebühren als erstes Bundesland komplett abgeschafft.

Mit am Verhandlungstisch saß damals auch der Dachverband der Kinder- und Schülerläden (Daks). Dessen Sprecher Roland Kern sagte dem Tagesspiegel, die 90-Euro-Regelung habe damals „den Bereich befriedet“. Solange die Kitaplätze knapp seien, habe eine Begrenzung der Zuzahlung den Vorteil, dass Eltern „nicht erpresst werden konnten“ – auch wenn manche Träger es auf Umwegen dennoch versuchten.

Inzwischen sei aber der Platzmangel regional behoben. Im Übrigen gelte ja weiterhin die gesetzliche Regelung, wonach Eltern, die nicht mehr bereit seien, den vereinbarten Satz zu bezahlen, dennoch in der Kita bleiben dürften. Diese Regelung sei von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ja nicht tangiert.

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