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Das Columbiabad in Neukölln: Nach einer Auseinandersetzung mit Jugendlichen am Wochenende ist es geschlossen.

© dpa/Paul Zinken

Update

Mehr Sicherheit ab Samstag?: Ausweiskontrollen sollen Gewalt in Berlins Freibädern eindämmen

Die Einlasskontrollen wird es schon ab dem Wochenende geben, kündigten die Berliner Bäder an. Kritik kommt von Grünen und Linke – sie warnen vor noch mehr Konflikten.

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Ab Sonnabend kommen die Berlinerinnen und Berliner nur noch gegen Vorlage eines Lichtbildausweises in die Freibäder. Das teilten die Berliner Bäder-Betriebe (BBB) am Freitagnachmittag mit. Zudem werde man deutlich früher als sonst Einlass-Stopps verhängen und das Sicherheitspersonal aufstocken, hieß es in einer Pressemitteilung.

Wer sich ab Samstag in einem der Berliner Freibäder abkühlen will, muss demnach einen Lichtbildausweis vorzeigen. Dies könne ein Personalausweis ebenso sein wie ein Führerschein oder ein Schülerausweis. Der personalisierte Eintritt soll Tagesspiegel-Informationen nach nur dem Abgleich für die Durchsetzung des Hausverbots dienen.

Das Sicherheitspersonal wird „grundlegend“ aufgestockt. Der Einsatz erfolge weiterhin individuell je nach Bad und Wetterlage und liege im Ermessen der Badleitung. Wie von dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) am Donnerstag angekündigt, soll es bei drohender Überfüllung zu Einlass-Stopps kommen, damit sich deutlich weniger Besucher zum gleichen Zeitpunk in einem Freibad aufhalten. Wann dieser Stopp verhängt wird, entscheidet die jeweilige Schichtleitung.

Sommerbad Neukölln öffnet am Montag wieder

Die Rutschen und Sprungtürme, die wegen der Auseinandersetzungen in der Vergangenheit gesperrt waren, können wieder genutzt werden, kündigten die Bäder-Betriebe an. Das Sommerbad Neukölln am Columbiadamm wird am Montag wieder öffnen. Seit der Räumung am vergangenen Sonntag ist es wegen des hohen Krankenstands geschlossen. 

Mobile Wachen werden vor verschiedenen Bädern aufgestellt, so zum Beispiel vor dem Sommerbad Kreuzberg. Am Wochenende wird bereits, so ist es der Homepage der Polizei Berlin zu entnehmen, von 10 bis 20 Uhr je eine mobile Wache vor dem Sommerbad am Insulaner in Tempelhof-Schöneberg und von 14 bis 20 Uhr vor dem Sommerbad in Pankow stehen.

Nach Tagesspiegel-Informationen aus der Innenverwaltung gab es am Freitag eine Krisensitzung mit den Verantwortlichen der Polizei, der Bäder-Betriebe, der Innenverwaltung und Sozialvereinen. Dabei wurde auch besprochen, zu überprüfen, ob eine mobile Videoüberwachung am Eingang auch in den Freibädern in Pankow, am Insulaner und im Prinzenbad eingerichtet werden kann.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) forderte am Freitag ein entschlossenes Vorgehen gegen gewalttätige Ausschreitungen in Freibädern. Er hält auch eine Präsenz der Polizei in den Bädern für gerechtfertigt. Solche Vorfälle dürften nicht achselzuckend zur Kenntnis genommen werden, sagte er bei seiner Sommer-Pressekonferenz in Berlin. Der Staat müsse darauf reagieren und deutlich machen, dass Gewalt in Schwimmbädern nicht geduldet werde. „Es ist völlig richtig, wenn daraus die Konsequenz gezogen wird, jetzt auch Polizei einzusetzen“, betonte Scholz. 

Berlins Regierender Bürgermeister hatte am Donnerstag Ausweiskontrollen beim Betreten der Berlin Schwimmbäder angekündigt. Die Oppositionsparteien in Berlin kritisieren dies. „Längere Einlasskontrollen führen zu längeren Schlangen und dann auch mehr Konflikten unter den Wartenden“, sagte die sport- und jugendpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Klara Schedlich, dem Tagesspiegel. Selbst dem Senat sei unklar, was die Ausweiskontrollen genau bringen sollen.

„Ob eine Ausweispflicht helfen würde, bezweifle ich, sie würde aber auf jeden Fall dazu führen, dass das Ferien- und Freizeitangebot eines Freibadbesuchs hochschwelliger ist.“ Was es eigentlich bräuchte, seien mehr Schwimmbäder, „damit sich der Andrang verteilt und die Menschen nicht so eng zusammengepfercht sind“.

Wenn es, wie er selbst sagt, um eine kleine Minderheit der Badegäste geht, warum sollen dann alle bestraft werden?

Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, zum Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters

Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, wurde noch deutlicher in seiner Kritik. Er warf Wegner „billigen Aktionismus“ vor. „Wenn es, wie er selbst sagt, um eine kleine Minderheit der Badegäste geht, warum sollen dann alle bestraft werden?“ Öffentliche Bäder gehörten zur Daseinsvorsorge, der Zugang müsse für alle niedrigschwellig sein. Auch Schrader verwies darauf, dass Ausweiskontrollen lange Schlangen an den Eingängen zur Folge hätten und dies die Gemüter „ganz sicher nicht“ beruhige. „Auch der Placebo der Videoüberwachung wird daran nichts ändern.“

Forderung nach gezielter Präventionsarbeit

Er forderte, statt wirkungsloser Schnellschüsse solle der Senat lieber für ausreichend Personal und gezielte Präventionsarbeit in den Bädern sorgen und die Vorhaben des Jugendgipfels endlich umsetzen. „Da ist nämlich auch nach Monaten immer noch kein Geld geflossen. Das scheint bei Herrn Wegner weniger Priorität zu haben als solche PR-Nummern.“

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Auch sein Fraktionskollege Ferat Koçak hatte auf Twitter den Senat kritisiert: „Ihr schafft nicht mehr Sicherheit, sondern für viele Menschen mehr Unsicherheit.“

Die AfD-Fraktion begrüßte die Maßnahmen des Senats. Sie seien ein erster Schritt, aber noch nicht ausreichend“, sagte der innenpolitische Sprecher, Karsten Woldeit. Seine Fraktion will in der kommenden Woche ein eigenes Konzept vorlegen. Die CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus hatte bereits am Donnerstag einen Sieben-Punkte-Plan zur Sicherheit in öffentlichen Bädern vorgelegt. Darin fordert sie unter anderem eine Obergrenze für Besucher.

Landesschülerausschuss sieht Fälschungsmöglichkeit bei Schülerausweisen

Der Landesschülerausschuss (LSA) hält von dem Plan, dass auch Schülerausweise am Freibad-Eingang vorgezeigt werden können, nicht viel. „Dass Schülerausweise vorgezeigt werden sollen, sehe ich kritisch“, sagte LSA-Sprecher Paul Seidel dem Tagesspiegel. Bei manchen Schulen bekämen die Schülerinnen und Schüler eine richtige Karte, ähnlich wie ein Personalausweis. Bei anderen sei es aber nur ein kleines Stück Papier, auf dem man den Namen selbst ausfülle und einen Stempel von der Schule bekomme. Dies lasse sich leicht fälschen, so Seidel.

Er sieht den Schwerpunkt der Maßnahmen falsch gesetzt: „Das Problem ist nicht mit Ausweis- oder Taschenkontrollen gelöst – wir brauchen soziale Lösungen, die die Ursache der Probleme angehen.“ So brauche es etwa gute und ausgeweitete Schulsozialarbeit, denn Schule sei für die meisten Jugendlichen nun einmal der Lebensmittelpunkt. Das werde oft nicht von der Politik gesehen.

Am Donnerstag hatten Wegner und die Innensenatorin Iris Spranger (SPD) bei einem Ortstermin im Prinzenbad in Kreuzberg angekündigt, dass es bald eine Ausweispflicht in den Freibädern geben solle. In den vergangenen Wochen waren dem mehrere Eskalationen und Schlägereien in Schwimmbädern vorangegangen, vor allem im Prinzenbad, im Columbiabad und im Sommerbad Pankow. (mit AFP, dpa)

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