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Berlin: Ausprobiert: Rudern am Wannsee Rückwärts übern See Folge7 Der perfekte Tag für Naturburschen

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DER PERFEKTE TAG

Die erste Ruderstunde ist noch nicht ganz vorbei, da ist die Heldin schon verloren. In kleinen Kreisen zirkelt ihr Boot auf dem Wannsee, die Wellen schieben es, wie sie wollen, der Wind auch, die Arme sind Brei, und würde der Trainer nicht immer noch sorglos grinsen, dann würde aus der Heldin gleich eine Hysterikerin.

Bevor aus der Jungfernfahrt eine Havarie wurde, war sie noch voller Selbstvertrauen, als Testperson fürs Tagesspiegel-Rudern. Am Sonntag sollen Leser nämlich einen sportlichen Tag auf dem Wasser verbringen können. Und weil man Leser ja nicht ins Ungewisse schickt, hieß es: Heldin, hin.

„Rudern, pfff“, hatte die gedacht, „kann doch jeder: bisschen vor und zurück mit den Armen.“ Ingo Hüttner treibt ihr den Hochmut aber ganz schnell aus. Hüttner ist Jugendtrainer des Ruderklubs Germania, der sich bereit erklärt hat, die Aktion gemeinsam mit dem Tagesspiegel zu verwirklichen. Der Trainer setzt die Heldin einfach ins Boot und lässt sie machen. Besser: kippeln. Viel schmaler sind die Sportboote als die breitärschigen Kähne auf Sonntagsausflugsseen.

Die Regeln sind eigentlich einfach, nur die Koordination macht Schwierigkeiten (nach zehn Mal üben, ist’s aber schon besser, tröstet der Trainer): Ganz nach vorne fahren auf dem Rollsitz, die Arme weit gestreckt, die Ruder schräg zurück, Ruderblätter senkrecht kippen, eintauchen, durchziehen, und zwar – was das Schwierigste ist – gleichzeitig und gleich tief. Sonst eiert das Boot übern See. Dabei den Rollsitz zurückdrücken, um den Hebel zu verlängern – die Heldin merkt sofort, warum Ruderer nicht nur schöne Arme haben (die sie eitel gern in engen T-Shirts zeigen), sondern auch Erik-Zabel-gleiche Beine.

Gewöhnungsbedürftig nur, dass Ruderer rückwärts fahren. Es ist ein bisschen wie in der Geisterbahn, diese Ungewissheit, was hinter einem, nein, vor einem ist. Es lässt den Rücken kribbeln. Aber: Wer schön übt, sagt der Trainer, der kann aus dem Kribbeln den achten Sinn entwickeln – eine Art Vorahnung, die Ruderer rechtzeitig aufmerken lässt, bevor sie in den Katamaran krachen. Rudern hat durchaus etwas Mystisches.

Eigentlich geht es ganz gut. Schnell, sogar. Dann wird Rudern richtig schön. Übers Wasser zischen, das grüne Ufer im Blick, die Sonne in den Augen. Noch besser wird’s, sobald man mit anderen ausfahren darf: im Zweier- bis Achterboot. Rudern ist nämlich ein Mannschaftssport und somit gesellig. Es geht wirklich gut, denkt die Heldin noch, als plötzlich Wind und Wellen lebendig werden und beginnen, das Boot umherzuwerfen, wie sie wollen. Der Trainer erbarmt sich irgendwann, was daran liegt, dass die Heldin ihn in die Fahrrinne der Wannseedampfer hineinmanövriert hat. „Wir tauschen“, schlägt er vor und erklärt, „wie das die Profis machen“, auf einem halbmeterbreiten Boot. Er duckt sich auf den Boden und erwartet nun, dass die Heldin über ihn drüberkrabbelt wie ein großer Käfer: Kopf vorweg, mit je einem Bein und einem Arm auf den schwankenden Bordrändern. Nichts passiert. Heldin verängstigt. Sie fahren zur Wasserskisschanze, klettern hinaus, aneinander vorbei und wieder hinein. Auf dem Heimweg arbeiten des Trainers schöne Arme. Rudern ist wunderbar.

Lust, am Sonntag, 3. August, zwischen 10 und 17.30 Uhr auf dem Wannsee zu rudern? Dann melden Sie sich schnell an: Sa, 11-13Uhr, Tel. 26009-609. Preis: 3 Euro p.P. Auch Kanu fahren ist möglich.

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