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Die ersten Bahnen im neuen Bahnhof Spandau. Jetzt hat auch Spandau seine S-Bahn wieder. Am 30.12.1998 schickte der Regierende Bürgermeister EberhardDiepgen mittags die erste Bahn auf die Fahrt gen Berlin.

© Uwe Steinert

S-Bahn Berlin: Als der Westen wieder angekoppelt wurde

Seit 20 Jahren ist der Bezirk Spandau wieder mit der Berliner S-Bahn zu erreichen. Und es gibt weitere Ausbaupläne für das Schienennetz.

Preisfrage: Welcher Berliner Bezirk war fast 20 Jahre nicht mit der S-Bahn zu erreichen? Spandauer wissen es noch: Spandau.

1980 im September hatte die damalige Reichsbahn der DDR den West-Berliner Bezirk abgekoppelt. Am 30. Dezember 1998, heute vor 20 Jahren, fuhr der erste Zug wieder von Spandau über Westkreuz „nach Berlin“. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen höchstselbst hatte um 12.10 Uhr die Abfahrtskelle erhoben.

Vorangegangen war ein langer Streit ums Geld und ums Prinzip. In diesen 18 Jahren wurde 1984 die S-Bahn von der BVG übernommen –Spandau blieb abgekoppelt. Dann fiel 1989 die Mauer, die Gleise nach Spandau verfielen weiter.

Drei S-Bahnen fuhren einst nach Spandau: Neben der Strecke Richtung Stadtbahn gab es auch eine zum Nordring über Fürstenbrunn und natürlich die Siemensbahn. Alle drei Strecken hatte die DDR beim großen Kahlschlag nach dem Reichsbahnerstreik im September 1980 dichtgemacht. Es gab kaum Fahrgäste in den uralten Zügen, es kostete die DDR viel Geld beim Klassenfeind die S-Bahn fahren zu lassen. Da kam der Streik gerade recht.

In West-Berlin gab es seit September 1980 nur noch ein Rumpfnetz. Vier Jahre lang hatte Spandau mit seinen mehr als 200000 Einwohnern gar keinen Schnellbahnanschluss. Denn bis die U7 der BVG Anfang Oktober 1984 Spandau erreichte, musste in den Bus gestiegen werden: Am U-Bahnhof Ruhleben starteten die Busse in der Hauptverkehrszeit im Minutentakt, eine Rolltreppe schaufelte die Massen direkt vom Bahnsteig auf den Gehweg zu den Haltestellen.

Spandauer protestieren

Die Spandauer Proteste kamen in der Berliner Politik nicht an. Denn die Verlängerung der U7 war bereits in Bau, da hatte die S-Bahn nicht einmal nach der Übernahme durch die BVG eine Chance. Die alte West-Berliner Mentalität, viel Geld in U-Bahn-Beton zu stecken, lebte fröhlich fort. Es gründete sich eine „Bürgerinitiative Spandauer Verkehrsbelange“, der bis heute aktive Fahrgastverband „Igeb“ publizierte im Mai 1984 eine Broschüre „Auch westwärts liegen Gleise“.

Zwei erfolgreiche Bürgerbegehren für die Reaktivierung der S-Bahn folgten. Es passierte nichts. Spandauer Lokalpolitiker verwiesen darauf, dass die S-Bahn bis 1980 nicht nur bis Spandau Altstadt fuhr, sondern bis Staaken. Damals entstanden die Großsiedlungen am Stadtrand wie das Falkenhagener Feld –die bis heute keinen Schnellbahnanschluss haben.

Der „200-Kilometer-Plan“ für den U-Bahn-Ausbau von 1977 sah zwei Strecken ins Falkenhagener Feld und nach Staaken vor, U1 und U7 sollten sich Rathaus Spandau kreuzen. Entsprechend prächtig geriet die Station. Der Verkehrshistoriker Jürgen Meyer-Kronthaler nannte sie „Die Kathedrale von Spandau“ mit „Stein gewordener Opulenz“.

Heute wissen wir: Aus den Plänen wurde nichts, das Geld wurde aus dem Fenster geworfen. Die Wende im Osten brachte auch ganz im Westen der Stadt die Wende: Nach der Wiedervereinigung verpflichtete sich der Bund, das S-Bahn-Netz von 1961 weitestgehend wieder herzustellen.

In den 80er Jahren war dieser Spruch auf den Gleisen nach Spandau zu lesen.
In den 80er Jahren war dieser Spruch auf den Gleisen nach Spandau zu lesen.

© Jörn Hasselmann

1992 fuhren die rot-gelben Züge bereits wieder nach Potsdam, Hohen Neuendorf und Blankenfelde über die Stadtgrenze. Nach Spandau dauerte es – zu lange für die Spandauer. Aktivisten pinselten am Olympiastadion in großen Lettern „Die Bahn muss wieder fahren“. Noch jahrelang war der Schriftzug zu sehen. Erst acht Jahre nach der Wende, Mitte Januar 1998, wurde die Spandauer Strecke zunächst bis Pichelsberg eröffnet worden, damit waren das Olympiastadion und die Hertha wieder mit der S-Bahn zu erreichen, heute vor 20 Jahren dann auch Spandau.

Wie soll es weiter gehen nach Westen?

Und seitdem? Seitdem wird über eine Verlängerung Richtung Westen diskutiert. Brandenburg forderte starr eine Regionalbahn, um Pendler schnell in die Stadt zu bringen. Berlin plädierte ebenso starr für eine S-Bahn, um die Siedlungen bis zur Stadtgrenze besser anzubinden. Beide Länder blockierten sich damit gegenseitig. Erst in diesem Jahr kam mit dem gemeinsamen Projekt „i2030“ Bewegung in die Sache.

Es heißt, dass bis 2020 entschieden werden soll, ob ein weiteres Gleis für die S-Bahn oder für die Regionalbahn Richtung Falkensee/Nauen gebaut wird. Zum überdimensionierten U-Bahnhof Spandau kam bekanntlich ein ebenso unterdimensionierter Fernbahnhof direkt darüber.

Zuletzt rückte die Siemensbahn wieder in den Blick. Nach der Entscheidung des Konzerns, 600 Millionen in Siemensstadt zu investieren, könnte es auch für diese Spandauer S-Bahn eine Zukunft geben.

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