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Landeshauptstadt: Grenadier und Weinhändler

Lange Kerls ehren ihren Vorfahren Heinrich Wilhelm Wagenführer zum 250. Todestag

Die Potsdamer Riesengarde „Lange Kerls“ e.V. ehrt einen ihrer „Vorfahren“, den Grenadier und Weinhändler Heinrich Wilhelm Wagenführer, zum 250. Todestag. Er hat auf dem Bornstedter Friedhof die letzte Ruhestätte gefunden. Sein Grabmal ist das einzige, das sich von einem Langen Kerl im Mannschaftsdienstgrad erhalten hat. Theodor Fontane erwähnt es nach einem Besuch im Jahr 1869 in seinen „Wanderungen“: „Ein alter Ulmenbaum ... hat sein Wurzelgeäst derart über den Grabstein hingezogen, dass es aussieht, als läge eine Riesenhand über dem Stein und mühe sich, diesen an seiner Grabesstelle festzuhalten. Gespenstisch am hellen, lichten Tag!“

1984 ist die Ulme entfernt und die Grabtafel mit dem Totenkopf wieder freigelegt worden. Die Inschrift verrät allerdings nicht, dass es sich bei dem Toten um einen der Riesengrenadiere aus dem Königsregiment Nr. 6 des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. handelt. Ein „Wohledler ... Kauff und Handels Mann zu Potsdam“ sei hier begraben, heißt es.

Als Wagenführer am 9. September 1758 im Alter von 67 Jahren starb, hatte er seine militärische Karriere längst abgeschlossen. Der in den 1730er Jahren aus Neuwied nach Potsdam gekommene Rheinländer sei wegen seiner Länge von etwa zwei Metern wahrscheinlich wie viele seiner Kameraden mittels dubioser Werbemethoden oder zwangsweise für die Langen Kerls rekrutiert worden, vermutet der Historiker Karlheinz Deisenroth. Recherchen im Stadtarchiv Neuwied, in der Evangelischen Archivstelle Boppard und im Fürstlich-Wiedischen Privatarchiv, die der Vorsitzende des Potsdamer Uniformvereins, Mathias Leyher, vor dem Jubiläum angestrengt hat, ergeben jedoch ein anderes Bild. Wagenführer war kein Bauern- oder Handwerksbursche, den man so einfach übertölpelte oder wegfing. Er stammte vielmehr aus einer angesehenen Neuwieder Familie, sein Vater gehörte als Stadtrentmeister (Finanzverwalter) dem Magistrat an. 1703 wurde sein Vermögen auf 900 Gulden geschätzt. Damit hätte ihm der Freikauf seines Sohnes vom Militärdienst frei gestanden.

Gegen Deisenroths Vermutung spricht ebenso die Aufnahme Heinrich Wilhelm Wagenführers in Potsdam. Der König schenkte ihm 1838 am Geburtstag des Kronprinzen das Anwesen Breite Straße 28 und verlieh ihm wahrscheinlich gleichzeitig die Gerechtsame, eine Weinhandlung zu eröffnen. Außerdem erlaubte er dem Grenadier die Heirat mit Maria Johanna Califice, der Tochter des wohlhabenden, aus Belgien angeworbenen Kommissars der Potsdamer Gewehrfabrik. Mit ihrer Schwester Maria Therese führte sie nach dem Tode Wagenführers die Weinhandlung weiter – beide sind in seiner Nähe ebenfalls auf dem Bornstedter Friedhof bestattet.

Heinrich Wilhelm Wagenführer, der als Nr. 18 im ersten Glied der Leibkompanie stand, ist also wohl von dem hohen Handgeld, das mehr als 700 Taler betragen konnte, dem guten Sold, der für die Riesengrenadiere um monatlich bis zu 20 Taler aufgestockt wurde, und die Aussicht auf kriegerischen Ruhm nach Potsdam gelockt worden. Als so genannter „Siebenfüßiger“ wurde er mit einem lebensgroßen, 2,74 mal 1,10 Meter messenden Ölbild in die Porträtgalerie aufgenommen, die der Soldatenkönig von seinen Langen Kerls anfertigen ließ. Das Original verbrannte 1945 im Potsdamer Stadtschloss, es haben sich aber Abbildungen erhalten.

Das Gedenken an Heinrich Wilhelm Wagenführer wird an seinem 250. Todestag, dem 9. September, um 17 Uhr im Krongut Bornstedt eröffnet. Anschließend hält der Direktor des Geheimen Staatsarchivs Berlin-Dahlem, Prof. Dr. Jürgen Kloosterhuis, eine Vortrag über das Leben des Grenadiers. Einer Kranzniederlegung am Grab Wagenführers schließt sich in der Bornstedter Kirche ein Gedenkgottesdienst mit dem früheren Leiter der Kirchenkanzlei der Union Evangelischer Kirchen, Pfarrer Wilhelm Hüffmeier, an. Die Veranstaltung wird vom Verein „Freunde des Bornstedter Friedhofs“ unterstützt.

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