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Der Bierkonsum in Deutschland geht zurück, die Kunden sparen. Doch die kleinen Brauereien in Brandenburg arbeiten in der Krise zusammen.

© AdobeStock/4th Life Photography/Dariusz T. Oczkowicz

Sie brauen was zusammen : In der Krise kooperieren die kleinen Brauereien in Brandenburg

Zum „Internationalen Tag des Bieres“ schauen wir auf Brandenburgs regionale Brauereien. Die haben mit hohen Kosten und Personalmangel zu kämpfen. Zu Besuch bei einem Braumeister in Templin.

Von Silvia Passow

Die Bäume spenden kühlenden Schatten, ein paar Gänse schnattern unterhalb der Terrasse des Biergartens in der Braumanufaktur Forsthaus Templin in Potsdam. Durch die Bäume hindurch glitzert das Wasser des Templiner Sees. Doch wo der Wanderer Erholung findet, muss eine Handvoll junger Auszubildender einmal im Jahr bangen und eine wichtige Prüfung bestehen.

So wie angehende Schlosser oder Tischler am Ende ihrer Ausbildung ein Meisterstück fertigen, bereiten Brauer und Mälzer den „Gesellensud“ zu. Die Prüflinge legen die Rezeptur fest und brauen das Bier als Abschlussprojekt. Das Ergebnis wird bewertet. Ist das Getränk gelungen, verschwindet es rasch in den durstigen Kehlen der Gäste des Biergartens.

Der Meister und seine Gesellen

Inhaber Jörg Kirchhoff feiert in diesem Jahr das 20-jährige Jubiläum seiner Braumanufaktur. Das Ausbilden gehört für den 52-jährigen Diplom-Braumeister ganz selbstverständlich zum Geschäft. Schließlich brauche man den Nachwuchs, sagt er. Auch wenn Ausbildung erst einmal mit Kosten verbunden sei.

Maximal fünf Lehrlinge sind in der drittgrößten Brauerei des Landes Brandenburg beschäftigt. Ende Juli endete die Ausbildungszeit der Brandenburger Gesellen:innen, jetzt erhalten ihre Gesellenbriefe. Im August stellen sie ihr selbstgebrautes Bier dann in der historischen Brauerei des Märkischen Ausstellungs- und Erlebniszentrums (MAFZ) in Paaren-Glien, nordwestlich von Berlin, vor. Dort wird auch die „Freisprechung“ gefeiert, also der erfolgreiche Abschluss.

Kleine Brauereien wie die Braumanufaktur Forsthaus Templin müssen sparen. Die Kosten steigen, aber die Kunden geben weniger Geld aus. Braumeister Jörg Kirchhoff setzt auf Photovoltaik, um die Energiekosten zu reduzieren.
Kleine Brauereien wie die Braumanufaktur Forsthaus Templin müssen sparen. Die Kosten steigen, aber die Kunden geben weniger Geld aus. Braumeister Jörg Kirchhoff setzt auf Photovoltaik, um die Energiekosten zu reduzieren.

© Silvia Passow / Tagesspiegel

Im MAFZ steht übrigens Brandenburgs älteste Braupfanne, datiert auf 1834. Bevor die Anlage an ihren heutigen Standort gelangte, wurde sie von Kirchhoff und seinen Leuten frisch hergerichtet und aufpoliert.

Bierbrauen hat eine lange Tradition und war in früheren Zeiten durchaus weiblich geprägt. Heute gebe es aber nur wenige Frauen in den Ausbildungsgängen, berichtet Kirchhoff. Unter etwa 14 Auszubildenden in Berlin und Brandenburg seien in der Regel nur ein bis zwei junge Frauen. In diesem Jahr rechnet Kirchhoff insgesamt mit weniger Azubis.

Kirchhoff kennt praktisch alle Brauer:innen der Region. Er ist nämlich auch Vorsitzender im Verein zur Förderung Brandenburger Klein- und Gasthausbrauereien. Im Flächenland Brandenburg seien die Brauereien weit verstreut, erläutert er, da gäbe es weniger Konkurrenz untereinander, jeder habe sein Einzugsgebiet.

Leute, die sich früher einen Kasten Bier gekauft haben, nehmen heute ein Six-Pack.

Jörg Kirchhoff, Braumeister 

Man arbeite daher eher zusammen als gegeneinander. Im Verein engagieren sich 19 Brauereien. Gemeinsam haben sie das Projekt „Brandenburger Bierstraße“ gestartet: verschiedene Touren, die zu den Brauereien im Land führen.

Bierkonsum geht zurück

Kirchhoff braut Bier im Bio-Segment, ist im Naturlandverband. Im Brauhaus werden sieben Biersorten das gesamte Jahr über gebraut, dazu kommen die Biere der Saison, zum Beispiel Maibock. Gebraut wird auf dem Areal des Restaurants, abgefüllt seit einiger Zeit in Werder. Die Biere werden regional vertrieben, große Händler wie Kaufland und Getränke-Hoffmann-Filialen der Umgebung haben Kirchhoffs Biersorte „Potsdamer Stange“ als lokal hergestelltes Produkt im Sortiment. Geliefert wird aber auch bis an die Ostsee.

Insgesamt geht der Bierkonsum in Deutschland allerdings seit Jahren zurück. Rund 90 Liter trinkt jeder Deutsche im Jahr, rein statistisch. Vor 20 Jahren lag der Pro-Kopf-Verbrauch noch bei etwa 120 Liter. Während der Pandemie boomte das Geschäft, sagt Kirchhoff. „Die Leute kochten sich zu Hause was Schönes. Dazu dufte es ein höherpreisiges Bier sein.“

Doch nun werde spürbar gespart. „Leute, die sich früher einen Kasten Bier gekauft haben, nehmen heute ein Six-Pack.“ Im Trend hingegen liegt Kirchhoff zufolge alkoholfreies Bier. Das finde guten Absatz.

Kleine Brauereien wie die Braumanufaktur Forsthaus Templin müssen sparen. Die Kosten steigen, aber die Kunden geben weniger Geld aus. Braumeister Jörg Kirchhoff setzt auf Photovoltaik, um die Energiekosten zu reduzieren.
Kleine Brauereien wie die Braumanufaktur Forsthaus Templin müssen sparen. Die Kosten steigen, aber die Kunden geben weniger Geld aus. Braumeister Jörg Kirchhoff setzt auf Photovoltaik, um die Energiekosten zu reduzieren.

© Silvia Passow / Tagesspiegel

In der Gastronomiebranche herrscht nach wie vor große Personalnot. Kirchhoff ist froh über seinen Personalstamm, 25 Mitarbeiter hat er im Betrieb, hinzu kommen Saisonkräfte. Er hat sich zu einer Vier-Tage-Woche im Gasthaus durchgerungen, würde gern an weiteren Tagen öffnen, doch dafür fehlen die Leute.

Steigende Preise überall

Am Personal, sagt Kirchhoff, könne er nicht sparen, höchstens versuchen, Arbeitsabläufe zu optimieren. In diesem Jahr hat er den Gasthausbetrieb wieder auf Selbstbedienung umgestellt. Die historischen Vorbilder hätten es nicht anders gemacht, meint er. Geschichtsträchtige Ausflugslokale im Berliner Umland waren oft Selbstbedienungs-Gaststätten.

Doch sparen muss der Braumeister, denn nahezu alles wird teurer, was er für seinen Betrieb benötigt. Der Preis der Etiketten für die Flaschen sei im vergangenen Jahr dreimal erhöht worden, berichtet er. Und auch für Flaschen und Bügelverschlüsse müsse er nun mehr zahlen. Und für die Rohstoffe sowieso.

Sparen könne er nur bei der Energie, am besten, indem er seinen Strom selbst erzeuge, erklärt er. Zum Beispiel mit Solarenergie. Das denkmalgeschützte Gasthaus am Waldrand eignet sich zwar nicht für eine Photovoltaik-Anlage, wohl aber die Abfüllanlage in Werder. Kirchhoff informiert sich gerade, welche Möglichkeiten der Förderung für sein Unternehmen infrage kommen.

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