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Der Babystern im Zentrum ist von einer hellen Scheibe umgeben, die als protostellare Scheibe bezeichnet wird. Spitzen des magnetischen Flusses, Gas und Staub in blau. Japanische Forscher fanden heraus, dass die protostellare Scheibe während der Sternentstehung magnetischen Fluss, Gas und Staub ausstößt - ähnlich wie ein Nieser.

© ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)

Wenn Sterne niesen: Über die Entstehung der Himmelskörper

Sterne entstehen in großen Wolken aus Gas und Staub. Nun haben Forscher dabei einen besonderen Mechanismus entdeckt, der sie ans menschliche Niesen erinnert

Von Rainer Kayser, dpa

Wenn Menschen niesen, reinigen sie damit ihre oberen Atemwege. Wenn junge Sterne niesen, befreien sie sich von überschüssigen magnetischen Feldern.

Zu diesem Schluss ist jetzt ein Forschungsteam aus Japan gelangt. Die Astronomen haben einen entstehenden Stern mit der großen Teleskop-Anlage Alma in Chile beobachtet und dabei fontänenähnliche Ausstöße von Gas, Staub und Magnetfeldern entdeckt. Solche „Nieser“ könnten eine wichtige Rolle bei der Sternenentstehung spielen, schreiben die Wissenschaftler in der Fachzeitung „Astrophysical Journal“.

Wie entstehen Sterne überhaupt?

Sterne entstehen in großen Wolken aus Gas und Staub, die sich durch ihre eigene Schwerkraft langsam zusammenziehen. In besonders dichten Regionen bilden sich so Protosterne, umgeben zumeist von rotierenden Scheiben aus Gas und Staub. Bei diesen Vorgängen verstärkt sich allerdings auch das in der ursprünglichen Wolke zunächst noch schwache Magnetfeld.

„Wenn dieses Magnetfeld bei der Sternenentstehung so erhalten bliebe, wäre es um viele Größenordnungen stärker als die Magnetfelder, die man tatsächlich bei jungen Sternen beobachtet“, sagt der Autor der Studie, Kazuki Tokuda von der Universität Kyushu in Japan. Auf bislang unbekannte Weise muss ein entstehender Stern also einen großen Teil seines Magnetfeldes verlieren.

Wie verlieren junge Sterne ihr Magnetfeld?

Um diesem Phänomen auf die Spur zu kommen, haben Tokuda und seine Kollegen die 450 Lichtjahre entfernte Sternenentstehungsregion MC 27 im Sternbild Stier mit der Teleskopanlage Alma ins Visier genommen. Alma besteht aus insgesamt 66 Antennen mit sieben bis zwölf Metern Durchmesser. Die internationale Anlage steht auf dem 5000 Meter hohen Chajnantor-Plateau in der Atacamawüste in den nordchilenischen Anden. Sie deckt einen Bereich der Radiostrahlung ab, in dem sich besonders die Entstehung von Sternen beobachten lassen.

Gesundheit! Der Babystern im Zentrum ist von einer hellen Scheibe umgeben, die als protostellare Scheibe bezeichnet wird. Spitzen des magnetischen Flusses, Gas und Staub in blau. Japanische Forscher fanden heraus, dass die protostellare Scheibe während der Sternentstehung magnetischen Fluss, Gas und Staub ausstößt - ähnlich wie ein Nieser.

© ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)

Die Alma-Beobachtungen zeigen einen kleinen Protostern in der Region, der von einer rotierenden Scheibe umgeben ist, in der künftig Planeten entstehen könnten. „Als wir die Daten weiter analysierten, stießen wir allerdings auf etwas ganz Unerwartetes“, berichtet Tokuda. „Wir sahen spitze Strukturen, die weit aus dieser Scheibe herausragen.“

Wie sich zeigte, bestehen diese fontänenartigen „Spikes“ aus Gas und Staub, die aus der Scheibe ausgestoßen werden – mitgerissen von starken Magnetfeldern. Auslöser seien möglicherweise Instabilitäten, bei denen sich Teile des Magnetfeldes schlagartig vom Hauptfeld ablösen. Die Forscher haben die Ausstöße «Nieser» getauft, weil sie ähnlich dem Niesen bei Menschen plötzlich und mit hoher Geschwindigkeit erfolgen.

Zusätzlich fanden Tokuda und seine Kollegen in größerer Entfernung von dem Protostern und seiner Scheibe zahlreiche Filamente aus Gas und Staub. Dabei handele es sich vermutlich um die Auswürfe früherer Nieser, so die Forscher. Solche Auswürfe sind also kein einmaliges, sondern ein häufig auftretendes Phänomen.

Somit könnten die Sternen-Nieser ein wichtiger Mechanismus für die Abschwächung des Magnetfelds bei einem entstehenden Stern sein. Mit weiteren Beobachtungen wollen die Astronomen nun herausfinden, wie die Nieser genau zustande kommen. (dpa)

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