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Wenn die Kinder ausziehen, zieht die Stille ein. Und die Fragen, was man richtig oder falsch gemacht hat, melden sich oft von ganz alleine.

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Das leere Nest: Was die „Kinder“ alles mitnehmen, wenn sie ausziehen

Jeder bekommt ein Päckchen mit, wenn er oder sie auszieht, die Welt zu erobern. Aber das muss nicht heißen, dass das Leben damit vorherbestimmt ist.

Eine Kolumne von Sascha Karberg

Jetzt ist also auch der Jüngste ausgezogen. Das einst so enge Nest ist leer. Niemand mehr da, den man ans Aufräumen, Müllwegbringen oder Wäschewaschen erinnern kann. Außer sich selbst. Und in der jetzt so stillen Wohnung wird der Gedanke laut: Haben wir dem Nachwuchs mitgegeben, was er da draußen für ein glückliches Leben braucht? Was immer es auch sein mag, was dafür nötig ist?

Immerhin, die biologische Grundausstattung haben wir, die Eltern, großzügig zur Verfügung gestellt. Er sitzt und spricht. Und auch darüber hinaus haben mutterns und vaterns zusammengewürfelte Gene einem ganz passablen Schulabschluss zumindest nicht im Wege gestanden.

Gene und Umwelt

Aber welche Spuren hat es hinterlassen, dass man nicht immer Zeit hatte – zum Fußballspielen, zum Trösten, zum Weitergeben mehr oder minder wichtiger Lebensweisheiten? Welchen Einfluss hatte die Wahl der Kita, der Schule, die Zeit im Ausland? Und wird er in dieser Gesellschaft klarkommen, obwohl die despotischen Eltern keinen Fernseher, das Smartphone erst mit 14 und die Playstation nur dosiert zuließen?

Wie man es auch dreht und wendet, Eltern prägen ihre Kinder. Sie tun es über die Gene, die sie ihnen mitgeben, über die Erziehung und über die Umweltbedingungen, die sie (und die Gesellschaft) ihnen schaffen. Was sich davon im späteren Leben positiv oder negativ auswirkt, vermag indes niemand zu sagen. Denn selbst ein genetisches Handicap oder das strenge Elternhaus muss kein ewig nachwirkender Fluch, sondern kann auch Ansporn, Quell für Kreativität oder eine besondere Gabe sein. Das Leben ist nicht vorherbestimmt.

Die Erfahrung überformt das Erbe

Zwar lassen sich Kindheitserlebnisse nicht immer so einfach abstreifen. Einigen Studien zufolge werden Gene bei Kindern, die Traumata durchleiden mussten, auch noch im Erwachsenenalter anders abgelesen. Ihre „Epigenetik“ ändert sich also. Überraschend ist das aber nicht, denn so ziemlich alles, was den Körper beeinflusst, ändert die Epigenetik, das Zusammenspiel der Gene, denn sie bestimmen, wie der Körper auf Umwelteinflüsse reagiert.

Und das bedeutet auch: Jeder Mensch hat die Möglichkeit, sich ein Stück weit freizuschwimmen, seine Prägungen zu nutzen oder hinter sich zu lassen auf dem Weg ins eigene Leben. Also, Jüngster, do it your way.

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