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Aufgrund einer Genmutation können einige Kaninchen der Zuchtlinie Sauteur d’Alfort nicht hüpfen, sondern machen stattdessen einen Handstand.

© M. Carneiro et al/PLOS Genetics 2021

Hip ohne Hop : Wenn der Osterhase Handstand macht

Noch hat niemand Eier versteckende Kaninchen dokumentieren können. Wohl aber solche, die, statt ordentlich zu hüpfen, akrobatische Kunststücke vollführen.

Eine Kolumne von Sascha Karberg

In diesen Tagen soll bei der einen oder anderen Familie der Osterhase auf einen Sprung vorbeikommen. Wird behauptet. Bislang konnte die Wissenschaft allerdings weder bei Hasen noch Kaninchen eine entsprechende, nur einmal im Jahr Eier und andere Kleinigkeiten versteckende Marotte bestätigen. Noch nicht?

Merkwürdiges Verhalten ist in der Familie der Hasenartigen durchaus schon beobachtet worden, zumindest bei einigen Karnickeln aus der französischen Zuchtlinie „Hüpfer von Alfort“ (Sauteur d’Alfort). Anstatt wie ihre Artgenossen ordentlich zu springen, wenn Flucht vonnöten ist, machen sie einen Handstand, laufen also auf den Vorderpfoten, mit Stummelschwanz und Hinterbeinen hoch in der Luft.

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Bekannt ist das Phänomen, seit die akrobatischen Exemplare 1935 in der tiermedizinischen Klinik Maisons-Alfort im Südosten von Paris erstmals beschrieben wurden. Aber erst 2021 wurde die Ursache entdeckt. Eine Mutation im Gen RORB verhindert, dass die Nervensignale aus den Hinterbeinen korrekt ins Rückenmark weitergeleitet werden und umgekehrt.

Dadurch funktioniert die Feinabstimmung der Hinterbein- und übrigen Körper-Muskulatur nicht mehr richtig. Statt eines kräftigen Sprungs landen die Hinterläufe über den Vorderbeinen und die Tiere im Handstand, schreiben Miguel Carneiro von der Universität Porto und Jennifer Vieillard von der Universität Uppsala im Fachblatt „PLOS Genetics“.

Auch Mäuse mit einer Mutation in ihrer RORB-Genvariante gehen in den Handstand, wenn sie aus dem normalen Laufen heraus beschleunigen wollen. Während sich die Hüpfer von Alfort jedoch bis auf ihre Handstandmarotte sonst völlig normal bewegen, haben die Mäuse einen „entenartig“ veränderten Gang. Die Nervenzellen können die Muskelkontraktionen nicht korrekt koordinieren.

Aufgrund einer Genmutation können einige Kaninchen der Zuchtlinie Sauteur d’Alfort nicht hüpfen, sondern machen stattdessen einen Handstand.

© Carneiro M et al., 2021, PLOS Genetics

Beim Menschen, der ebenfalls RORB-Gene im Erbgut trägt und für die Entwicklung von Nervensystem und Gehirn braucht, sind indes keine Fälle von Spaziergängern bekannt, die sich, statt loszurennen, plötzlich im Handstand wiederfanden.

Aber vielleicht hat man nur noch nicht ausreichend danach gesucht. So wie nach dem eierbemalenden und -versteckenden Karnickel einfach nur nie ernsthaft genug gefahndet wurde.

Was wir zum Leben mitbekommen und was wir weitergeben – jedes Wochenende Geschichten rund um Gene und mehr in der „Erbonkel“-Kolumne.

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