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Sport: Wellen, Kälte und ein Glücksgefühl Thomas Lurz siegt

bei der Schwimm-WM

Berlin - Die Wellen überspülten immer wieder die Köpfe, das Wasser war gerade mal 19 Grad warm. Nicht warm genug für viele Langstreckenschwimmer. „Das war brutal“, sagte Thomas Lurz am Strand von St. Kilda in Melbourne. Er stand da, erschöpft, ausgekühlt, mit heißem Tee in der Hand. Ein Bild, das nicht zu seiner Gefühlswelt passte. „Ich freue mich riesig“, sagte Lurz am Sonntag zu den Reportern, die ihn umringten. „Bei mir ist der Sieg noch gar nicht angekommen.“ Der 27-Jährige aus Würzburg ist jetzt eine Art König seiner sportlichen Welt. Der beste Langstrecken-Schwimmer auf dem gesamten Globus. Er hat gerade das Fünf-Kilometer Rennen gewonnen, die erste Entscheidung bei der Schwimm-WM in Melbourne. Es war sein fünfter WM-Titel im Freiwasser insgesamt, so eine Bilanz ist einmalig.

Der deutsche Cheftrainer Örjan Madsen ist Norweger, also ein eher nüchterner Mann. Gestern aber sagte er: „Thomas ist der Größte.“ Und die deutschen Beckenschwimmer standen am Strand und machten La Ola. 100 Meter vor dem Ziel ging Lurz in Führung, dann siegte er vor dem Russen Jewgeni Drattsew. Melbourne könnte sein großer Auftritt werden. Über zehn Kilometer am Mittwoch ist er Titelverteidiger, wie schon über fünf. Und er könnte im Becken, über 1500 Meter, beeindrucken. Nicht mit einer Medaille, das ist unmöglich. Seine Bestzeit (15:00,90 Minuten) ist international nicht gut genug. Aber er könnte beweisen, dass er ein mörderisches Programm gut absolvieren kann: Freiwasser- und Beckeneinsätze bei einer einzigen WM.

Das war jahrelang sein großer Traum, der frühere deutsche Cheftrainer Ralf Beckmann sagte stets: nein. Er hatte schlechte Erfahrungen mit solchen Doppelstarts. Aber jetzt bestimmt Madsen, und er sagte schon bei der EM 2006: geht klar. Lurz gewann über fünf und zehn Kilometer und wurde Elfter über 1500 Meter. Aber bei einer WM ist die Konkurrenz anspruchsvoller.

Und wenn’s schief gehen sollte, nicht so schlimm. Lurz muss nicht mehr viel beweisen. Das Fachmagazin Swimming World hatte ihn schon 2004 und 2005 zum „Langstrecken-Weltschwimmer des Jahres“ gewählt, und er lässt sich vom Sport nicht komplett vereinnahmen. Lurz absolviert pro Woche allein im Becken bis zu zwölf Einheiten, aber sein Sozialpädagogik-Studium ist ihm mindestens so wichtig wie Schwimmen. Abstriche zugunsten des Sports macht er nicht. Er wechselt nur, je nach Situation, die Priorität. Am Mittwoch zum Beispiel, über zehn Kilometer, zählt nur der Überlebenskampf. Lurz sagt: „Das wird eine Schlacht.“

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