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Einsatzkräfte der Polizei stehen bei einer Razzia im Eingangsbereich eines Gebäudes in Solingen (NRW).

© dpa/Blaulicht Aktuell Solingen/Gianni Gattus

Update

Zehn Haftbefehle bei Großrazzia vollstreckt: Spezialkräfte gehen in acht Bundesländern gegen Schleuserring vor

Mehr als 1000 Beamte durchsuchten bundesweit Dutzende Wohn- und Geschäftsräume. Unter den Festgenommenen sind auch Rechtsanwälte.

| Update:

Bei einer groß angelegten Razzia gegen eine international agierende Schleuserbande in acht Bundesländern hat die Staatsanwaltschaft Düsseldorf am Mittwochmorgen zehn Verdächtige verhaften lassen. Ihnen werden neben Schleusung auch Bestechung und Geldwäsche vorgeworfen, teilten die Bundespolizei in Sankt Augustin und die Staatsanwaltschaft Düsseldorf mit.

Der Schwerpunkt der Ermittlungen lag in Nordrhein-Westfalen, wo auch die zehn Beschuldigten verhaftet wurden. Darunter waren ein Rechtsanwalt und eine Rechtsanwältin.

Weitere Razzien gab es der Mitteilung zufolge in Schleswig-Holstein, Hamburg, Berlin, Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern.

Die mutmaßliche bandenmäßige Schleusen reicher Ausländer nach Deutschland lief nach Angaben der Ermittler schon über mehrere Jahre. Ursprung der Ermittlungen seien ein Hinweis des deutschen Konsulats aus Kanton in China sowie zahlreiche Geldwäsche-Verdachtsanzeigen durch Banken gewesen.

Die Ermittlungen seien 2020 aufgenommen worden, aber die Tatzeiten lägen teilweise bereits in den Jahren 2016/2017, sagte der ermittlungsleitende Staatsanwalt Hendrik Timmer am Mittwoch in Düsseldorf.

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Konkrete Einsatzorte waren nach Angaben eines Sprechers unter anderem Solingen, Hamburg, Köln, München, Frankfurt, Düsseldorf sowie Berlin und Aachen. Für den Nachmittag ist eine Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft in Düsseldorf geplant.

Insgesamt sollen 38 Menschen Teil der Bande sein. Gegen sie und 147 geschleuste Menschen wird ermittelt. Wenn man später nachgeholte Familienangehörige hinzuzähle, gehe es um etwa 350 zumeist chinesische Staatsangehörige, sagte der Düsseldorfer Staatsanwalt Julius Sterzel der Deutschen Presse-Agentur.

Als Hauptbeschuldigte gelten zwei Rechtsanwälte aus dem Raum Köln. Sie sollen über ihre Kanzleien wohlhabende Staatsangehörige aus China und dem arabischen Raum angeworben haben. Mit der Aussicht auf eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis sollen die Geschleusten zwischen 30.000 und 350.000 Euro gezahlt haben.

Mit dem Geld sollen die Rechtsanwälte unter anderem Scheinfirmen gegründet haben. Ein erheblicher Teil habe jedoch der eigenen Bereicherung gedient. Die Aufenthaltserlaubnisse wurden bei den Ausländerämtern in Kerpen, Solingen, im Rhein-Erft-Kreis und im Kreis Düren erlangt.

Zu den Festgenommenen gehört auch ein Mitarbeiter des Kreises Düren, der Bestechungsgeld bekommen haben soll. Mehr als tausend Beamte durchsuchten seit dem Morgen 101 Wohn- und Geschäftsräume, darunter zwei Rechtsanwaltskanzleien und die angeblichen Geschäftssitze der Scheinfirmen sowie die vermeintlichen Wohnsitze. Dazu gehörten zwei Burgen in der Eifel. Auch die betroffenen Ausländerämter wurden durchsucht.

Bei einer Großrazzia gegen eine international agierende Schleuserbande wurde auch dieses Gebäude in Solingen (NRW) durchsucht.

© dpa/Gianni Gattus

Die Durchsuchungen dauerten am Vormittag weiter an. Dabei wurden einer ersten Zwischenbilanz zufolge rund 210.000 Euro Bargeld beschlagnahmt. Auch wurden insgesamt 269 Bankkonten gesperrt und 31 Grundstücke mit einer Sicherungshypothek belegt.

Neben mehreren Einsatzhundertschaften der Bundespolizei waren den Angaben zufolge auch Banknoten-Spürhunde an dem länderübergreifenden Großeinsatz beteiligt.

Faeser lobt hohen Ermittlungsdruck

„Wir brauchen im Kampf gegen Schleuserbanden genau diesen hohen Ermittlungsdruck und dieses konsequente Durchgreifen“, erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Jetzt gelte es, die Hintergründe auszuleuchten und den Strukturen der organisierten Kriminalität des Handwerk zu legen. Sie dankte den Einsatzkräften.

Die Maßnahmen der Bundespolizei waren ein guter Erfolg und zeigen, dass die Sicherheitsbehörden auch wirkungsvoll zuschlagen können“, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei für den Bereich Bundespolizei, Andreas Roßkopf, der „Rheinischen Post“. Er forderte weitere gesetzliche Möglichkeiten, um im Vorfeld solcher Maßnahmen ermitteln und überwachen zu können.

Bis zu 15 Jahre Freiheitsstrafe möglich

Unter Einschleusen versteht man die Hilfe zur unerlaubten Einreise nach Deutschland, zumeist gegen Geld. Dabei geht es um Fahrdienste, falsche Dokumente, Reiseorganisation oder die Unterbringung.

Die unerlaubte Einreise und der unerlaubte Aufenthalt sind nach Aufenthaltsgesetz strafbar. Wer sich hierzulande ohne den erforderlichen Aufenthaltstitel aufhält, hat das Bundesgebiet zu verlassen. Für gewerbsmäßiges Einschleusen drohen Freiheitsstrafen zwischen einem und 15 Jahren.

Im Jahr 2022 haben Bundeskriminalamt und Bundespolizei deutschlandweit 4936 Fälle von Schleusungen registriert - ein Plus von knapp 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Hintergrund ist der starke Anstieg irregulärer Migration nach Europa.

Im aktuellen Lagebild Schleusungskriminalität von 2022 heißt es, die Täter agierten „sehr professionell und flexibel“, auch gebe es eine zunehmende Risikobereitschaft. (dpa)

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