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Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sitzt nachdenklich im Bundestag.

© Imago/Political-Moments

Wird der Druck zu groß?: Die Grünen sorgen sich um Robert Habeck

Wirtschaftsminister und Vizekanzler Habeck steckt in seiner tiefsten politischen Krise. In seiner Partei kursiert bereits die Sorge, er könnte hinwerfen.

Robert Habeck sitzt mit versteinerter Miene auf der Regierungsbank. Seit einer Stunde muss sich der grüne Wirtschaftsminister im Parlament anhören, wie vermurkst sein Heizungsgesetz ist. Jenes Gesetz, das die FDP blockiert und das die Grünen bei den Wahlen in Hessen und Bayern empfindlich Stimmen kosten könnte. Jenes Gesetz, das Habecks politische Ambitionen ernsthaft gefährdet.

Auch der CSU-Abgeordnete Michael Kießling zieht über Habecks Plan her: „Sie verunsichern die Eigentümer, Sie verunsichern die Mieter, Sie verunsichern die Wirtschaft und Sie verunsichern die Bauwirtschaft.“

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Fünf Minuten geht das so. Vom „Habeck-Syndrom“ spricht Kießling und meint damit, dass der Minister keine Kritik mehr höre. Habeck sitzt einen Meter hinter Kießling und lässt sich nichts anmerken.

Selbst Habecks Vertrauter Kretschmann hat Zweifel

Viel muss der Vizekanzler in diesen Tagen aushalten – längst nicht mehr nur vonseiten der Opposition. Selbst Habecks Vertrauter, Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, zweifelt inzwischen öffentlich am Zeitplan für das Gesetz, das den Einbau von Öl- und Gasheizungen verbieten soll. Sorgfältig solle man prüfen, ob das schon Anfang 2024 in Kraft treten kann. Von „großen Problemzonen“ spricht Kretschmann und warnt, ein Gesetz in Gang zu setzen, das sich „später als nicht gut oder schwer praktikabel erweist“.

Für Habeck ist die Warnung umso schmerzhafter, weil sie mit Kretschmann von einem Vertreter seiner eigenen Denkschule kommt, die Politik nicht nur für die Grünen-Wähler machen will.

Doch auch die Grünen-Fraktion fordert eine umfangreiche soziale Abfederung des Gesetzes. Woher die Milliarden dafür kommen sollen, ist unklar. Vermutlich müsste Habeck sie aus seinem Klima- und Transformationsfonds stemmen. Geld, das dann an anderer Stelle fehlt.

Ohne sozialen Ausgleich, der nach Einkommen gestaffelt ist, geht die Wärmewende nicht.

Tarek Al-Wazir, grüner Wirtschaftsminister in Hessen, fordert Nachbesserungen beim Heizungsgesetz.

Auch ein weiterer Habeck-Vertrauter schließt sich am Donnerstag Kretschmanns Position an: „Ein Beschluss vor der Sommerpause 2023 bei gleichzeitigem Inkrafttreten beispielsweise​ Mitte 2024 würde einerseits Planungssicherheit und Klarheit schaffen und andererseits angesichts von Lieferfristen und Handwerkermangel eine ausreichende Übergangszeit ermöglichen“, sagt Tarek Al-Wazir, grüner Wirtschaftsminister in Hessen und Spitzenkandidat seiner Partei bei der Landtagswahl, dem Tagesspiegel. Auch er fordert zusätzliche Förderprogramme: „Ohne sozialen Ausgleich, der nach Einkommen gestaffelt ist, geht die Wärmewende nicht.“

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Die endlosen Debatten um das Heizungsgesetz sind für Habeck nur die jüngste Entwicklung in einer tiefen politischen Krise. Seit der verpatzten Gasumlage im vergangenen Sommer läuft es nicht mehr rund für Habeck, zuletzt musste er mit Patrick Graichen seinen wichtigsten Staatssekretär entlassen.

Doch den eigentlichen Ur-Fehler sehen viele in seiner Partei im Umgang mit den Atomkraftwerken. Entgegen seiner Überzeugung für längere Laufzeiten in der Energiekrise konnte er sich damals nicht gegen die eigene Fraktion durchsetzen. Erst ein Machtwort des Kanzlers brachte die Grünen auf Linie. Habeck machte sich klein und Olaf Scholz groß. Ihm fehlte die Autorität.

Robert Habeck und Kanzler Olaf Scholz im Kabinett, im Vordergrund Christian Lindner.

© dpa/Kay Nietfeld

Hört man sich bei den Grünen um, gibt es dafür verschiedene Erklärungen. Er habe kein Netzwerk in der Partei. Zudem gilt Habeck unter seinen Parteifreunden als miserabler Verhandler. Konfliktscheu sei er, wird ihm attestiert. In der Dreierrunde mit dem Kanzler und dem Finanzminister lasse er sich über den Tisch ziehen. Seine Partei folge ihm und den Kompromissen daher nicht bedingungslos.

Habeck macht sein Leiden öffentlich

Habecks Zustand treibt längst die Partei um. Bis in die Spitzen von Bund, Fraktion und Ländern beschäftigen sich die Grünen mit der Frage, ob der Minister dem Druck standhalten kann. Und, ob er es will. Denn es gibt die Befürchtung, dass Habeck hinschmeißen könnte. Es passe zu seiner Persönlichkeit, heißt es.

Schon in der Vergangenheit hat er sein Leiden öffentlich zur Schau gestellt. Mal erzählte Habeck, er habe Müsli mit Wasser gegessen, weil er keine Zeit zum Einkaufen finde. Ein anderes Mal betonte er, dass er in der Energie-Krise kaum noch zum Schlafen komme. Als ungerecht empfindet es Habeck wohl, dass seine Leistung nicht die gebotene Anerkennung findet. Auf einen Rücktritt ist die Partei jedoch überhaupt nicht vorbereitet.

In Habecks direktem Umfeld hört man jedoch Optimismus. Begründet wird der ausgerechnet mit seiner früheren Konkurrentin um die Kanzlerkandidatur. Annalena Baerbock habe im Wahlkampf eine ähnliche Phase erlebt, sei schwer beschädigt Außenministerin geworden. Inzwischen ist der Absturz lange vergessen. Baerbock glänzt auf dem internationalen Parkett und erhält selbst aus der Opposition Lob.

Die Zeit könne Habeck helfen, aus der Krise zu kommen, sagen Menschen, die ihm gewogen sind. Die anderen sagen, Annalena Baerbock werde Kanzlerkandidatin.

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