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Der Chef der Thüringen-AfD, Björn Höcke, im Gerichtssaal im Landgericht Halle.

© dpa/Reuters/Pool/Fabrizio Bensch

Update

Anwälte verzögerten Prozess stundenlang: Höcke äußert sich am ersten Verhandlungstag nicht zu NS-Vorwürfen

Noch vor der Anklageverlesung stockt der Gerichtsprozess gegen den Thüringer AfD-Chef. Seine Verteidiger stellten Anträge, die letztlich abgelehnt wurden. Dann hüllt sich Höcke in Schweigen.

| Update:

Der AfD-Politiker Björn Höcke hat sich am ersten Verhandlungstag seines Prozesses wegen Verwendung von NS-Vokabular vor dem Landgericht Halle an der Saale nicht zu dem Vorwurf geäußert.

Sein Mandant werde sich später vor dem Gericht äußern und auch Fragen der Staatsanwaltschaft beantworten, erklärte einer seiner Verteidiger am Donnerstag. Der nächste Verhandlungstag ist am kommenden Dienstag geplant.

Zuvor hatte es noch vor Verlesung der Anklage deutliche Verzögerungen in dem Prozess gegeben. Die Rechtsanwälte des 52-Jährigen hatten unter anderem beantragt, dass die Verhandlung vollständig per Tonaufnahme dokumentiert werden soll.

Zudem hatten sie gefordert, dass das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden soll, ob das Landgericht in Halle oder das Amtsgericht in Merseburg für die Verhandlung zuständig ist.

Mehr als drei Stunden nach offiziellem Beginn der Verhandlung erklärte der Vorsitzende Richter, dass die von der Verteidigung gestellten Anträge abgelehnt werden. 

Staatsanwaltschaft ist entrüstet

Die Staatsanwaltschaft brachte ihren Ärger über das Vorgehen der Verteidiger zum Ausdruck. So etwas habe er noch nie erlebt, sagte Staatsanwalt Benedikt Bernzen.

Die Staatsanwälte Benedikt Bernzen und Ulf Lenzner während des Prozesses gegen Höcke im Landgericht Halle.
Die Staatsanwälte Benedikt Bernzen und Ulf Lenzner während des Prozesses gegen Höcke im Landgericht Halle.

© dpa/Reuters/Pool/Fabrizio Bensch

Gerichtssprecherin Adina Kessler-Jensch sagte, es sei denkbar, dass die Verhandlung in Halle auch dann fortgeführt werde, wenn dem Antrag stattgegeben werde, dass das Bundesverfassungsgericht über die Zuständigkeit entscheiden soll.

Verfahren wegen SA-Parole

Es ist das erste Gerichtsverfahren gegen Thüringer AfD-Chef, der vor seiner politischen Karriere viele Jahre als Gymnasiallehrer für Geschichte in Hessen unterrichtet hatte. Der Vorwurf: Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen. 

Konkret soll Höcke am 29. Mai 2021 in Merseburg bei einer Wahlkampfveranstaltung der AfD Sachsen-Anhalt am Ende seiner Rede die Parole „Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland“ gerufen haben. Es handelt sich um eine verbotene Losung der Sturmabteilung (SA), der paramilitärischen Kampforganisation der NSDAP.

Der damalige Co-Vorsitzende der Grünen Sachsen-Anhalt, Sebastian Striegel, hatte Höcke angezeigt und auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags verwiesen, wonach das Verwenden der Losung im Rahmen einer Rede auf einer Versammlung strafbar ist.

Höcke beruft sich auf Unwissen über Herkunft der Parole

Die Staatsanwaltschaft warf Höcke vor, von der Herkunft der SA-Losung „Alles für Deutschland“ gewusst zu haben. Er habe gewusst, dass es sich um eine verbotene SA-Losung handele, hieß es in der Anklage, die ein Staatsanwalt am Donnerstag in Halle vorlas.

Höcke hatte seine Wortwahl kurz vor Beginn des Prozesses verteidigt. Auch im Fernsehduell mit Thüringens CDU-Chef Mario Voigt am Donnerstagabend gab sich Höcke ahnungslos. Er habe nicht gewusst, dass es sich um eine SA-Parole handle, sagte er. „Alles für Deutschland“ sei ein „Allerweltsspruch“.

Vier Verhandlungstage bis 14. Mai angesetzt

Das Strafmaß liegt zwischen einer Geldstrafe und einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Bis zu einer möglichen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung. Bislang sind vier Verhandlungstage bis 14. Mai angesetzt. Zuständig ist das Landgericht Halle, wegen des großen medialen Andrangs wurde die Verhandlung in das Justizzentrum verlegt.

Bei den Landtagswahlen in Thüringen am 1. September will Höcke als AfD-Spitzenkandidat ins Rennen gehen. Seine Partei wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft.

Wenige Monate vor der Landtagswahl in Thüringen am 1. September steht das Verfahren gegen den AfD-Landes- und -Fraktionschef unter besonderer Beobachtung.

Seit Sommer 2022 liegt die AfD in Umfragen vorn - nicht nur in Thüringen, sondern auch in Sachsen und Brandenburg, wo im Herbst ebenfalls neue Landtage gewählt werden. Höcke, der auch Spitzenkandidat seiner Partei ist, verkündete bereits öffentlich, er wolle in die Erfurter Staatskanzlei einziehen. (AFP, dpa)

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