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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.

© AFP/Daniel Leal

Raus aus dem Heizungskeller: Macht Habecks Redetalent ihn zum Kanzlerkandidaten?

Die Grünen entdecken erneut die Stärke von Robert Habecks besonderer Kommunikation. Hat der Vizekanzler sein Stimmungstief damit überwunden?

Monatelang ließ Wirtschaftsminister Robert Habeck die Deutschen an ihren Heizungskeller denken. Seine Popularität nahm rapide ab. Doch jetzt zeigt ein virales Video von Habeck in den sozialen Medien den Grünen erneut, über welches Kommunikationstalent ihr Vizekanzler verfügt.

Rund 15 Millionen Mal wurde der knapp zehnminütige Clip bis Freitagabend geklickt, in dem Habeck Deutschlands Haltung zu Israel erläuterte und sich gegen Antisemitismus aussprach – rational und zugleich empathisch und einprägsam.

Macht dieses Talent Habeck zum zwangsläufigen Kanzlerkandidaten der Grünen? Diese Debatte nimmt im Hauptstadtbetrieb wieder Fahrt auf – zumal sich seine Konkurrentin Annalena Baerbock auf diesem Feld zeitgleich sichtbar schwertat. Die Außenministerin konnte am Mittwochabend im ZDF kaum erklären, warum sich Deutschland bei einer israelkritischen UN-Resolution enthalten hat.

Die Grünen wären vom Affen gebissen, wenn sich nicht spürten, was da an politischem Potential vorhanden ist.

Rezzo Schlauch

Dass manche Medien in Habecks Video einen Ausdruck des Machtkampfs mit Baerbock sehen, hält der frühere Grünen-Oberrealo Rezzo Schlauch für übertrieben. Er sagt aber zugleich auch: „Die Grünen wären vom Affen gebissen, wenn sich nicht spürten, was da an politischem Potenzial vorhanden ist.“

Die Grünen haben Habeck schon länger gestärkt

Habeck sei ein Ausnahmepolitiker. Auch für das Video zur Solidarität mit Israel und gegen Antisemitismus habe er authentisch aus dem eigenen Leben geschöpft – nach einem Besuch der jüdischen Gemeinde in Frankfurt. Schlauch betont zudem, dass es Habeck gelingt, auch den Grünen eher distanziert gegenüber stehende Milieus anzusprechen. So kam seine Industriestrategie bei der Wirtschaft gut an.

Für eine Festlegung auf Habeck als Kanzlerkandidat ist es aus Schlauchs Sicht jedoch zu früh. Dafür sei die Kritik an Habeck in der Heizungsdebatte noch zu präsent. Von den aktiven Grünenpolitikern will sich zur K-Frage kaum jemand äußern. Doch hinter den Kulissen hört man bereits seit einigen Wochen, dass sich Habeck in einer guten Position befindet. Er hat mit Bayern, Baden-Württemberg und Hessen einflussreiche Landesverbände hinter sich.

Nachdem Familienministerin Lisa Paus Habecks Zusage zum Wachstumschancengesetz torpediert hatte, stellten die Grünen zudem klar, dass der Vizekanzler in der Grünen-Spitze der Erste unter Gleichen ist.

Zugleich sorgten die Angriffe der „Bild“ auf Habeck im Heizungsstreit für viel Sympathie bei den Grünen. Mit Spannung wird deshalb erwartet, mit welchen Werten Habeck und Baerbock auf dem Parteitag Ende November in den Parteirat wiedergewählt werden.

Bei einer Kanzlerkandidatur rechnet sich Habecks Umfeld dabei durchaus Chancen aus – auch wenn die Grünen in aktuellen Umfragen derzeit nur bei 14 Prozent stehen.

Die Hoffnung ist, dass ihm eine ähnliche Aufholjagd wie Olaf Scholz 2021 gelingt. Die Deutschen könnten sich im Vergleich zum spröden Scholz und dem schneidigen Merz nach dem erklärenden und empathischen Habeck sehnen, lautet das Kalkül.

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