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Hausärzte sollen bald mehr Geld bekommen.

© dpa/Philipp Schulze

Kampf gegen den Hausärztemangel: Plötzlich geht es nur noch um die Honorare

Mit Gesundheitskiosken in armen Stadtteilen und mehr Studienplätzen wollte Gesundheitsminister Lauterbach den Ärztemangel bekämpfen. Die FDP setzte stattdessen mehr Geld für Ärzte durch.

Wie groß das Problem ist, machte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Sonntag noch einmal deutlich. „Wir haben 50.000 Ärztinnen und Ärzte in den letzten zehn Jahren nicht ausgebildet. Daher werden uns in den nächsten Jahren flächendeckend die Hausärztinnen und Hausärzte fehlen“, sagte der SPD-Politiker in der ARD.

Man werde in eine ganz schwierige Versorgungssituation kommen, warnte Lauterbach. Den künftigen Mangel „kann man sich noch gar nicht richtig vorstellen“.

Gegensteuern will Lauterbach mit dem Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG). Bevor das Kabinett das Gesetz beschließt, finden sich allerdings einige von Lauterbachs zentralen Ideen nicht mehr in dem Entwurf.

FDP hat das Gesetz gekapert

Mit Gesundheitskiosken wollte Lauterbach Menschen auf dem Land und in sozial benachteiligten Stadtteilen eine gute Versorgung sichern. In den Kiosken sollen Pflegefachkräfte Routinebehandlungen durchführen: etwa Blutdruck und Blutzucker messen oder den Verband wechseln oder Wunden versorgen. Doch nun taucht die niedrigschwellige Anlaufstelle für Standardbehandlungen nicht mehr in dem Gesetzestext auf.

Insbesondere die FDP fand die bis zu 1000 geplanten Kioske zu teuer. Auch geförderte Medizinstudienplätze, die mit Mitteln der gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden sollten, sind aus Gesetzentwurf verschwunden.

Wir wollen die Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen und idealerweise auch der Fachärzte.

Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP im Bundestag

Stattdessen findet sich in dem Entwurf nun vor allem ein Punkt, der der FDP wichtig war: die geplante Entbudgetierung der Hausärzte, sie können künftig Behandlungen einfacher abrechnen. Erst Anfang des Jahres wurde der entsprechende Passus in den Gesetzesentwurf eingearbeitet. Zuvor hatte ein Ärztestreik für Aufsehen gesorgt.

Dass die Kioske nun raus sind und die Entbudgetierung der Hausärzte drin, kann man nicht anders als einen Sieg für die FDP werten. Die FDP habe das Gesetz gekapert, hieß es im Regierungsviertel.

„Wir haben uns in der Vergangenheit zu den Gesundheitskiosken klar positioniert und ich freue mich, dass es der Bundesminister nun auch so sieht“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Liberalen, Andrew Ullmann, auf Anfrage. „Wir wollen die Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen und idealerweise auch der Fachärzte.“ Nur so funktioniere eine verstärkte Ambulantisierung für die Zukunft, meint Ullmann. „Jetzt hätten wir zumindest potenziell Geld dafür“, meint Ullmann, nachdem die Gesundheitskioske gestrichen wurden.

Haben sich Lobbyverbände durchgesetzt?

Solche Aussagen machen Alexander Fischer wütend, schließlich kämpft er als Geschäftsführer von Deutschlands erstem Gesundheitskiosk in Hamburg-Billstedt/Horn seit Jahren dafür, dass es für diese neuartige Versorgungsleistung einen Rechtsanspruch gibt. „Wie sich Lauterbach jetzt die Butter vom Brot nehmen lassen kann, ist nicht nachzuvollziehen“, sagte Fischer Tagesspiegel Background. Sinnvolle neue Versorgungsmodelle würden schon im Ansatz durch Lobbyverbände und Krankenkassen boykottiert.

Wie sich Lauterbach jetzt die Butter vom Brot nehmen lassen kann, ist nicht nachzuvollziehen.

Alexander Fischer, Geschäftsführer von Deutschlands erstem Gesundheitskiosk

Die Krankenkassen sind hingegen erleichtert, dass das GVSG in dieser Form zusammengestrichen wurde. „Es ist gut, dass die Bundesregierung angesichts der enormen Ausgabensteigerungen, die auf die Beitragszahlenden zukommen, auf umstrittene und kostenintensive Projekte, wie die Gesundheitskioske, verzichtet“, sagte Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse.

Auch bei den verbliebenen Maßnahmen rund um ärztliche Honorare gelte es eine konsequente Kosten-Nutzen-Rechnung aufzustellen. Im Sinne der Beitragszahlenden gelte für die Ausgaben „weniger ist mehr“, so der TK-Chef.

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