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© Imago/Bernd Elmenthaler

Vorgeführt von der Parteifreundin: Der Ampel-Zoff lässt Habeck auf einmal schwach aussehen

Robert Habeck war einmal der Star seiner Grünen. Doch der von Familienministerin Paus ausgelöste Eklat in der Ampel düpiert den Wirtschaftsminister. Was bedeutet das für das Machtgefüge der Partei? 

Robert Habeck ist im Urlaub. Wäre er es nicht, vielleicht hätte der Wirtschaftsminister das Bild verhindern können, das sich in diesen Tagen festzusetzen droht: ein Vizekanzler ohne ausreichende Macht. Ein Mann, der Kanzler werden will, dem aber das Grundsätzliche in einer Parteiendemokratie dazu fehlt: die Basis bei den eigenen Leuten.

Grünen-Familienministerin Lisa Paus hat ihn düpiert, als sie am Mittwoch ihr Veto gegen das Wachstumschancengesetz von Finanzminister Christian Lindner (FDP) einlegte und damit den ersten großen Streit der Ampel-Regierung nach dem Versprechen von mehr Ruhe vor einigen Wochen vom Zaun brach – obwohl Habeck dem Gesetzesvorschlag von Lindner bereits zugestimmt hatte.

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Paus will mehr Geld für die Kindergrundsicherung, dem wichtigsten sozialpolitischen Vorhaben der Grünen. Wer dabei Schaden nimmt, scheint ihr herzlich egal zu sein.

Und Habeck? Wirkt abwesend, während einer Schlacht, die für ihn entscheidend werden könnte, sollte er tatsächlich Kanzlerkandidat seiner Partei werden wollen. Schließlich ist es in Berlin ein offenes Geheimnis, dass auch Außenministerin Annalena Baerbock mit dem Gedanken spielt. Und dass sie nach der Macht greift, wenn sich die Gelegenheit bietet, müsste Habeck spätestens im Wahlkampf 2021 aufgegangen sein, als sie Kanzlerkandidatin wurde – gegen seinen Willen.

Die Wahrheit ist, dass wir als Land aus einer politischen Bequemlichkeit aufschrecken.

Robert Habeck (Grüne), Bundeswirtschaftsminister

Vor wenigen Tagen schien es noch, als habe er das Ziel fest im Blick. In einem langen Interview mit der „Zeit“ reflektierte der Wirtschaftsminister die ersten zwei Jahre der Ampelkoalition. Er sagte Sätze wie diesen: „Die Wahrheit ist, dass wir als Land aus einer politischen Bequemlichkeit aufschrecken.“

Er klang beinahe wie früher, als er, gemeinsam mit Baerbock, die Grünen zu immer neuen Rekorden in Umfragen und Landtagswahlen führte. Er sprach darüber, dass „das Gespür für gesellschaftliche Veränderungen“ nicht verlorengehen dürfe. Aus dem „Zentrum der Gesellschaft“ müsse man die „Geschwindigkeit der Veränderung“ generieren, indem man erkläre, erkläre, erkläre. Er habe aus dem Heizungsgesetzfiasko gelernt, sollte das wohl heißen, die Koalition würde künftig ruhiger, die Menschen mitgenommen. Nicht einmal zehn Tage ist das Interview alt.

Nimmt Habeck den Frust seiner Partei ernst genug?

Über die strategische Motivation von Lisa Paus, die Ampel in die nächste Krise zu stürzen, obwohl sie sich fest versprochen hatte, künftig geräuschärmer zu regieren, lässt sich nur spekulieren.

Doch nach Tagesspiegel-Informationen hat Paus weitgehend allein gehandelt, auch die linke Grünen-Parteichefin Ricarda Lang soll ihr kein Go gegeben haben. Paus habe die Parteiführung und Kabinettsmitglieder zwar in Kenntnis gesetzt, mehr aber nicht. „Alle sind sauer“, sagt einer.

Der Wirtschaftsminister habe das Wachstumschancengesetz mit allen wichtigen Akteuren abgesprochen. Dazu passt ein Satz, den FDP-Chef Lindner der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ sagte: „Drei grüne Ressorts haben dem Gesetz ja zugestimmt, eines nicht.“ Nicht nur Habeck, auch Baerbock und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir haben das Gesetz demnach abgesegnet.

Unterstützung bekommt Habeck aus Baden-Württemberg. Der dortige Grünen-Finanzminister, Danyal Bayaz, lobt Habeck dafür, dass das Wachstumschancengesetz nun schnellere Abschreibungen für Anlagegüter enthält. „Das mobilisiert zusätzliches privates Kapital und lässt zudem Unternehmen Investitionen vorziehen“, sagte er dem Tagesspiegel. Linke Grüne sehen das kritisch.

Ein ausgewachsener Flügelstreit zwischen Linken und Realos ist der Eklat dennoch nicht – wenn die Information stimmt, dass die Parteiführung nicht in die strategische Entscheidung eingebunden war.

Trotzdem ist die Unterstützung, die Paus von linken Grünen erfährt, unübersehbar. „Ganz überwiegend“ werde Paus‘ Kurs in der Fraktion unterstützt, hatte die Abgeordnete Canan Bayram dem Tagesspiegel gesagt. Die Abgeordneten wollen ein Rachegefühl stillen, so formuliert es einer, es der FDP heimzahlen, für die vielen Male, als die Freidemokraten Gesetzesvorhaben blockiert, verschoben, aufgeweicht haben.

Der Streit zeigt dennoch, wie sehr Habeck darum kämpfen muss, den eigenen Laden zusammenzuhalten.

„Was mir in den Knochen steckt, ist, dass ich diesen Moment der gesellschaftlichen Veränderung zu spät gesehen habe“, sagte er im Interview mit der „Zeit“, als es um das Heizungsgesetz ging – die Frage ist, ob er die Stimmungsänderung in der eigenen Partei ernst genug nimmt.

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