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Ein Mann raucht einen Joint.

© dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Kiffer werden nicht mehr kriminalisiert: Deutschland schafft mit dem Gesetz einen Paradigmenwechsel

Der Bundesrat hatte zuletzt Bedenken gegen einzelne Details der Cannabis-Legalisierung. Entscheidend ist aber: Deutschland schafft den Weg zur Entkriminalisierung der Droge.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Karl Lauterbach hat es geschafft. Sein Gesetz zur Freigabe von Cannabis ist durch den Bundesrat gegangen und hat damit nach dem Bundestag die letzte entscheidende Hürde genommen.

Gemessen daran, dass es aus den Bundesländern zuletzt lautstarke Kritik an einzelnen Details des Gesetzes gegeben hatte, ist das Verfahren im Bundesrat recht geräuschlos zu Ende gegangen. Für eine Anrufung des Vermittlungsausschusses – und damit eine mögliche Verzögerung der Freigabe bis in den Herbst hinein – fand sich keine Mehrheit.

Die Freigabe führt zu einem großen Handlungsdruck. Das gilt in erster Linie für die Justiz, die prüfen muss, ob sich zurückliegende Strafen für Cannabis-Konsumenten noch halten lassen. Den Bundesländern kommt wiederum die Pflicht zu, zu prüfen, ob die Regeln für die private Kultivierung von Hanfpflanzen oder die Obergrenzen für den Besitz der Droge eingehalten werden.

Die Legalisierung gilt ab dem 1. April. Tatsächlich ist der Einwand aus den Ländern berechtigt, dass die Umsetzung in der kurzen Frist kaum zu schaffen ist. Das sollte aber nicht den Blick auf das Eigentliche vernebeln: Deutschland schafft mit dem Gesetz einen Paradigmenwechsel. Kiffer werden nicht mehr kriminalisiert.

Die Freigabe ist ein Herzensprojekt der Grünen und der Liberalen. Die SPD ist als dritter Ampel-Partner nur halbherzig mitgegangen und ließ sich am Ende vom früheren Legalisierungsgegner Lauterbach in die Spur bringen. Man mag, wie viele SPD-Politiker, einwenden, dass die Menschen in Deutschland angesichts der schwächelnden Konjunktur, weiter steigender Lebensmittelpreise und des Kriegs in der Ukraine derzeit von anderen Sorgen umgetrieben werden als von der Frage, ob man zu Hause nun künftig 30 oder 50 Gramm Cannabis lagern darf.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Freitag im Bundesrat.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Freitag im Bundesrat.

© IMAGO/Bernd Elmenthaler/IMAGO/Bernd Elmenthaler

Trotzdem ist die teilweise Legalisierung richtig. Denn die Repression hat in der Vergangenheit nicht gewirkt: Dass der Besitz von Cannabis nach dem Betäubungsmittelgesetz bislang verboten ist, hat nichts daran geändert, dass die Zahl der jugendlichen Kiffer in den letzten Jahren immer weiter gestiegen ist. Schlimmer noch: Toxische Substanzen, die auf dem Schwarzmarkt beigemengt werden, erhöhen das Gesundheitsrisiko weiter.

Hier setzt Lauterbachs Gesetz an. Es ist der Versuch, den Schwarzmarkt zurückzudrängen und damit auch die Gefahren, die von giftigen Zusätzen ausgehen. Die Sorge, dass mit der Freigabe der Konsum steigen wird, ist nur zum Teil berechtigt. Denn Cannabis bleibt mit Lauterbachs Gesetz erstens für Menschen verboten, die noch nicht volljährig sind. Und zweitens hat der Mediziner Lauterbach die Freigabe nicht ohne Grund mit dem Hinweis verbunden, dass die Aufklärung über die Gefahren des Kiffens mindestens genauso wichtig ist wie die Teil-Legalisierung.

Damit hat er recht: Weil das Gehirn junger Menschen im Alter bis 25 Jahren noch nicht voll ausgereift ist, kann der Konsum schwerwiegende Folgen haben – fürs ganze Leben. Deshalb wird der Erfolg des Gesetzes auch davon abhängen, ob die Suchtprävention tatsächlich verstärkt wird oder nicht.

Eine illegale Cannabis-Plantage im niederländischen Drimmelen.
Eine illegale Cannabis-Plantage im niederländischen Drimmelen.

© picture alliance / dpa/Robert Van Den Berge

Deutschland hat dabei den Vorteil, von den oftmals negativen Beispielen der Legalisierung in anderen Ländern lernen zu können. In den Niederlanden wurde der Fehler gemacht, das Kiffen zwar in den Coffeeshops zu erlauben, nicht aber den Anbau. Dieser Umstand wirkte wie ein Konjunkturprogramm für die Drogenmafia im Nachbarland. In Deutschland sollen hingegen die Anbauvereinigungen demnächst dafür sorgen, dass auch die begrenzte Herstellung der Droge entkriminalisiert wird.

Es wäre ein Erfolg, wenn Deutschland nun mit der Freigabe einen ähnlichen Weg gehen könnte wie Portugal. Dort müssen Kiffer zwar weiter mit einem Bußgeld rechnen, aber der begrenzte Cannabis-Besitz wurde aus der Kriminalität herausgeholt, so wie es in Deutschland nun auch geschieht.

Der Staat auf der iberischen Halbinsel hat es geschafft, den exzessiven Drogenkonsum zurückzudrängen, der dort noch in den Nullerjahren herrschte. Wenn dies auch hierzulande gelänge, könnten sich auch all jene Bedenkenträger, die vor der Bundesratssitzung gegen die Freigabe gegiftet haben, locker machen.  

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