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Stefan Raue, Intendant des Deutschlandradios, warnt vor drastischen Einsparungen beim Hörfunk.

© dpa/Jan Woitas

In der Abendstrecke werden ARD-Kulturwellen zur Einheitswelle: Verarmung durch Vereinheitlichung

Ein Kompetenz- und ein Ansehensverlust droht, wenn Vielfalt und Regionalität im ARD-Kulturradio verschwinden.

Ein Kommentar von Joachim Huber

Berlin leistet sich drei Opernhäuser. Ein Luxus, gerade in Zeiten sich verengender Etats. Vorschlag: Aus drei Opern mach eine. Wer diese Idee, mit guten Gründen, für unerhört hält, der wird nicht anders reagieren können, wenn er vor Augen und Ohren geführt bekommt, dass die Radio-Kulturwellen der ARD-Häuser nach 20 Uhr zur Einheitswelle werden. Statt föderaler Vielfalt wird dann ein Highlight-Programm auf dem Minimum-Niveau des Sinfonieorchesters des Bayerischen Rundfunks mit Sir Simon Rattle angekündigt.

Nun darf der Streit darüber beginnen, ob ein deutschlandweit vereinheitlichtes Kulturprogramm den Kulturauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks diskreditiert, ja die Legitimität des beitragsfinanzierten Systems verspielt.

Auch das darf gesehen werden: Die ARD-Welle muss sich klar und deutlich vom nationalen Hörfunk, vom Deutschlandradio abgrenzen, ansonsten die Frage heraufkommt, warum der Beitragszahler zum Verwechseln ähnliche Programme finanzieren soll.

Die bestehenden Kulturwellen des ARD-Radios bestechen und rechtfertigen sich durch Regionalität und Vielfalt - künftig aber nur bis 20 Uhr, danach greift die Zentralisierung.

Natürlich kündigt sich mit dem Gemeinschaftsprogramm ein Kompetenzverlust an. Leute und Ideen, Formate und Genres werden zur Seite geschoben, die Breite der Fachredaktionen wird planiert.

Dieses Klagelied könnte über mehrere Strophen verlängert werden. Aber es wird diese Tatsache nicht übertönen können: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird tagtäglich zum Sparen aufgefordert. Die nächste Beitragserhöhung kommt eher nicht als, dass sie kommt. Das wird den Spardruck nochmals erhöhen.

Erste Konsequenzen sind schon da. Nach der Kulturwellen soll auch die Radio-Information der ARD nach 20 Uhr auf eine Linie gebracht werden. Was im ARD-Radio realiter Verarmung durch Vereinheitlichung bedeutet.

Wenn sich das arme Land Berlin drei Opernhäuser leistet, muss sich das reiche Deutschland sehr unterschiedliche ARD-Kulturwellen leisten. Kultur, gerade Kultur braucht Vermittlung, Präsenz, Sichtbarkeit durch Hörbarkeit. Kulturradio eben.

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