zum Hauptinhalt
Russische Soldaten bereiten einen Angriff auf ukrainische Stellungen vor.

© dpa/AP/Russian Defense Ministry Press Service

Update

Wegen US-Hilfen für die Ukraine: Militärexperten erwarten bald verstärkte Angriffe Russlands

Moskau dürfte seine Offensiven wohl intensivieren, so das Institute for the Study of War. Putin werde versuchen, bedeutsame Erfolge zu erzielen, bevor Kiews Truppen besser ausgerüstet sind.

Internationale Militärexperten gehen davon aus, dass die Entscheidung der USA, die Milliarden-Hilfen für die Ukraine freizugeben, zu baldigen Reaktionen der Armee des russischen Machthabers Wladimir Putin führen wird.

Wie das Institute for the Study of War (ISW) in seinem aktuellen Bericht schreibt, dürften die russischen Truppen versuchen, die Materialknappheit und den Munitionsmangel der Ukraine auszunutzen, bevor die Hilfen aus dem Westen eintreffen.

„Die russische Militärführung wird wahrscheinlich ihre Offensivoperationen sowie Raketen- und Drohnenangriffe intensivieren, um operativ bedeutsame Effekte zu erzielen, die gegen gut ausgerüstete ukrainische Streitkräfte sicherlich schwieriger zu erreichen sein werden“, heißt es in dem Bericht des Instituts aus den USA.

ISW-Experten warnen vor russische Erfolgen an der Front

Das US-Repräsentantenhaus hatte am Samstag (Ortszeit) nach monatelanger Blockade ein milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine gebilligt. Die Parlamentskammer verabschiedete einen entsprechenden Gesetzentwurf, der rund 61 Milliarden US-Dollar (57 Milliarden Euro) für Kiew enthält.

Wie das ISW in seinem Bericht weiter schreibt, hätten die Russen ihre laufenden Offensivoperationen fortgesetzt und in einigen Gebieten sogar intensiviert, auch angesichts der ungewöhnlich trockenen Bodenverhältnisse in diesem Frühjahr.

Den ISW-Experten zufolge haben die russischen Streitkräfte auch versucht, die schwache Luftverteidigung der Ukraine auszunutzen, um das ukrainische Energienetz zum Zusammenbruch zu bringen und der ukrainischen Infrastruktur und Verteidigungsindustrie langfristigen Schaden zuzufügen.

Nach einer Besserung der ukrainischen Luftverteidigung werde sich das Risiko für die Russen erhöhen, hieß es. Die Ukraine erwartet nicht nur Flugabwehrsysteme vom Westen und die entsprechenden Raketen dazu, sondern auch Kampfjets vom US-Typ F16. Ziel der Führung in Kiew ist es, die Hoheit über den eigenen Luftraum wiederzuerlangen.

Die ISW-Experten verwiesen auch auf Aussagen von US-Beamten, nach denen etwa die dringend von der Ukraine benötigten Flugabwehrraketen und Artilleriegeschosse mit 155 Millimetern Größe aus amerikanischen Lagern in Europa übergeben werden könnten. Trotzdem werde es Wochen dauern, bis die Hilfe tatsächlich in der Ukraine sei. 

„Die nun erwartete Ankunft der US-Sicherheitshilfe hat diese Überlegungen für die russischen Streitkräfte wahrscheinlich noch verstärkt“, so das ISW.

ISW sieht in neuen US-Militärhilfen möglichen Wendepunkt

Die russischen Streitkräfte hätten in den vergangenen sechs Monaten, in denen sich die ukrainischen Bedingungen verschlechtert hätten, nur taktische Gewinne erzielt. Es sei unwahrscheinlich, dass sie einen Durchbruch erzielten, der die Frontlinie zum Einsturz bringen würde, heißt es in dem Bericht.

In den kommenden Wochen könnten Putins Truppen immer noch in der Lage sein, operativ bedeutende Fortschritte zu erzielen. Sie könnten dafür Abschnitte der Front bevorzugen, in denen die ukrainische Verteidigung relativ instabil erscheint, vor allem westlich von Avdiivka in der Oblast Donezk, oder Bereiche der ukrainischen Front.

Nach Einschätzung der ISW-Experten ist die US-Militärhilfe ein Wendepunkt in dem Krieg in der Ukraine; allerdings stünden in Russland, im Westen und in der Ukraine wichtige Entscheidungen aus, die den weiteren Verlauf und das Ergebnis der Kämpfe bestimmen würden.

„Der Kreml ist nach wie vor in der Lage, seine Wirtschaft und Bevölkerung weiter zu mobilisieren, um seine Kampagne zur Zerstörung der ukrainischen Staatlichkeit und Identität zu unterstützen, und er kann beschließen, innenpolitisch unpopuläre Entscheidungen zu treffen, wenn er sie für notwendig hält“, stellten die Experten fest.

Scharfe Töne kamen nach der Verabschiedung des US-Hilfspakets von den Russen. Die vom US-Repräsentantenhaus bewilligten Milliardenhilfen für Kiew werden nach Worten des russischen Präsidialamtssprechers Dmitri Peskow die Ukraine „weiter ruinieren“ und zu mehr Toten in dem Konflikt führen, so die Agentur Reuters.

Peskow sagte der Nachrichtenagentur Tass demnach, dass eine Klausel in dem Gesetz, die es der US-Regierung erlaubt, beschlagnahmtes russisches Vermögen zu konfiszieren und für den Wiederaufbau in die Ukraine zu transferieren, das Image der USA beschädigen würde. Russland werde mit Maßnahmen im eigenen Interesse reagieren.

Der stellvertretende russische Botschafter bei den UN in New York, Dmitri Poljanski, sagte, die milliardenschwere Militärhilfe werde eine Niederlage der Ukraine nicht verhindern. „Es gibt nichts zu feiern.“ Der Krieg werde so fortgesetzt.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

„Tausende Ukrainer werden in den Fleischwolf“ gehen, schrieb er in einem am Sonntag im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter) veröffentlichten Kommentar. „Aber das unrühmliche Ende des Kiewer Regimes ist unausweichlich ungeachtet dieses neuen Pakets und all der nutzlosen Anstrengungen der US- und Nato-Unterstützer, es am Leben zu halten.“

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dagegen nannte die US-Milliardenhilfe überlebenswichtig im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg. „Und es ist ein sehr bedeutendes Paket, das sowohl unsere Kämpfer an der Front als auch unsere Städte und Dörfer, die unter dem russischen Terror leiden, zu spüren bekommen werden“, sagte Selenskyj in seiner am Samstagabend in Kiew verbreiteten Videobotschaft. „Das ist eine Entscheidung, die uns das Leben rettet.“

Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow schrieb im sozialen Netzwerk X, dass die ganze Welt auf diese Entscheidung gewartet habe, „die den Sieg gegen den russischen Aggressor näher bringen wird“.

Für uns in Deutschland muss diese amerikanische Entscheidung eine Steilvorlage sein, auch unsererseits die Ukraine-Hilfen zu steigern.

Jürgen Hardt, außenpolitischer Sprecher der Union

Die Union sieht nach der milliardenschweren Waffenhilfe für die Ukraine die Bundesregierung am Zug. „Der heutige Tag kann zum Wendepunkt werden“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, der Nachrichtenagentur Reuters am Samstagabend. „Spät, aber nicht zu spät, sendet Amerika ein starkes Signal der transatlantischen Partnerschaft.“

Der außenpolitische Sprecher der Union, Jürgen Hardt, forderte Konsequenzen für die Bundesregierung. „Für uns in Deutschland muss diese amerikanische Entscheidung eine Steilvorlage sein, auch unsererseits die Ukraine-Hilfen zu steigern und weitere Waffensysteme zu liefern – nicht zuletzt auch Marschflugkörper“, sagte Hardt.

„Wir müssen helfen und hoffen, dass die Ukraine den Imperialismus Putins zum Stehen bringt. Sonst werden früher oder später wir selbst herausgefordert.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false